Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)
sich Aufregung in seine Worte.
S eine Stimme hatte für Claire fast s chon etwas Hypnotisches an sich . Dieser Eindruck wurde besonders dadurch verstärkt, dass der Harzgeruch der Baumstämme, die der Schlepper geladen hatte, langsam durch die Lüftung ins Wageninnere drang. Der süßliche Geruch ihrer Kindheit sorgte dafür, dass Claires Fantasie immer mehr aufblühte, während sie George s Geschichte lauschte. Je länger er erzählte, desto schärfer wurden die Bilder in ihrer Vorstellung. Es waren lebhafte Bilder einer vergangenen Zeit – einer Zeit, voller Armut und Leid.
Nachdem George mit der Beschreibung seines Lebens geendet hatte, erzählte er von jenem verhängnisvollen Tag, an dem er zum letzten Mal die Schafherde auf die Weide getrieben hatte.
Er erzählte von der Stimme, die aus dem Dickicht erklungen war. Davon , wie seine ansonsten so treuen Hunde Hals über Kopf geflohen waren . Und schließlich sprach er auch über die grenzenlose Angst, die er in jenem Augenblick verspürt hatte , als er allein mit den Schafen auf der Lichtung zurückgeblieben war .
Claires He rz beschleunigte mit jedem Wort seine r Erzählung . Doch trotz der wachsenden Aufregung entging ihr in diesem Augenblick die dunkle Anziehung nicht , die von seiner Geschichte aus ging. Es war ein Schauermärchen - ein in Worte gefasster Alptraum, dachte sie. Doch im Gegensatz zu all den Geschichten, die sich Kinder für gewöhnlich am Lagerfeuer erzählten, ahnte sie ...
... NEIN! ...
... wusste sie, dass jedes Wort voll und ganz der Wahrheit entsprach.
Entweder das, oder er ist der beste Lügner auf der Welt!
Doch insgeheim wusste sie , dass George kein Lügner war. Immerhin hatte sie alles mit eigenen Augen gesehen : Sie hatte gesehen , wie er sich verwandelt hatte. Hatte gesehen, wie ein Dutzend Einschusslöcher in seiner Brust klafften, hatte gesehen...
...GENUG!
Sie hatte genug gesehen , um sicher zu sein, dass er die Wahrheit sagte. S ie konnte es nicht mehr leugnen. Die Gewissheit war derart überwältigend, dass sie ihr beinahe den Atem raubte. Deswegen schob sie die letzten Zweifel, ein für alle M al beiseite, und konzentrierte sich, auf das , was noch kommen sollte.
„Ich habe ihren Namen vergessen“, sagte George, „aber ich bin mir sicher, dass es sich bei ihr , um die Frau handelte, die vor einigen Wochen spurlos verschwunden war.“
Er machte eine kurze Pause und atmete einmal tief ein. Dann ließ er die Luft langsam entweichen. Claire konnte die Anspannung beinahe spüren , unter der er in diesem Augenblick stand. Sie ging in warmen Wogen von ihm aus und schwappte auf sie über. Ihr gesamter Körper hatte sich im Fahrersitz verkrampf t und ihre Fingernägel bohrten sich immer fester in das Lenkrad . Trotzdem brannte sie darauf zu erfahren, was damals passiert war.
„Und dann ?“, fragte sie.
„Dann hat sie mich gebissen“, sagte George, „ich habe mich gewehrt, h abe versucht mich zu befreien – d och es war alles vergebens, ich konnte nichts ausrichten. Sie war einfach zu stark. “
Er machte eine Pause , fuhr sich mit der Hand übers Gesicht und setzte dann fort:
„ Stunden später, es war schon finstere Nacht geworden, bin ich wieder zu mir gekommen. Nur habe ich bereits in diesem Augenblick gespürt, dass ich nicht mehr ich selbst war. Die Gier nach Blut hat in meinen Eingeweiden gebrannt u nd meinen Verstand vernebelt. Und genau in diesem Nebel bin ich über siebzi g Jahre geirrt, bevor... “
60.
„Sie glauben dem Mistding im Kofferraum?“, fragte Whitman, „i st das wirklich Ihr Ernst, verdammt nochmal?“
Sie hatten sich wieder in Bewegung gesetzt und fuhren in Richtung Norden. Bevor sie den Parkplatz verlassen hatten , hatte Bishop dafür gesorgt, dass auf der Fahrt nach Rockwell nichts passierte, was er später vielleicht bereuen würde:
Anstatt darauf zu vertrauen, dass Amanda sich nich t verwandeln würde, hatte er ihr sicherheitshalber eine weitere Ladung Beruhigungsmittel verpasst. Sie war zusammengesackt und mit offenen Augen auf dem Käfigboden liegen geblieben. Sie hatten mehrere Minuten auf irgendeine Art von Regung geachtet und als keine gekommen war, waren sie eingestiegen und losgefahren.
„Was bleibt uns I hrer Meinung nach übrig?“, knurrte Bishop, „sollen wir etwa zurück nach New York fahren, Däumchen drehen und darauf warten, dass die Frau oder der Vampir irgendwo auf taucht ?“
„Das ist gar keine so schlechte Idee, wenn Sie mich fragen,
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