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Fleisch und Blut

Fleisch und Blut

Titel: Fleisch und Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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in die Ewigkeit, aber ich machte trotzdem einen Schritt zurück. Die Pistole in seiner Hand war auf einer Höhe mit meinem Gesicht.
    »Er hält uns für blöd, Schatz«, sagte Cheryl. »Glaubt, er kann ganz zufällig mit dem Boot vorbeikommen, ganz zufällig da sitzen und sein Kreuzworträtsel lösen, als wäre es ein riesiger Scheißzufall, und wir würden aber auch gar keinen Verdacht schöpfen. Arschloch.«
    »Verdacht ist keine Einbahnstraße«, sagte ich. »Die Polizei weiß, dass ich hier bin.«
    Sie sagte: »Klar.« Irving blieb schweigsam und ruhig. Wie tief war es bis nach unten? Wie hoch war die Flut? Würde ich ins Wasser fallen oder auf harten Sand knallen und mir das Rückgrat wie einen Zweig brechen? Falls ich den Sturz in der Dunkelheit berechnen konnte, würde mir ein seitliches Abrollen helfen, mir ermöglichen, mit gebrochenen Rippen und inneren Verletzungen zu entkommen? Ich hatte keine Gezeitentafel zu Rate gezogen, hatte keinen Grund gehabt, großartige Planung ...
    Kent Irving machte noch ein paar Schritte, und ich blieb stehen. Der Lauf der Pistole war drei Meter entfernt. Chromlippen und ein winziger schwarzer Mund, der »Oh« sagte.
    Cheryl blieb hinter Irving, fluchte, zeigte all diese Zähne, warf ihr gottverdammtes Haar ...
    »Das reicht«, sagte Irving mit dieser dünnen, hohen Stimme zu ihr.
    Sie schmollte. »Klar, Schatz - du hast mich gerettet, Schatz. Er war ein Tier, er hätte mich ohne Erbarmen gestoßen, mich einfach benutzt und weggeworfen.« Sie legte eine Hand auf seine fleischige Schulter.
    »Yeah«, sagte er.
    »Yeah, Schatz, also hast du mich gerettet. Du wirst glücklich sein, dass du es getan hast.«
    »Glaubst du wirklich, es ist dein Glückstag?«, fragte ich. »Die Polizei weiß wirklich, dass ich hier bin. Um dich zu treffen, Cheryl. Das kann er sich nicht leisten. Du bist entbehrlich - genau wie Baxter und Sage -«
    »Das reicht«, sagte Irving leise. Dieselben Wörter, die er bei Cheryl gebraucht hatte. Die Tonlosigkeit sprach Bände.
    Kein Schweißvergießen, keine Anstrengung. Augen so lebhaft wie Kieselsteine. Ein ganz normaler Geschäftsvorgang.
    Vielleicht hatte er jemanden beauftragt, Lauren und Michelle und Lance und Jane zu erschießen, aber falls er das getan hatte, dann aus Bequemlichkeit, nicht weil er Hemmungen hatte. Er konnte diesen Abzug so gleichmütig durchziehen, wie er sich die Zähne putzte. Kurze Zeit später sein Frühstück zu sich nehmen, ohne einen weiteren Gedanken daran zu verschwenden.
    Ich sagte: »Sie wissen, dass ich Recht habe, Kent. Sie können das Risiko nicht eingehen, sie mit der Polizei reden zu lassen. Früher oder später muss sie sowieso dran glauben. Sie ist dumm, verrückt und unberechenbar. Sie glaubt tatsächlich, Sie würden Anita ihretwegen verlassen und ihr beide würdet schließlich mit Tonys ganzem Geld dastehen und glücklich miteinander leben bis ans Ende eurer Tage, der Prinz und die Prinzessin. Sie wissen es besser. Sie ist keine Prinzessin, Sie haben Dutzende wie sie. Nur eine weitere dumme Nutte mit Plastiktitten -«
    Cheryl ging auf mich los, aber Irving hielt sie mit seinem freien Arm auf.
    »Leck mich!«, kreischte sie. »Leck mich, du Wichser - lass nicht zu, dass er so mit mir redet, Schatz. Er kann mich nicht so beleidigen - lass den Wichser das nicht tun.«
    Sie drückte gegen Irvings Arm. Er schloss seine Finger um ihr Handgelenk. Der Arm mit der Waffe blieb unverwandt auf mich gerichtet. Falls er geblinzelt hatte, hatte ich es nicht gesehen. Ihn an einen Lügendetektor anzuschließen wäre in wissenschaftlicher Hinsicht nicht uninteressant.
    Cheryl sagte: »Gib mir die Pistole und lass mich ihn abknallen - ich kann es, das weißt du. Ich mach es jetzt sofort, genau wie bei ihr, komm schon.«
    »Bei ihr«, sagte ich. »Lauren oder Michelle oder Jane oder Shawna?«
    Der letzte Name brachte Irving dazu, seine Augen für den Bruchteil einer Sekunde zu bewegen. Unsicherheit. Mangel an Vertrautheit.
    »Die Schlampe Lauren«, sagte Cheryl selbstgefällig. Sie spuckte auf den Pier. »Die Fotze Lauren. Sie dachte, sie könnte meine Freundin sein. Sie dachte, wir harmonierten miteinander, dass ich genau wie sie wäre -«
    »Da lag sie doch nicht falsch«, sagte ich. »Ihr habt beide Sex verkauft -«
    »Du Wichser!«
    »Ruhe«, sagte Irving. Seine Hand hielt immer noch ihr Handgelenk gepackt. Er machte irgendetwas, und sie sagte: »Autsch.« Dann: »Schatz?«
    »Tut's schön weh?«, fragte ich. »Was für ein

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