Fleisch und Blut
denken, wie er sich angezogen hatte, um seinen Körper zu präsentieren. »Ihr Job ist es, den asozialen Wichser zu finden, der meine Tochter umgebracht hat.«
»Einverstanden«, sagte Milo. »Irgendwelche Vorschläge in der Hinsicht?«
Teague blieb erneut stehen. »Worauf wollen Sie hinaus?«
»Haben Sie irgendeinen bestimmten asozialen Wichser im Auge?«
»Nee«, sagte Teague. »Ich sage nur, was logisch ist... Wie haben sie ... Was haben sie mit ihr gemacht?«
»Sie wurde erschossen, Sir.«
»Scheißkerle ... Nee, ich kann Ihnen nicht das Geringste sagen. Lauren hat mir nie das Geringste gesagt.« Ein wölfisches Grinsen. »Sehen Sie, wir sind nicht miteinander ausgekommen. Sie dachte, ich wäre ein Stück Scheiße, und das hat sie mir jedes Mal gesagt, wenn sie die Gelegenheit dazu hatte.«
Wir kamen am Haus an. Die Tür stand immer noch offen. Teague griff hinein und schaltete ein Licht an. Eine nackte Glühbirne hing an einer Decke aus unbehandeltem Tannenholz und erleuchtete ein ungefähr dreizehn Quadratmeter großes Wohnzimmer, das mit Kiefernholz paneeliert war. Roter Linoleumboden, verblichener Flokati, braunschwarz kariertes Sofa, Beistelltisch mit einem Budweiser-Sixpack und fünf leeren Dosen. Ein Fernsehsessel aus grünem Tweed stand vor einem Großbildschirm. Oben drauf ein illegaler Kabel-Konverter. Sehr wenig Spielraum zwischen den Möbeln. Zwei Öffnungen in der gegenüberliegenden Wand, von denen eine in eine enge Küche führte und die andere den Blick auf einen kurzen Flur mit zwei Türen auf der rechten Seite freigab. Es roch leicht muffig und nach Bier und gesalzenen Erdnüssen, aber es herrschte kein Durcheinander. Der Teppich war alt, aber sauber, das Linoleum stumpf geschrubbt. Andere Steuerklasse.
Teague sagte: »Sie können sich setzen, wenn Sie wollen, ich bleibe stehen.« Er stand neben dem Ruhesessel und verschränkte die Arme vor der Brust. Das Narbengewebe über seinem Auge hatte die Farbe billiger Margarine. Eine haarfeine Narbe verlief vom Augenwinkel bis zu seinem Unterkiefer. Das rechte Auge war von einem Film überzogen. Nicht unbeweglich, aber träger als sein Gegenstück.
Milo und ich blieben stehen. Teague musterte uns, neigte den Kopf zur Seite, damit sein linkes Auge mein Gesicht in den Blick bekam. »Kenne ich Sie?«
»Alex Delaware. Lauren war meine Patientin -«
»Der Psychofritze?« Sein Unterkiefer mahlte. »Ach du Scheiße - was machen Sie denn hier?«
Milo sagte: »Dr. Delaware ist ein Berater der Polizei. Im Fall Ihrer -«
Eine der Türen im Flur wurde geöffnet, und eine Frauenstimme rief: »Lyle, alles okay?«
»Geh wieder ins Zimmer«, bellte Teague. Die Tür schloss sich leise. »Berater? Was zum Teufel soll das denn heißen? Wollen Sie damit sagen, dass Sie etwas über Lauren wissen? Ist sie wieder zu Ihnen gekommen?«
»Nein«, erwiderte ich. »Lauren war verschwunden, und Ihre Ex-Frau rief mich an, weil sie gehört hatte, dass ich über Kontakte zur Polizei verfüge -«
»Kontakte zur Polizei.« Teague griff sich in den Bart, verdrehte ihn und ließ wieder los. »Was soll dieser Blödsinn?«
»Nur was Dr. Delaware gesagt hat. Jetzt würde ich Sie gern fragen -«
»Verschwunden?«, fragte Teague. »Wie lange?«
»Mehrere Tage.«
»Von wo?«
»Von ihrer Wohnung.«
»Wo liegt die? Sie hat mir nie erzählt, wo sie ihre Bleibe hat.«
»In der Hauser Street in L. A.«
»Früher hat sie überall gewohnt«, sagte Teague. »Auf der Straße. Nachdem sie abgehauen war. Sie war nicht zu bändigen - was jeder Idiot sehen konnte.«
»Wo auf der Straße, Sir?«
»Woher soll ich das wissen? Jane hat mich öfters angerufen, damit ich nach ihr suche, aber ich konnte sie nie finden. Hauser ... Ist es dort passiert?«
»Sie ist auf der Westside gefunden worden«, sagte Milo. »Auf der Rückseite eines Möbelladens auf dem Sepulveda. Jemand hat sie erschossen und ihre Leiche in einer Gasse liegen lassen.«
Spuckte die Details ganz sachlich aus und beobachtete Teagues Reaktion.
Teague sagte: »West L. A. Da haben wir mal gewohnt, in der Nähe vom Rancho Park.« Er begann sich aufzurichten. Gab auf und sackte wieder in sich zusammen. »Was für eine Scheiße. Mein Leben kann nicht so verkorkst sein.«
Die Tür wurde erneut geöffnet, und das Licht im Flur ging an. Eine Frau kam heraus, die ein langes blaues T-Shirt der Dodgers anhatte und sonst nichts. Als sie uns sah, hielt sie schützend eine Hand vor ihren Bauch, verschwand wieder im Zimmer und
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