Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)
sich danach, ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen. Sie wollte weinen – so lange , bis keine Tränen mehr kamen und ihre Augen rot und aufgedunsen wa ren. Sie wollte endlich alles herauslassen, was sich in den letzten zwei Tagen in ihr angesammelt hatte. All die Angst, die Oh n macht und den Wahnsinn...
Doch obwohl dieser Wunsch in ihr brannte, sie förmlich von innen heraus verzehrte, gab sie ihm nicht nach . Der Hauptgrund dafür war der Gedanke, dass damit niemandem geholfen war .
Wede r ihr, noch George, noch Amanda, dach t e sie.
Am allerwenigsten Amanda...
Sie wischte sich die Tränen von den Wangen und schnäuzte sich anschließend m it einem Stück Toilettenpapier. Danach atmete sie ein paar Mal tief durch, um sich zu beruhigen. Sie spürte, wie sich die Aufregung allmählich legte. Ihr Herz beruhigte sich mit jedem Schlag und auch ihre Gedanken begannen sich wieder zu ordnen. Die Vernunft gewann wieder Oberhand über den Wahnsinn und die Angst, die in ihr tobten.
So ist es gut , dachte sie. Dann betätigte sie die Toilettenspülung und sah dem schäumenden Wasser dabei zu, wie es die Klopapierfetzen mitsamt ihren Tränen fortspülte.
Sie wollte sich gerade umwenden und zu rück ins Restaurant gehen, als plötzlich ein neuer Impuls in ihr aufstieg . M it einem Mal, w usste sie, was sie zu tun hatte – was sie schon die ganze Zeit hätte tun sollen .
Sie nahm wieder das Mobiltelefon zur Hand und wählte die einzige Nummer, die in dessen Telefonbuch gespeichert war. Es war die Privatnummer von Arthur Flynn – ihrem Chef bei der News Review.
W ährend es am anderen Ende der Leit ung klingelte, begann sie sich zu fragen, wie viel Arthur wohl über all das wusste, was bisher vorgefallen war. Dann erin nerte sie sich wieder daran, we n sie gerade anrief: Arthur Flynn war der Chef eines der auflagenstärksten Blätter von New York City und hatte Verbindungen, um die ihn jeder in der Branche beneidete. Wahrscheinlich wusste er inzwischen mehr als die Polizei, dachte Claire.
Mit Sicherheit sogar!
„ Hier ist Arthur Flynn . Wer stört mich in einer wichtigen Besprechung? “
„Hallo Art “, sagte Claire .
Für einen Augenblick herrschte absolute Stille in der Leitung.
„Claire? Oh mein Gott, g eht es dir gut, Darling? Wo bist du? Was ist passiert? Ich habe s icher eine Million Mal versucht , dich zu erreichen! Ich habe mir solche Sorgen gemacht“, sagte Art.
Seine Stimme war ein einziger Schwall aus Worten, der durch den Lautsprecher des Mobiltelefons rauschte und Claire hatte Mühe damit, ihm zu folgen. Dennoch entging ihr der besorgte Unterton in seiner Stimme nicht . In all den Jahren, in denen sie inzwischen schon bei der News Review arbeitete, hatte sie ihn noch nie derart aufgebracht erlebt.
O bwohl Claire von seiner Angst um sie gerührt war, glaubte sie nicht, dass es gut für sein Herz war, wenn er sich derart aufregte. Immerhin war Arthur Flynn ein 60 Jahre alter Kettenraucher mit starkem Übergewicht, der schon zwei leichte Infarkte und mindestens so viele Operationen am of fenen Herzen hinter sich hatte.
Deswegen hoffte sie, dass ihm die ganze Aufregung um sie nicht zu sehr zusetzte. Sie hätte ihn zwar gerne beruhigt und ihm versichert, dass alles in bester Ordnung war, d och tief in ihrem Unterbewusstsein ahnte sie, dass sie keine Zeit vergeuden durfte. Deswegen kam sie gleich auf den Punkt:
„ Hör zu Art. Mir geht es gut. Aber ich habe jetzt keine Zeit, um dir alles zu erklären. Mach dir bitte nicht zu viele Sorgen. Aber ich brauche deine Hilfe.“
Das E rste, was Claire zu hören bekam , war ein langer Seufzer der Erleichterung. Erst dann meldete sich Art wieder zu Wort.
„ Gott sei Dank geht es dir gut“, sagte er, „was kann ich für dich tun, Claire?“
„Es geht um Folgendes...“, sagte Claire und erzählte Arthur Flynn alles, von dem sie annahm, dass es vielleicht wichtig war. Dennoch wusste sie, dass sie vorerst nicht zu viel erzählen durfte, wenn sie nicht wollte, dass er womöglich an ihrer geistigen Verfassung zweifelte. Deswegen sprach sie weder von Vampiren, noch von dem, was Amanda wirklich zugestoßen war. Und auch George verschwieg sie voll und ganz.
Stattdessen beschränkte sie sich darauf, zu erwähnen, dass sie wusste, wer die Mörder des Mannes waren, der am Tag zuvor auf dem Flughafen erschossen worden war. Sie wusste, dass Art vor a llem immer dann hellhörig wurde, wenn es um eine gute Story ging. Und welche Story war wohl besser, dachte sie,
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