Fleisch und Blut
es gefährlich war. Was wäre, wenn Jane wirklich um Lauren besorgt war und Lauren das nie begriffen hat?«
Milo stand auf und ging vom Bett zum Fenster. »Hat Lauren zu erkennen gegeben, dass sie je tatsächlich mit Tony Duke Kontakt aufgenommen hat?«
»Nein«, sagte Salander. »Ich weiß nur von diesem Baum-Dings. Aber er wohnt doch in Malibu, stimmt's? Dieses riesige Anwesen mit all den Partys.«
»Was hat sie Ihnen sonst noch erzählt, das mir weiterhelfen könnte, Andy?«
»Das war's, versprochen. Nach diesem einen Mal, als sie ihr Herz ausgeschüttet hat, hat sie sich zurückgezogen - genau wie Jane es bei ihr gemacht hat. Sie ist meistens in ihrem Zimmer geblieben und hat vor ihrem Computer gesessen.«
»Hat sie je über andere Familienmitglieder gesprochen? Außer Tony Duke?«
Salander schüttelte den Kopf.
»Was ist mit Mädchen, mit denen sie zusammengearbeitet hat?«
»Meines Wissens nicht.«
»Michelle Salazar?«
»Nein.«
»Shawna Yeager?«
»Sie hat nie über ihre Vergangenheit geredet. Und wie ich Ihnen schon beim ersten Mal gesagt habe, sie hatte keine Freunde. Eine richtige Einzelgängerin.«
»Eine junge Frau und ihr Computer«, murmelte Milo.
Salander sagte: »So was von traurig.« Dann: »Und jetzt?«
»Haben Sie irgendjemandem außer Mr. LeMoyne hiervon erzählt?«
»Nein.« Ein Seitenblick auf LeMoyne. »Und alles, was Justin wollte, war ein Treatment schreiben und es registrieren -« Er brach ab. »Das könnte gefährlich sein, nicht? Falls jemand bei der Writers Guild es sieht und -«
»Ach, bitte«, sagte LeMoyne. »Niemand in der Branche liest.«
»Trotzdem«, erklärte Milo.
»Schön, schön«, sagte LeMoyne spitz. »Schön. «
Milo wandte sich an Salander. »Andy, Sie müssen alles, was Sie mir erzählt haben, noch mal für eine formelle Aussage wiederholen.«
Salander wurde blass. »Warum?«
»So lauten die Vorschriften. Wir machen das in ein paar Tagen. Entweder auf dem Revier oder irgendwo mehr unter uns, falls Sie es ernst meinen mit dem Dableiben. Dieses Mal.«
»Mehr unter uns«, sagte Salander. »Definitiv mehr unter uns. Glauben Sie, wir können wieder zurück in Justins Haus? Ich meine, falls Lauren und Jane gestorben sind, weil Lauren Tony Dukes Tochter war, und ich weiß darüber -«
»Das ist der entscheidende Punkt, mein Sohn«, sagte Milo. »Niemand weiß, dass Sie es wissen. Falls Sie diskret sind, sehe ich keine unmittelbare Gefahr für Sie. Falls nicht, kann ich Ihnen nichts versprechen.«
Salander lachte dumpf.
»Ist irgendwas lustig, Andy?«
»Ich hab gerade nachgedacht. Darüber, wie Sie ins Cloisters gekommen sind und ich Sie bedient habe. Es ist wirklich ein toller Job, Barkeeper zu sein. Man hat es in der Hand, die Leute glücklich zu machen - ihre Stimmungen in die richtigen Bahnen zu lenken. Nicht nur der Alk, es ist alles - das Zuhören. Ich wusste, dass Sie ein Cop waren, jemand hat es mir erzählt. Zuerst hat es mich gestört. In was für einer hässlichen Welt Sie leben mussten - ich hoffte, Sie würden nicht davon zu reden anfangen, wollte nicht all diese negativen Schwingungen auffangen. Aber das haben Sie nie getan. Sie haben immer nur dagesessen und getrunken - Sie und dieser gut aussehende Arzt. Keiner von Ihnen hat geredet, Sie haben nur schweigend getrunken und sind wieder gegangen. Sie haben angefangen, mir Leid zu tun - nichts für ungut. Weil Sie all diese Schwingungen selbst auffangen. Aber es hat mir auch gut getan, Ihnen helfen zu können - nicht dass Sie ein Problem gehabt hätten, aber Sie wissen, was ich meine. Ich hatte die Verantwortung, sorgte dafür, dass Sie Ihr Bier und Ihren Whiskey genau rechtzeitig vor sich stehen hatten, und alle waren glücklich. Und jetzt...«
Noch ein Lachen. »Ich werde schon diskret sein«, sagte er. »Ich bin die Diskretion in Person.«
Draußen sagte ich: »Keine unmittelbare Gefahr?«
»Nicht, wenn er den Mund hält.«
»Liegt kein Grund vor, ihn in Schutzhaft zu nehmen?«
»Das ist Fernseh-Scheiß - LeMoynes Welt. Das gilt auch für meinen Spruch, Salanderwäre ein wichtiger Zeuge. In Wahrheit dürfen er und der alte Justin, wann immer es ihnen gefällt, in den Flieger nach Antigua steigen.« Er sah zurück zum Palm Court und ließ die Knöchel knacken. »Ich hab die ganze Zeit gewusst, dass es um Geld ging, aber Tony Dukes Tochter ... Das nenne ich Erpressung um hohe Einsätze.«
Ich beobachtete den Verkehr auf dem Washington Boulevard und dachte an bestimmte Dinge, die
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