Fleisch und Blut
Lauren mir erzählt hatte - dass ihre Eltern zum Zeitpunkt ihrer Empfängnis nicht verheiratet gewesen waren. Dass sie »mich mit Lügen aufgezogen« hatten. Die Mauer aus Eis zwischen ihr und ihrem Vater. Ihre Bemerkung Michelle gegenüber, dass ihre Mutter »Scheiße gebaut« hätte.
Wie früh hatte sie gemerkt, dass etwas nicht stimmte? Was hatte die Wahrheit ihr angetan?
Jane hatte mich voller Panik angerufen, nachdem Lauren verschwunden war. Weil sie wusste, was Lauren vorhatte, und vermutete, dass es sich bei der fünftägigen Abwesenheit um mehr als ein verlängertes Wochenende handelte. Versuchte die Polizei zu motivieren, hielt aber Informationen zurück, die vielleicht hilfreich gewesen wären. Selbst nach Laurens Tod hatte Milo das Gefühl gehabt, dass Jane weniger als hilfreich gewesen war. Ich dachte zurück, ob sie irgendwelche Hinweise hatte fallen lassen, und kam nur auf einen: »Lauren hat nie was von ihrem Vater bekommen, und das war vielleicht meine Schuld.«
Schuldgefühle - sie musste von ihnen gequält worden sein. Und doch hatten sie sie nicht veranlasst, mit der Sprache herauszurücken. Sie machte sich Sorgen über ihre eigene Sicherheit. Gerechtfertigte Furcht.
Und vielleicht noch etwas anderes: Lügen waren der giftige Klebstoff gewesen, der diese Familie zusammenhielt.
»Der zeitliche Rahmen stimmt«, sagte ich. »Lauren wurde mit neunzehn in Reno wegen Prostitution verhaftet, rief Lyle an, um von ihm das Geld für die Kaution zu bekommen, und der wies sie ab. Ich habe mich immer gefragt, warum sie ihn angerufen hat und nicht Jane, aber das lag vielleicht daran, dass es ihr nicht egal war, was Jane von ihr hielt. Dennoch hat sie sich vielleicht an Jane gewandt, als sie im Gefängnis festsaß. Und vielleicht hat Jane ihr geholfen. Aber sie gab Lauren nichts von dem Geld, das sie von Tony Duke bekam, weil sie nicht glaubte, dass Lauren damit umgehen könnte. Stattdessen versuchte sie, wieder eine Beziehung zu Lauren zu finden. Es war ein langsamer Prozess - Lauren war seit drei Jahren auf der Straße gewesen, hatte eine Menge Wut aufgestaut, und sie hörte nicht auf mit der Prostitution und dem Strippen. Aber Jane ließ nicht locker, und irgendeine Art Bindung muss hergestellt worden sein. Denn zwei Jahre später - als Lauren einundzwanzig geworden war - hat Jane ihr das Geld gegeben, wobei sie vorgab, es stamme von Mel Abbot. Du erinnerst dich, wie Jane uns gegenüber betont hat, wie gut Lauren und Mel miteinander auskämen.«
Er nickte. »Dass Mel so nett war, machte es für Lauren leichter, daran zu glauben.«
»Kurz nachdem Lauren die hunderttausend bekommen hatte, richtete sie ihr Anlagekonto ein, ging wieder zur Schule, machte ihren Abschluss, schrieb sich auf dem College ein und hörte auf, für Gretchen zu arbeiten. Vielleicht war das alles Teil eines Abkommens mit Jane, oder Lauren wollte ihr Leben wirklich in den Griff bekommen. In jedem darauf folgenden Jahr hat sie weitere fünfzigtausend Dollar investiert.«
»Ein Abkommen. Gib das Leben in der Halbwelt auf, werde reich«, sagte Milo. Seine Hand landete auf meiner Schulter, und seine Augen nahmen diesen schwermütigen, mitleidigen Ausdruck an - der Blick, der über ihn kommt, wenn er schlechte Nachrichten überbringt.
»Ich weiß«, sagte ich. »Lauren hat immer noch als Freischaffende gearbeitet. Bareinnahmen, die sie zum größten Teil nicht deklariert und als Taschengeld verwendet hat.«
Große Trinkgelder. Teurer Geschmack. Ob es nun zur Versöhnung mit ihrer Mutter gekommen war oder nicht - Lauren war eine junge Frau mit sehr viel Wut im Bauch geblieben. Wegen all dieser Jahre, die sie als Tony Dukes Tochter verpasst hatte. Wegen der Zugeständnisse, die sie gemacht hatte.
Was Andy Salander als Wunschtraum jedes Mädchens bezeichnet hatte, war Laurens Wirklichkeit geworden - in der sie sich prompt verheddert hatte und gescheitert war.
»Vielleicht war es keine Erpressung«, sagte ich. »Und Lauren hat nur ihr Geburtsrecht reklamiert - ist vorgetreten und hat das Gleichgewicht in der Familie durcheinander gebracht.«
»Was, jemand hat sie gefesselt und erschossen, weil sie emotionale Bestätigung wollte?« Milos Hand wurde schwerer, dann hob sie sich. Seine Augen blieben traurig, seine Stimme wurde sanft. »Ich weiß, dass du gut von Lauren denken möchtest, aber die kalte Hinrichtung und der Tod all dieser anderen Leute deuten darauf hin, dass sie versucht hat, ihr Geburtsrecht zu benutzen, um den alten Mann
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