Fleisch und Blut
durch den lockeren Schnitt des Anzugs, aber der Eindruck, den sie machte, war gelassen und feminin. Kein Schmuck; viel Grundierungscreme verdeckte die Hautunreinheiten. Problemlos zu erkennen. Anita Duke. Marc Anthonys designierte Nachfolgerin und die neue Vorstandsvorsitzende von Duke Enterprises.
Ben Duggers jüngere Schwester. Ich suchte nach einer Ähnlichkeit und fand Nuancen gemeinsamer Chromosomen in der schlechten Haltung und den traurigen Augen.
Der Mann neben ihr war ein paar Jahre jünger - zweiunddreißig oder dreiunddreißig - und drei Zentimeter kleiner. Er trug einen cremefarbenen Leinenanzug, ein langärmliges T-Shirt aus pinkfarbener Seide und beige Sandalen ohne Socken. Eine Armbanduhr aus Platin mit einem Zifferblatt von der Größe eines Schneeballs blitzte unter seinem linken Ärmel hervor. Dicke Handgelenke; borstige rötliche Haare kräuselten sich auf seinen Fingerknöcheln. Rotes, rundes Gesicht über einem weichen, von Falten durchzogenen Hals. Lange, dicke, grob gelockte Haare in der Farbe von schmutzigem Messing fielen wallend über seine Ohren bis auf seine Schultern. Ein vorne zurückweichender Haaransatz enthüllte eine hohe, kuppelförmige Stirn. Dunkle Tränensäcke unter tiefliegenden nussbraunen Augen gaben ihm ein schläfriges Aussehen. Er hatte eine kleine, gerade Nase und keine nennenswerte Oberlippe. Aber die Unterlippe war voll und feucht, und als er Cheryl anlächelte, waren seine Zähne schneeweiß und perfekt ausgerichtet. Kräftig gebaut, die leiseste Andeutung eines Bäuchleins über dem Gürtel seiner Leinenhose. Falls er auf sich Acht gab, würde er ein oder zwei Jahrzehnte auf eine ordinäre Weise hübsch bleiben. Falls nicht, würde er schließlich zur Karikatur eines Falstaff.
»Cheryl«, sagte Anita Duke leise. Ihre Augen waren auf mich gerichtet.
»Was macht ihr beiden hier?«, fragte Cheryl. »Habt ihr die Tür verschlossen? Ich hab sie offen gelassen.«
»Wir hatten keine Ahnung, wo du bist, also haben wir sie abgeschlossen, Cheryl. Wer ist dein Freund?«
»Alex. Er - ich war unten am Strand und - am Ende hat er mir geholfen.«
»Dir geholfen?« Anita musterte mich von oben bis unten. Die gleiche Prüfung, die mir Cheryl unten am Strand hatte zuteil werden lassen, aber diese Untersuchung war unpersönlich - direkt und misstrauisch -, ohne die geringste flirtende Nuance. Ein geübtes Auge, das an die Beurteilung von Fleisch gewohnt war?
Der langhaarige Mann hatte Cheryls nasses Kleid gemustert. Eine seiner Hände begann einen Knopf seines Jacketts zu massieren.
»Ich hatte ein kleines ... Problem«, sagte Cheryl.
»Ein Problem?«, fragte Anita.
»Nichts Besonderes«, sagte Cheryl. »Also ... was macht ihr beiden hier?«
»Wir sind vorbeigekommen«, sagte der Mann. Er hatte eine hohe, nasale Stimme. Ohne mich anzusehen, sagte er: »Ein bisschen tauchen gewesen?«
»Er war mit dem Boot unterwegs, Kent«, erklärte Cheryl. »Baxter ist ein bisschen ins Wasser geraten, und er hat mir geholfen. Deshalb hab ich gedacht, es wäre nett -«
Anita fiel ihr ins Wort: »Willst du sagen, Baxter hätte ertrinken können?«
»Nein, nein. So weit ist es nicht gekommen - nichts Besonderes. Er ist einfach ins Wasser gegangen, bevor ich ihn aufhalten konnte, und die Wellen sind ein bisschen ... Ich wäre noch rechtzeitig bei ihm gewesen, aber Alex hier kam vorbei, und er war so nett einzuspringen, das ist alles.«
»Alex«, sagte Kent. »Klingt irgendwie aufregend -«
Anita Duke warf ihm einen scharfen Blick zu, und er hielt den Mund.
»Es war wirklich nichts Besonderes, Leute«, insistierte Cheryl. »Ihr wisst, wie gut Baxter schwimmen kann. Es war nur so, dass ich mich auch um Sage kümmern musste, und als dann - Alex hat mir geholfen, und ich hab mich bei ihm bedanken wollen, deshalb hab ich ihn gebeten, hochzukommen, damit ich ihm was geben kann.«
»Ein Trinkgeld«, sagte Kent.
Anita sagte: »Nun ja, das ist mit Sicherheit angebracht.« An Kent gewandt: »Warum zeigst du ihm nicht, wie dankbar wir sind, Schatz, und dann bringst du ihn zum Strand zurück.«
Sie sprach leise, aber der gebieterische Ton war nicht zu verkennen. Es gibt nichts, was Männer mehr hassen, als von einer Frau vor einem anderen Mann herumkommandiert zu werden. Der langhaarige Kent lächelte und steckte die Hand in die Hosentasche, aber die Wut zeigte sich im Ausdruck seiner Augen und der Haltung seines Mundes, und er gab sie mir zu spüren.
Eine Brieftasche aus Krokodilleder erschien,
Weitere Kostenlose Bücher