Fleisch und Blut
und er zog einen Zwanziger heraus und wedelte damit vor meinem Gesicht herum. »Da wären wir, mein Freund.«
»Ein bisschen mehr schon, Kent«, sagte Anita. »Für seine Bemühungen.«
Kents Mundwinkel verzogen sich nach unten, und seine Augen wurden zu schmalen Schlitzen. »Wie viel?«
»Entscheide du das.«
»Klar«, sagte Kent mit gezwungenem Lächeln. Noch ein Zwanziger gesellte sich zum ersten.
»Ich würde sagen, noch einer«, sagte Anita.
Kents Lächeln hielt sich krampfhaft an seinem Platz. Wieder kam die Brieftasche zum Vorschein, und er hielt mir die sechzig Dollar vor die Nase. »Meine Frau ist der großzügige Typ.«
»Nein, danke«, sagte ich. »Kein Trinkgeld nötig.«
»Nehmen Sie es«, sagte Anita. »Es ist das Mindeste, was wir tun können.«
»Es war ganz so, wie sie gesagt hat. Nichts Besonderes.«
»Ich muss jedenfalls die Kinder ins Haus bringen«, erklärte Cheryl.
»Ich helf dir dabei«, sagte Anita. »Ich nehme Baxter - er ist immer ein bisschen viel für dich.« Sie trat vor, legte ihre Hände um den Brustkorb des Jungen, nahm ihn mir ab und kam mit ihrem Gesicht nahe an meines heran. »Machen wir glatte hundert daraus, und dann können Sie gehen, Alex.«
»Nichts«, sagte ich. »Ich gehe auch so.«
»Meine Güte«, sagte Anita. Sie hielt Baxter fest im Arm und ging ins Haus.
Cheryl warf mir einen Blick zu - hilflos, um Verzeihung bittend - und folgte ihr.
»Ich möchte Ihnen einen guten Rat geben«, sagte Kent. »Wenn Ihnen jemand etwas anbietet, sollten Sie es annehmen. Rein aus Höflichkeit.« Er wedelte mit den drei Zwanzigern.
»Spenden Sie es für einen guten Zweck«, sagte ich.
Er lächelte. »Ich dachte, ich hätte mich - okay, Sie sind ein störrischer Bursche. Gehen wir zurück zu Ihrem Kanu.« Legte eine Hand auf meine Schulter. Drückte ein bisschen zu kräftig zu, und als ich mich wehrte, gruben sich seine Finger noch fester ein. Ich machte mich aus seinem Griff frei, und er hob schützend die Hände hoch. Der Instinkt eines Boxers. Aber immer noch lächelnd.
Ich drehte mich um und ging den Pfad zurück. Er holte mich lachend ein; sein pinkfarbenes T-Shirt wies Schweißflecken auf. Er hatte ein starkes Eau de Cologne aufgelegt - Orangenbrandy und Anis und ein paar andere Aromen, die ich nicht genau bestimmen konnte. »Was exakt ist mit Cheryl und Bax passiert?«
»Genau was Cheryl gesagt hat.«
»Der Junge war nicht am Ertrinken? Sie haben einfach beschlossen, den Helden zu spielen?«
»Zu dem Zeitpunkt kam es mir richtig vor.«
»Ich frage deshalb, weil sie manchmal unvorsichtig wird«, sagte er. »Nicht mit Absicht, eher wie ... sie passt nicht immer richtig auf.« Pause. »Hat sie nach Ihnen gewinkt, oder sind Sie aus eigenem Antrieb hinzugekommen?«
»Ich hab den Jungen draußen im Wasser gesehen, konnte nicht auf Anhieb sagen, ob er gut schwimmen kann, und bin hinter ihm her. Das war's.«
»Oh, Mann«, sagte er kichernd. »Ich bin Ihnen auf die Füße getreten. Tut mir Leid, ich wollte es nur wissen. Dieser Kinder wegen. Ich bin ihr Onkel, und die Verantwortung für die beiden liegt oft genug bei meiner Frau und mir.«
Ich antwortete nicht.
»Wir reden hier über das Wohlergehen der Kinder, mein Freund«, sagte er.
»Ich bin aus eigenem Antrieb ins Wasser gesprungen«, sagte ich. »Ich hab wahrscheinlich überreagiert.«
»Okay«, sagte er. »Dann habe ich ja jetzt eine offene Antwort. Letztendlich.« Er grinste. »Sie haben mich aber ganz schön arbeiten lassen, Kumpel.« Er wischte sich die Stirn ab.
Wir gingen schweigend zum Zaun. Als wir dort ankamen, legte er seine Hand auf den Riegel des Tors. »Hören Sie, Sie haben eine gute Tat getan, ich würde Ihnen wirklich gern etwas dafür geben. Was halten Sie von zweihundert, bar auf die Hand, und wir vergessen die ganze Sache? Außerdem würd ich es begrüßen, wenn Sie niemandem davon erzählen würden - wohnen Sie hier in der Gegend?«
»Wem erzählen?«
»Niemand.«
»Klar«, sagte ich. »Es gibt nichts zu erzählen.«
Er musterte mich. »Sie wissen nicht, wer sie ist?«
Ich schüttelte den Kopf.
Er lachte, zückte die Brieftasche.
Ich schüttelte den Kopf. »Vergessen Sie's.«
»Sie meinen es wirklich ernst, oder?«, fragte er. »Sind Sie einer von diesen guten Samaritern? Okay, hören Sie zu, wenn es irgendwas gibt, was ich für Sie tun kann - wenn Sie zum Beispiel Arbeit brauchen - arbeiten Sie am Bau? Oder Wartung und Instandhaltung? Ich hab immer irgendeine Sache am Laufen. Sind
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