Fleisch und Blut
lief zurück.
»Bitte, erzählen Sie es ihm«, sagte sie, als ich ankam. »Es gibt Haie da draußen. Stimmt's?« Sie strich sich das durchnässte Kleid glatt und drückte den Stoff direkt gegen die Haut.
»Scheiß-Hai«, sagte Baxter, knurrte glücklich und knirschte mit diesen mörderischen Zähnen. »Friss friss friss friss friss friss! Grrr!«
Sage lachte.
»Nun, stimmt es nicht?«, wollte die Frau von mir wissen. »Große weiße Killer oder was auch immer - so groß wie Drachen - wie in Der weiße Hai?« Sie knirschte ebenfalls mit den Zähnen. Hatte selbst kleine, scharfe Schneidezähne. Ihre Nippel waren zu Kirschen angeschwollen.
»Es kann gut sein, dass irgendwelche Haie da im Wasser sind«, sagte ich zu den Kindern. »Haie und alle möglichen anderen Fische.«
»Da seht ihr's«, sagte die Frau. »Hör auf diesen Mann, Bax, er kennt sich aus. Mit all diesen Haien und Fischen und Seeungeheuern da drin wärst du ein gefundenes Fressen für die, stimmt's?«
Der Junge schnaubte und versuchte erneut, sich loszureißen. Die Frau hielt ihn fest und jammerte: »Hör auf, du tust mir am Arm weh - du willst mich wirklich umbringen. Du wilder Kerl - und du solltest es auch besser wissen, Sage-Baby. Was ist nur in dich gefahren, du hast das Wasser doch immer gehasst\«
Sage ließ den Kopf sinken. Ihre Lippen zitterten.
»Oh, nein«, sagte die Frau und nahm sie in die Arme. »Fang jetzt nicht an zu weinen - hör mal, meine Süße. Komm, komm, nur keine Tränen jetzt, du bist ein braves Mädchen, du musst nicht weinen - brave Mädchen müssen nicht weinen.«
Sage schniefte. Weinte.
»Oh, bitte, Sagey. Mommy möchte bloß nicht, dass dir irgendwas zustößt. Okay? Verstehst du?«
Sages Nase begann zu laufen, und sie leckte Rotz mit der Zunge ab. Baxter sagte: »liih, Popel« und riss am Arm seiner Mutter.
Sie riss zurück und erhob ihre Stimme. »Jetzt setzt ihr euch sofort hin - und zwar alle beide.« Sie stieß die Kinder hinunter in den Sand. »Gut. Und jetzt bleibt ihr da sitzen - rührt euch nicht von der Stelle, sonst gibt es ... kein Fernsehen und keine Pizza, kein F. A. O. Schwarz oder Digimon oder Pokemon - kein gar nichts. Okay?«
Keins der beiden Kinder antwortete.
»Gut.« Zu mir: »Sie müssen mich für eine furchtbare Mutter halten. Aber er ist unmöglich, kann einfach nicht still sitzen. Als er ein Baby war, hat er jedes Mal, wenn ich durch eine Tür ging, den Kopf herausgestreckt und - bump! - sich mit Absicht den Kopf gestoßen. Hat all diese Beulen bekommen! Ich hatte immer Angst, alle würden denken, er würde misshandelt oder so was, wissen Sie?« Ein Blick zurück auf Sage: »Und jetzt du auch noch!«
Das Mädchen sagte: »Uuuuuu!«
Die Frau schnaubte verächtlich. Strich ihr Kleid wieder glatt, verstärkte die virtuelle Nacktheit. »Sie ist normalerweise meine Brave. Was für ein Tag.«
Ich lächelte. Sie lächelte zurück. Streckte die Hand aus. »Ich hab mich noch nicht bei Ihnen bedankt, nicht wahr? Ich bin wirklich furchtbar - vielen herzlichen Dank. Ich heiße Cheryl.«
»Alex.«
»Vielen Dank, Alex. Vielen, vielen Dank. Ich weiß nicht, was ich gemacht hätte, wenn Sie nicht ...« Die grünblauen Augen unternahmen noch einen Ausflug meinen Neoprenanzug hinunter. »Wohnen Sie hier in der Nähe?«
»Nein, ich war nur ein bisschen mit dem Kajak unterwegs.«
»Nun, Gott sei Dank waren Sie das. Falls Sie nicht zufällig ...« Tränen füllten ihre Augen. »Oh, mein Gott, es wird mir eben erst klar - was hätte - ich bin so -« Sie zitterte, legte die Arme um sich, sah mich an, als lüde sie mich ein, sie zu umarmen. Aber ich stand nur da, und sie stieß mehrere schrille Wimmerlaute aus und zupfte an einer Wimper.
Jetzt zitterten ihre Lippen. Beide Kinder starrten zu ihr hoch. Sage schien verblüfft, und Baxter sah zum ersten Mal reumütig aus.
Ich ging neben ihnen in die Hocke und ließ Sand durch meine Finger laufen.
»Mama wein«, sagte Sage staunend. Ihre Unterlippe schob sich vor.
»Mama geht's gleich wieder prima«, sagte ich und zeichnete einen kleinen Kreis in den Sand. Sage machte einen Punkt in die Mitte.
Baxter sagte: »Mommy?«
Cheryl hörte auf zu weinen. Sie kauerte sich hin und zog beide Kinder an ihre künstlichen Brüste.
»Mama prima?«, fragte Sage.
»Ja, meine Süße. Dank diesem netten Mann - dank Alex.« Sie hielt die Kinder an sich gedrückt, während sich ihre Augen in meine bohrten. »Hören Sie, ich möchte Ihnen etwas geben. Für das, was Sie
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