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Fleisch und Blut

Fleisch und Blut

Titel: Fleisch und Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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vernäht wurden; danach die Wachstation, dann zwei Nächte in einem Privatzimmer im Krankenhaus.
    Jetzt dieses Zimmer, strahlend gelb und riesig, die Luft süß von Zimt und Antiseptika, eine Menge französische Möbel mit Intarsien - alles prunkvoll und antik, bis auf das Bett, das rein funktionell und viel zu klein für das Zimmer war. Der Infusionsständer, die Reihe medizinischer Überwachungsgeräte .
    Das Zimmer lag im zweiten Stock der Villa seines Vaters. Aufopferungsvolle Schwestern schwebten rund um die Uhr an seiner Seite, aber er schien vor allem seine Ruhe zu wollen.
    Ich hatte gestern angerufen, um eine Besuchserlaubnis zu erbitten, wartete einen halben Tag auf den Rückruf einer Frau, die sich als die Assistentin von Tony Dukes persönlicher Assistentin bezeichnete, und war vor einer Stunde durch das Kupfertor eingelassen worden.
    Ich war vorgefahren, hatte mehrere Minuten dort gestanden, während die Überwachungskamera rotierte, dann glitten die Tentakel auseinander, und ein riesiger Rausschmeißertyp in einem schokoladenbraunen Anzug trat hervor und zeigte mir, wo ich parken sollte. Als ich aus dem Wagen stieg, stand er da. Führte mich durch einen Farnhain und ei- nen Kiefernwald zu dem pfirsichfarbenen Haus mit dem blauen Dach. Blieb an meiner Seite, als wir das Gebäude betraten, übte einen kaum spürbaren Druck auf meinen Ellbogen aus, schob mich über einen halben Hektar schwarzen Granit, der von einem hoch aufgehängten, zwei Tonnen schweren Baccarat-Kronleuchter in eisiges Licht getaucht schien - die Eingangshalle war geräumig genug für eine Veranstaltung zur Präsidentschaftswahl. Gemälde flämischer Meister, geschnitzte, vergoldete Fußleisten und Deckenfriese, mit goldenem Samt bezogene Wände, und der Aufzug war derart nahtlos in den plüschigen Stoff gefügt, dass ich wohl daran vorbeigegangen wäre.
    Schließlich dieses Zimmer mit seinen kanariengelben Damastwänden. Schlechte Farbe für Rekonvaleszenten. Dugger sah gelbsüchtig aus.
    Er hustete.
    »Brauchen Sie irgendwas?«, fragte ich.
    Er lächelte erneut und schüttelte den Kopf. Er war von Kissen umringt, ein Heiligenschein aus Perkai. Seine spärlichen Haare klebten ihm auf der Stirn, und unter der Blässe hatte seine Haut die Farbe schmutzigen Schnees. Die an seinen Arm geklebte Infusion tropfte, und die seine Lebensfunktionen überwachenden Geräte blinkten und piepsten und zeichneten Kurven seiner Sterblichkeit. Die Zimmerdecke über ihm war eine in schreienden Farben gemalte Trompe-l'œil-Weinlaube. Albern in jedem Kontext, aber in diesem ganz besonders. Wäre ich in einer anderen Stimmung gewesen, hätte ich vielleicht gelächelt.
    »Trotzdem«, sagte ich. »Ich wollte einfach -«
    »Was immer Sie Ihrer Meinung nach angestellt haben, Sie haben es wieder gutgemacht.« Er zeigte zittrig auf sein bandagiertes Bein. Irvings verirrte Kugel hatte seinen Oberschenkel durchschlagen und seine femorale Arterie verletzt.
    Ich hatte die Wunde abgebunden, die Blutung so gut wie möglich gestillt und das Mobiltelefon in Irvings Trainingshose benutzt, um 911 anzurufen.
    »Nicht mal annähernd unentschieden«, sagte ich. »Wenn Sie nicht aufgetaucht wären -«
    »Hey, es ist keine exakte Wissenschaft«, sagte er. »Psychologie. Wir untersuchen, dann raten wir, manchmal haben wir Recht, manchmal ...« Schwaches Lächeln.
    Die Tür ging auf, und Dr. Rene Maccaferri kam hereinmarschiert. Der gleiche abschätzende Blick. Weißer Arztkittel über schwarzem Rollkragenpullover und schwarzer Hose, spitz zulaufende Krokodillederschuhe an zu kleinen Füßen. Er sah aus wie ein Mafiakiller, der einen auf Arzt machte, und ich sagte mir, meine Theorien könnten nachsichtig beurteilt werden.
    Irren ist menschlich.
    Maccaferri ignorierte mich, überprüfte die Monitore, trat an Duggers Bett. »Kümmert man sich gut um Sie?«
    »Zu gut, Rene.«
    »Was ist zu gut?«
    »Ich bin nicht dran gewöhnt.«
    »Versuchen Sie's«, riet ihm Maccaferri. »Ich habe mit dem Gefäßchirurgen gesprochen. Er kommt heute vorbei, um Sie zu untersuchen, prüft die Möglichkeit einer Infektion und stellt sicher, dass es zu keiner Thrombose kommt. Auf mich machen Sie einen guten Eindruck, aber man kann nicht vorsichtig genug sein.«
    »Wie Sie meinen, Rene. Wie geht's Dad?«
    Maccaferris dicke, schwarze, raupenähnliche Augenbrauen zogen sich zusammen, und er warf mir einen Blick zu.
    »Das ist okay, Rene.«
    »Daddy geht's unverändert«, sagte der Arzt und wandte sich zum

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