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Fleisch und Blut

Fleisch und Blut

Titel: Fleisch und Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Gehen.
    »Okay, Rene. Danke. Wie immer.«
    Maccaferri blieb an der Tür stehen. »Es gibt immer, und dann gibt es noch ein Immer.«
    Duggers Augen wurden feucht.
    Als die Tür sich schloss, sagte ich: »Es tut mir Leid, dass ich Ihre Last noch schwerer mache.«
    Wir wussten beide, was ich meinte: Das Leben hatte ihm eine doppelte Trauerration zugeteilt. Die Vorwegnahme des zukünftigen Verlusts und der verzehrende Kummer um die Schwester, die er nie richtig hatte kennen lernen können.
    Er hatte sie getroffen und gleich wieder verloren.
    Er drehte den Kopf zur Seite und kämpfte mit den Tränen. »Ich weiß, dass die Straße zur Hölle mit guten Vorsätzen gepflastert ist, aber ich bin einer der Menschen, die Vorsätze immer noch in Anschlag bringen. Was immer Sie getan haben, haben Sie getan, weil Lauren Ihnen etwas bedeutet hat - meine Kehle ist ein bisschen trocken, könnten Sie mir bitte das Seven-Up reichen?«
    Ich goss Limonade in einen Pappbecher und hielt ihn an seine Lippen.
    Er trank. »Danke - wie lange haben Sie sie eigentlich behandelt? Erzählen Sie mir davon - erzählen Sie mir alles, was Sie können.«
    Er hatte seine Geschichte erzählt. Ich konnte ihm seinen Wunsch schlecht abschlagen. Ich gab ihm die Details, die er wissen wollte, sprach automatisch, während ein anderer Teil meines Gehirns sich erinnerte.
    Die Sorge in seinen Augen, als Milo ihn zu Lauren befragt hatte. Was ich für Schuld gehalten hatte, war Schmerz gewesen - ein dumpfer, einsamer Schmerz.
    Lauren und ich waren übereingekommen, es richtig zu machen, nicht einfach alle damit zu überraschen. Wir mussten an Anita denken - Dads Krankheit hatte sie in tiefere Verzweiflung gestürzt, als ich es je bei ihr erlebt habe, und mit Veränderungen kann sie nicht gut umgehen. Und an Dad selbst. Ich machte mir Gedanken über die Wirkung, die diese Neuigkeit auf ihn haben würde. Lauren ebenfalls, sie wollte, dass dieser Prozess - welcher Art auch immer - reibungslos ablief oder gar nicht. Sie sagte, Dad wisse von ihr - vor Jahren, als Laurens Mutter an ihn schrieb, wollte er Lauren kennen lernen, aber ihre Mutter hat es aufgeschoben; sie sagte, Lauren habe emotionale Probleme, sie sei noch nicht bereit dafür. Dad hat es noch ein paar Mal versucht, dann zog er sich zurück. Das war typisch für ihn - sein Angebot zu machen und dann nicht zu drängen. Vielleicht ist es ein Charakterfehler - emotionale Trägheit, ich weiß es nicht. Während ich aufwuchs, hatte ich manchmal den Eindruck, Dad wäre zu cool - als wäre es ihm egal. Aber wenn man es gegeneinander abwägt, war es besser, als wenn er versucht hätte, Anita und mich zu dominieren ...In Laurens Fall, wenn er vielleicht doch Druck gemacht hätte ... Im Nachhinein ist man immer schlauer. Als Lauren schließlich den Mut aufbrachte, mich zu treffen und mir zu sagen, wer sie war, war Dad krank und schwach. Ich machte mir Sorgen wegen des Schocks. Vielleicht hätte ich - was bringt das schon ...? Von Anfang an haben Lauren und ich uns so gut verstanden - es hat regelrecht gefunkt zwischen uns, als würden wir uns schon unser ganzes Leben lang kennen. Und - das klingt sicher kindisch - wir hatten Spaß. Uns vorzustellen, wie es wäre, wenn wir erst... Unser kleines Experiment nannten wir es - uns eine Möglichkeit auszudenken, wie Lauren in die Familie zu integrieren wäre.
    Ich sagte: Die Telefonzelle.
    Er nickte, zuckte zusammen. Bewegte sein Bein, und ihm stockte der Atem. Das war Teil unserer ... Abmachung. Als wir den Mut aufgebracht hatten, Lauren in Dads Haus zu bringen. Sie rief mich in Point Dume an, und falls es okay war - relativ ruhig im Haus -, holte ich sie ab. Ich hab den Leuten erzählt, sie wäre meine Freundin - kindisch, ich weiß. Ich glaube, der Mantel-und-Degen-Aspekt hat uns beiden gut gefallen. Ich hätte sie so gern besser kennen gelernt - länger gekannt ... Meine kleine Schwester.
    In diesem Moment war er schluchzend zusammengebrochen, und ich hatte mich abgewandt, war mir schäbig und aufdringlich vorgekommen, bis seine Stimme mich aus meinen Betrachtungen riss.
    Keine Sorge, ich bin hinreichend therapiert, um mich meiner Gefühle nicht zu schämen. Ich nehme an, ich wollte Sie wissen lassen, dass Lauren mir etwas bedeutet hat - verdammt, sie verdient es, dass man über sie weint. Vielleicht ist es das, was mir am meisten Kummer macht. Dass außer mir niemand mehr da ist, der über sie weinen könnte. Als Sie und Sturgis vor meiner Wohnungstür auftauchten und mir

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