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Fleisch und Blut

Fleisch und Blut

Titel: Fleisch und Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Am Ende des Pfades stand ein einstöckiges Haus, das nur doppelt so groß war wie der durchschnittliche vorstädtische Traum. Eine von einem Spalier gekrönte vordere Veranda musste eine Unmenge halb toter Geißblattranken tragen. Weiterer Bambus ragte dahinter auf. Die gleichen pfirsichfarbenen Außenwände und das gleiche tiefblaue Dach. Aus der Nähe sah ich, dass der Stuck in Wischtechnik einen unregelmäßigen Deckanstrich erhalten hatte und glänzend lackiert worden war. Das Aussehen einer abgenutzten mediterranen Villa, komplett mit künstlichen Altersnarben an den Ecken, wo der Anstrich abgezogen war, um Backsteinmauerwerk erkennen zu lassen. Ein riesiges Portal aus verwittertem Walnussholz sah echt alt aus, aber jeder Versuch, Assoziationen an die Ägäis oder die Côte d'Azur zu wecken, wurde durch die Dachziegel vereitelt - irgendein Modell aus dem Raumzeitalter, zu strahlend, zu blau, geschmacklos genug, um in einem Porno Verwendung zu finden.
    »Da wären wir«, sagte Cheryl über ihre Schulter. »Meine Bleibe.«
    »Hübsch.«
    Sie warf ihr Haar zurück. »Es ist nur für kurze Zeit. Ich hatte früher ein Haus für mich, dann ... Aber was macht das schon?« Sie eilte auf das Portal zu und riss an der Klinke. Der unerwartete Widerstand, auf den sie stieß, zog sie nach vorn, und Sages Kopf wackelte.
    »Abgeschlossen?«, sagte sie. »Ich hab sie offen gelassen - Mist, jemand muss abgeschlossen haben.« Sie klopfte die Taschen ihres Kleids ab. »Mist, ich hab keinen Schlüssel mitgenommen. Jetzt komme ich mir wirklich blöd vor.«
    »Hey, so was kommt vor.«
    Sie sah mich an, und die grünblauen Augen wurden schmal. »Sind Sie immer so nett?«
    »Nee«, sagte ich. »Sie haben mich an einem guten Tag erwischt.«
    »Ich wette, Sie haben eine Menge guter Tage«, sagte sie, wobei sie meinen kleinen Finger mit ihrem berührte, ließ es aber klingen wie einen Charakterfehler. Sie leckte sich über die Lippen. Ein wunderschönes Mädchengesicht aus Kalifornien. Frisch, gesund, faltenlos. Sogar die Sommersprossen waren perfekt platziert. Ein Geschenk der Natur, wenn man von den aggressiven Brüsten absah.
    »Okay«, sagte sie, »es sieht so aus, als müsste ich jemanden suchen gehen, der mich reinlässt. Ich kann Sie mit Baxter hier lassen und Sage mitnehmen - nein, ich schätze, Sie kommen besser mit mir.«
    »Klar«, sagte ich.
    Sie gab ein leises, rauchiges Lachen von sich. »Sie haben absolut keine Ahnung, wo Sie sind, oder? Keine Ahnung, wem all das hier gehört?«
    »Jemandem mit einem guten Börsenmakler, würde ich sagen.«
    Sie lachte. »Das ist lustig.« Ihre Augen schlössen sich und öffneten sich langsam wieder. »Wo genau kommen Sie her, Alex?«
    »Ich komme aus L. A., Cheryl.«
    »Wo da, aus dem Valley?«
    »West L. A.«
    »Oh.« Sie dachte darüber nach. »Weil das Valley ziemlich weit weg sein kann - manchmal wissen die Leute nicht, was auf der anderen Seite des Hügels los ist.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass das hier irgendwie ein berühmter Ort ist?« Ich zuckte mit den Schultern. »Tut mir Leid.«
    »Nun ja ...« Sie zwinkerte verschwörerisch. »Ich wette, in Wirklichkeit wissen Sie's - ohne zu wissen, dass Sie es wissen. Raten Sie mal.«
    »Okay«, sagte ich. »Irgendeine berühmte Persönlichkeit... ein Filmstar. Wenn Sie eine Schauspielerin sind, tut es mir Leid, dass ich Sie nicht -«
    »Nein, nein.« Sie kicherte. »Ich war beim Film, aber darum geht es nicht.«
    »Jemand, der reich und berühmt ist...«
    »Jetzt wird es warm -«
    Sie legte ihren kleinen Finger um meinen, und ich dachte daran, wie Robin meinen Zeigefinger im Schlaf festgehalten hatte.
    »Kommen Sie schon«, sagte sie. »Raten Sie.«
    Dann öffnete sich ein Flügel des Portals, und sie sprang zurück, als hätte man sie geohrfeigt.
     
    Ein Paar stand in der Öffnung.
    Die Frau war groß, schlank, leicht gebeugt, Ende dreißig, mit breiten Schultern und langen Gliedern. Ein eckiges Gesicht, schwarze nachdenkliche Augen, mahagonifarbenes Haar in einem Pferdeschwanz zurückgebunden, zu viele Sorgenfalten für ihr Alter. Trotz der Falten, der dünnen aufgesprungenen Lippen und der Narbenspuren einer Teenager-Aktie an Kinn und Wangen war sie auf eine bedrohliche Weise attraktiv - manche Männer würden angesichts der Herausforderung durchdrehen.
    Sie trug einen taillierten burgunderfarbenen Hosenanzug mit Schalrevers und Manschetten aus schwarzem Samt. Irgendwelche Kurven, die sie vielleicht haben mochte, waren verhüllt

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