Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fleisch und Blut - Der Kannibale

Fleisch und Blut - Der Kannibale

Titel: Fleisch und Blut - Der Kannibale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Lee
Vom Netzwerk:
Selbstgesprächen führte. Wo auch immer er hinschaute, der Anblick war das nackte Grauen.
     

    «Fuck! Wo bin ich hier gelandet!»
    Ambauen war total von der Rolle. Er vergass, die Fotos zu schiessen. Er starrte von den Wänden zur Werkzeug-Kommode und von der Kommode auf den Boden und hinüber zu diesem Metallgestell. Nicht, dass es ihm an Fantasie gemangelt hätte. Aber mit so etwas hätte er nie gerechnet. Noch bis zu dem Moment, als er durchs Fenster in den Raum eingestiegen war, hatte ihn lediglich die Idee angetrieben, die Story des Jahres zu schreiben und damit den Aufstieg seiner journalistischen Karriere zu sichern.
    «Was bin ich für ein Idiot!», fluchte der 34-Jähre über Verbohrtheit. Auch wenn er sich nicht abschliessend einen Reim darauf bilden konnte, was hier in diesem Raum vorging - der blanke Horror bekam ein Gesicht: Was er vorfand, war des Teufels Werk. Er konnte es nicht treffender formulieren.
     

    Jürg Ambauen erlitt einen akuten Schwächeanfall. Sich zu setzen wagte er nicht, noch nicht einmal, sich an die Wand zu lehnen.
    Erneut leuchtete er durch den Raum; von der Decke, der blutverschmierten Wand entlang, hinunter zum Boden und wieder zurück zur Raummitte.
    «Was geht hier nur ab!»
    Er suchte verzweifelt nach Antworten, die diese Bilder verharmlosen würden. Sicher gab es eine einfache Erklärung dafür. Doch er zweifelte. Beschönigen half nichts. Schlagartig überkam ihn das Grausen.
    Ein Geräusch – erst ein Rascheln, dann ein Piepsen - tönte aus dem hinteren Teil des Raumes. Ambauen schaffte es gerade noch zu verhindern, sich ein weiteres Mal in die Hose zu machen.
     

    Ängstlich rief er: «Ist da wer?»
    Dann hörte er noch das Piepsen, ein solches, wie er es von einer Maus kannte.
    Erleichtert entspannte er seine Schultern und sagte grossspurig vor sich hin: «Dass es hier von Mäusen und Ratten nur so wimmelt, glaube ich sofort!»
     

    Selbstbewusst lief er in den hinteren Gebäudeteil, in die Richtung, von der das Geräusch kam.
    Der Akku war fast aufgebraucht. Er musste sich beeilen. Ohne Licht war er hier komplett aufgeschmissen.
    Die Neugier liess ihn nicht ruhen: er leuchtete in den hinteren Teil des Raumes.
    Der Atem stockte ihm. Alles, was er vorher gesehen hatte, war nichts gegen das, was er in den brusthohen Kübeln entdeckte. Wut, Furcht, nein Panik – er wusste nicht, welche Emotion am stärksten drückte, doch er wusste eines: was er sah, war abartig! Er hätte niemals hierher kommen dürfen!
    Hätte er nur die Arbeit dem routinierten Kommissar überlassen und wäre er doch nicht so vorwitzig gewesen. Ja, das wurde ihm jetzt bewusst.
     

    Neben den gefüllten Kübeln stand eine weitere Kommode mit moderneren Werkzeugen. Messer in unterschiedlichen Grössen und von verschiedener Beschaffenheit, Ketten und Haken lagen darauf herum. Alle in verschmutztem Zustand. Blutverschmiert. Daneben lag eine Säge, und einige Gefässe standen auf der Kommode. Das eine war mit Flüssigkeit, Blut oder Ähnlichem, gefüllt. Im Behälter daneben entdeckte er eine Art Schlauch, in Schlingen gedreht, den er beim genaueren Hinsehen als Darm identifizierte. Der Gestank war in dieser Ecke kaum auszuhalten. Ein Kühler stand einen Meter daneben. Er spähte durch die durchsichtige Abdeckung hinein: verschiedene Behälter standen darin, sie waren mit Abfall angeschrieben. Er konnte es nicht lassen, er musste einfach wissen, was da drin war. Er öffnete den Kühler und dann den Deckel eines mittelgrossen Behälters. Entsetzt und gleichzeitig fasziniert starrte er auf lose Zehen, zwei Füsse und eine menschliche Hand. Daneben zwei Augenpaare, die ihn wie ein Sperber fixierten.
    Er deckte den Behälter hastig wieder zu, schloss die Abdeckung des Kühlers und machte fünf Schritte hinüber zur einer doppelt so grossen Kühltruhe daneben. Angespannt öffnete er auch diese: kaum hatte er hineingeblickt, drehte es ihm den Magen um. Jürg Ambauen musste kotzen. Einfach nur noch kotzen. So sehr ekelte ihn alles.
     

    Als er sich nach fünf Minuten wieder gefasst hatte, nahm er die nächste Hürde und öffnete die letzte der Kühltruhen.
    Hätte er nicht bereits alles rausgekotzt gehabt, würde er es spätestens jetzt nachholen: Im Kühler lag ein Kopf. Der Kopf eines Mannes in seinem Alter starrte ihn mit einem schreckerfüllten Ausdruck, mit aufgerissenen blauen Augen, an. Es war schlimmer als der heftigste Horrorfilm: der Hals war mit einem sauberen Schnitt durchtrennt worden. Die

Weitere Kostenlose Bücher