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Fleisch und Blut

Fleisch und Blut

Titel: Fleisch und Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Bettbezügen aus blauem Satin kaum zu sehen. Verschrumpelt, elfenhaft. Schlafend oder dem Schlummer entgegendämmernd. Aufgesperrter zahnloser Mund. Bewegungslos.
    Der Druck auf meinen Ellbogen verstärkte sich. Mein Begleiter sagte: »Bitte gehen Sie weiter, Sir.«
     
    Ich fuhr nach Hause, wusste, dass es leer sein würde.
    Nach jenem Abend auf dem Pier hatte ich mehrere Stunden im St. John's Hospital verbracht. Hatte zweimal zu Hause angerufen und nur den Anrufbeantworter erreicht. War kurz nach zwei Uhr früh zurückgekommen und hatte Robin hellwach im Schlafzimmer gefunden, wo sie einen Koffer packte.
    Als ich versuchte, sie in den Arm zu nehmen, sagte sie: »Nein.«
    »Vorzeitiger Urlaub?«, fragte ich. Nichts stimmte, und ich redete Unsinn.
    »Ich allein«, sagte sie.
    »Liebling -«
    Sie warf Kleidungsstücke in den Koffer. »Ich bin um zehn nach Hause gekommen, und mir war schlecht vor lauter Sorge, bis du zufällig um Mitternacht angerufen hast.«
    »Liebling, ich -«
    »Alex, ich halte das einfach nicht mehr aus. Ich brauche Zeit, um zur Ruhe zu kommen.«
    »Die brauchen wir beide«, sagte ich und berührte ihr Haar. »Halten wir an dem ursprünglichen Plan fest und fahren zusammen weg. Ich verspreche dir -«
    »Vielleicht in ein paar Tagen«, sagte sie und fing auf einmal an zu weinen. »Du kennst die Bilder nicht, die mir durch den Kopf gingen. Du ... schon wieder. Dann hat Milo mir erzählt, was passiert ist - was hast du dir nur dabei gedacht? Ein Rendezvous mit einer Schlampe? Noch ein abenteuerlicher verdeckter Einsatz, bei dem du fast getötet worden wärst!«
    »Kein Abenteuer. Alles andere als das. Ich hab versucht... zwei Kindern zu helfen. Das Letzte, was ich für möglich gehalten hätte, war -«
    »Du kannst Kindern helfen, indem du das tust, wofür du ausgebildet worden bist. Setz dich hin und rede mit ihnen -«
    »So hat das hier angefangen, Robin.« Ich war nicht in der Lage, mit fester Stimme zu sprechen. »Lauren war eine Patientin. Es ist bloß ...«
    »Außer Kontrolle geraten? Genau darum geht es. Wenn du darin verwickelt wirst, neigen die Dinge dazu ... zu expandieren. Es ist so, als wärst du ein Magnet für hässliche Dinge. Du kennst mich, ich bin ein strukturierter Mensch - ich arbeite mit Holz und Metall und Maschinen, mit Dingen, die sich messen lassen. Ich will nicht sagen, dass das ideal ist oder der einzige Weg. Vielleicht bedeutet das, dass etwas mit meiner Psyche nicht stimmt. Aber es gibt etwas dazwischen. Alex, die Ungewissheit, die du mich immer wieder durchmachen lässt - jedes Mal, wenn du aus dem Haus gehst, weiß ich nicht, ob du wieder zurückkommst.«
    »Ich komme immer wieder zurück.« Ich streckte erneut die Hand nach ihr aus, aber sie schüttelte den Kopf und sagte: »Lass mich gehen.«
    »Es tut mir Leid, reden wir doch darüber -«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich brauche ... eine Perspektive. Dann werden wir vielleicht reden.«
    »Wo fährst du hin?«
    »Nach San Diego - zu meiner Freundin Debby.«
    »Die Zahnärztin.«
    »Die Zahnärztin«, sagte sie. »Sie und ich hatten früher Spaß miteinander. Ich hatte damals Freunde. Jetzt habe ich nur noch dich und Spike und meine Arbeit. Ich muss meinen Horizont erweitern.«
    »Ich auch«, sagte ich. »Ich suche mir ein Hobby - Golf.«
    »Klar«, erwiderte sie und musste unwillkürlich lächeln. »Das möchte ich sehen.«
    »Was - du hältst es für unmöglich?«
    »Wenn etwas weniger wahrscheinlich als unmöglich wäre, dann du auf dem Golfplatz. Alex, ich versuche nicht, dich zu zähmen. Ich will, dass du gesund bist - darum geht's. Wenn du auf Fairways in komischen Schuhen rumstehst, ist das kein Rezept für Wohlergehen. Wir sollten das hier nicht verlängern. Ich rufe dich an.«
    Sie schnappte sich den Koffer und ging zur Tür. »Spike ist im Pick-up. Du hast sicher nichts dagegen.«
    »Ich werde nicht nur sitzen gelassen, sondern noch dazu wegen eines anderen Mannes.«
    Sie küsste mich fest auf die Lippen, drehte den Türknauf und sagte: »Mach's gut.«
    »Wann rufst du an?«
    »Bald. In ein paar Tagen.« Kurzes, hartes Lachen.
    »Was ist?«, fragte ich.
    »Ich wollte gerade sagen ›Pass auf dich auf, Schatz‹. Wie ich es immer mache, wenn wir unserer verschiedenen Wege gehen. Das ist eine schlechte Angewohnheit. Ich sollte das nicht sagen müssen.«

37
    Am ersten Tag ohne sie ging es mir grässlich, und der nächste ließ sich ähnlich an, als Milo um neun Uhr vorbeikam, um mir Jane Abbots Korrespondenz

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