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Fleisch und Blut

Fleisch und Blut

Titel: Fleisch und Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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der Schmerz noch frisch. »Glauben Sie wirklich, dass etwas nicht in Ordnung ist?«
    »Ich weiß zu wenig, um irgendwas zu glauben. Aber Mrs. Abbot scheint sich Sorgen zu machen.«
    »Vielleicht hat Mrs. A uns alle überängstlich gemacht. Wie Mütter es nun mal tun.«
    »Sind Sie ihr schon mal begegnet?«
    »Nur einmal, es ist schon eine Weile her - zwei, drei Monate. Sie kam vorbei, um mit Lo Mittag essen zu gehen, und wir haben kurz geplaudert, während Lo sich fertig machte. Ich fand sie ganz nett, aber ziemlich Pasadena, wenn Sie wissen, was ich meine. Harmonisches Ensemble, aber spröde bis trocken. Ich sah eine typische Person der Fünfzigerjahre in ihr - jemand, der einen Chrysler Imperial mit den ganzen Chromleisten und einem Haufen Einkaufstüten von Bullocks Wilshire auf den Rücksitzen fahren würde.«
    »Konservativ«, sagte ich.
    »Seriös«, sagte er. »Auf theatralische Weise traurig. Eine dieser Frauen, die mit Mascara, zur Kleidung passenden Schuhen und winzigen Sandwiches gegen die Zukunft ankämpfen.«
    »Klingt nicht wie Lauren.«
    »Kaum. Lauren ist très naturelle. Nicht affektiert.« Der Waschlappen wurde noch mal zusammengeknüllt. »Ich bin sicher, es geht ihr gut. Es muss ihr gut gehen.« Er seufzte und massierte erneut die Tätowierung.
    Ich sagte: »Als Sie Mrs. Abbot kennen lernten, ging sie also mit Lauren Mittag essen.«
    »Ein langes Mittagessen - muss drei Stunden gedauert haben. Lo kam allein zurück, und sie sah nicht so aus, als hätte es Spaß gemacht.«
    »Aufgebracht?«
    »Aufgebracht und abwesend - als wenn man ihr auf den Kopf geschlagen hätte. Ich vermutete, dass irgendeine emotionale Sache dahinter steckte, deshalb machte ich ihr einen Gimlet, wie sie ihn mag, und fragte sie, ob sie darüber reden wolle. Sie küsste mich hier« - er berührte eine rosige Wange - »und sagte, es sei nicht wichtig. Aber dann hat sie den Gimlet bis zum letzten Tropfen ausgetrunken, und ich saß nur da und sendete auf der Frequenz Ich-bin-bereit-zuzuhören - das gehört schließlich zu meinem Job -, und sie -« Er brach ab. »Darf ich Ihnen das erzählen?«
    »Ich bin mehr als diskret«, antwortete ich. »Das gehört zu meinem Job.«
    »Anzunehmen. Und Lauren hat gesagt, dass sie Sie mochte ... Also gut, es ist ohnehin nichts Schmutziges. Sie hat mir bloß erzählt, dass sie ihre ganze Kindheit dagegen angekämpft hat, kontrolliert zu werden, und dass ihre Mutter jetzt versuchte, genau dasselbe wieder zu tun.«
    »Sie zu kontrollieren?«
    Er nickte.
    »Sagte sie, aufweiche Weise?«
    »Nein - tut mir Leid, Doktor, ich fühle mich einfach nicht wohl als Plaudertasche. Es gibt sowieso nichts mehr zu sagen. Das war schon die ganze Geschichte.«
    Ich lächelte ihn an. Ließ nicht locker.
    Er sagte: »Wirklich, ich habe Ihnen alles gesagt und auch nur, weil ich weiß, dass Lo Sie gemocht hat. Sie hat Ihren Namen in der Zeitung gelesen, irgendeine Polizeikiste, und sagte: ›Hey, Andrew, ich kenne diesen Typ. Er hat versucht, mir den Kopf zurechtzurücken^ Ich machte irgendeine Bemerkung - dass es offenbar nichts genutzt hätte. Sie hielt das für lustig und sagte, es läge vielleicht an Patienten wie ihr, dass Sie mit der therapeutischen Arbeit aufgehört und angefangen hätten, für die Polizei zu arbeiten. Ich« - seine Wangen wurden rot - »machte einen Witz über Psychoheinis, die verkorkster wären als ihre Patienten, und fragte sie, ob Sie ... so einer wären. Sie sagte nein, Sie wirkten ziemlich ... konventionell war glaub ich das Wort, das sie benutzt hat. Ich sagte, wie langweilig, und sie sagte nein, manchmal sei konventionell genau das, was man brauche. Dass sie Mist gebaut, keinen guten Gebrauch von ihrer Therapie gemacht hätte, aber im Rückblick sei alles ohnehin ein abgekartetes Spiel gewesen.«
    »Was meinen Sie damit?«, fragte ich.
    »Sie hat gemerkt, dass ihre Eltern von vornherein geplant hatten, dass sie rebelliert. Sie versuchten, Sie als Waffe gegen Lauren einzusetzen, aber Sie hätten sich nicht darauf eingelassen, Sie besäßen Integrität, sind Sie sicher, dass Sie nichts trinken möchten?«
    Meine Kehle war trocken geworden. »Eine Cola wäre nicht schlecht.«
    Er lachte. »Die weiche Droge? Schwerer Alkie auf Entzug?«
    »Nein, es ist nur ein bisschen früh für mich.«
    »Glauben Sie mir, es ist nie zu früh. Aber okay, einen Saft der Kolanuss, wird sofort serviert. Zitrone oder Limette?«
    »Limette.«
    Er eilte in die Küche und kam mit einem Longdrink auf Eis und

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