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Fleisch und Blut

Fleisch und Blut

Titel: Fleisch und Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Beinen, der schwankend auf uns zukam.
    »Scheiße«, flüsterte Milo und machte einen Schritt zurück. »Legen Sie die Waffe hin, Sir. Jetzt.«
    »Lauren ...« Teague blieb stehen, spuckte aus, kniete nieder. Legte die Schrotflinte auf den Boden, richtete sich auf und warf beide Arme in die Höhe. Lachte und spuckte wie- der. Er war so nahe, dass ich das Platsch hören konnte, mit dem der Speichel auf die Erde traf.
    »Lauren - Herr im Himmel, was für eine Riesenscheiße.«
     
    Mit gesenktem Kopf und steifen Armen, die hin und her schwangen, kam er herüber bis zum Tor. Er griff in die Hosentasche, brachte nach einiger Zeit einen Schlüssel zum Vorschein, versuchte, das Vorhängeschloss aufzumachen, fummelte am Schlüsselloch herum, fluchte und begann, gegen die Kettenglieder zu schlagen.
    Milo sagte: »Lassen Sie mich das machen, Sir.«
    Teague ignorierte ihn und unternahm noch einen erfolglosen Versuch. Er atmete schwer. Ich konnte seinen säuerlichen Schweiß riechen, durchdrungen vom fauligen Malz zu vieler Biere. Wieder schlug er gegen den Zaun und fluchte. Als ich ihn aus der Nähe sah, öffnete sich plötzlich eine Gedächtnisluke in meinem Kopf. Dasselbe Gesicht, aber seine Züge waren gröber geworden, und seine Augen hatten sich zu schmalen Schlitzen zurückentwickelt. Ein Klumpen vernarbtes Gewebe drückte das rechte Auge nach unten. Er trug immer noch einen Bart und volles gelocktes Haar, aber die Strähnen waren grau und zu einem Pferdeschwanz gebunden, der über einer fleischigen Schulter hing, und der einst sauber gestutzte, dichte Bart war ein widerspenstiges Gestrüpp.
    Als er den Zaun attackierte, schwoll sein Bizeps an, und sein Brustkorb wölbte sich. Große, massige Muskeln, aber erschlafft - ausgezehrt, wie leer getrunkene Weinschläuche aus Ziegenleder.
    »Geben Sie mir den Schlüssel«, sagte Milo.
    Teague hörte auf, gegen den Zaun zu schlagen, starrte das Schloss an, keuchte und versuchte noch einmal, den Schlüssel in die Öffnung zu zwängen. Seine Knöchel waren blutig, und aus dem Pferdeschwanz hatten sich einzelne Haare gelöst, die so blass und spröde wie Wolframfäden in einer Glühbirne aussahen. Die Schrotflinte, die wie ein abgestorbener Ast im Dreck lag, hatte vielleicht dafür gesorgt, dass er sich jünger und gerissener vorkam.
    Schließlich schaffte er es, das Schloss zu öffnen, riss die Kette los und warf sie hinter sich. Sie fiel klirrend zu Boden, während er das Tor mit einem Ruck aufzog; er hob abwehrend die Hände, um uns klar zu machen, dass er nicht getröstet werden wollte.
    »Drinnen«, sagte er und wies mit dem Daumen auf sein Haus. »Keiner von diesen Scheißkerlen soll uns dabei zusehen.« Er starrte mich schief von der Seite an, und ich machte mich darauf gefasst, erkannt zu werden. Aber er drehte uns beiden den Rücken zu und marschierte in Richtung Haustür.
    Wir gingen mit ihm.
    Milo fragte: »Mit den Scheißkerlen meinen Sie die Nachbarn?«
    Teague grunzte.
    »Ärger mit den Nachbarn?«, fragte Milo.
    »Warum bin ich Ihrer Meinung nach wohl mit der Schrotflinte rausgekommen? Wenn die Arschlöcher Menschen wären, wären sie Nachbarn. Sie sind verdammte Tiere. Vor zwei Monaten haben sie meinen Rottweiler vergiftet. Haben mit Frostschutzmittel getränktes Fleisch über den Zaun geworfen, der verdammte Köter bekam Nierenversagen und fing an, grün zu scheißen. Seit dem Sommer ist drei Mal aus vorbeifahrenden Wagen auf das Haus geschossen worden. Alk diese beschissenen Apartments sind mit Abschaum voll gestopft. Verfluchte Kanaken, Schmalzlocken und Straßengangs - ich bin kein Rassist, hab seinerzeit 'ne Menge von denen beschäftigt, und die meisten haben richtig geschuftet. Aber diese Arschlöcher da drüben?« Er schob den Unterkiefer vor, und seine Barthaare sträubten sich. »Ich lebe in einem Kriegsgebiet - das hier war mal eine anständige Gegend.«
    Wir kamen an der Schrotflinte vorbei. Milo war als Erster bei ihr, entlud die Waffe und steckte die Patronen in die Tasche.
    Teague lachte. »Keine Sorge, ich werde niemandem den Kopf wegpusten. Noch nicht.« Er starrte mich wieder an, sah verwirrt aus, wandte sich ab.
    »Noch nicht«, sagte Milo. »Das klingt nicht sehr beruhigend, Sir.«
    »Es ist nicht mein gottverdammter Job, Sie zu beruhigen.« Teague blieb stehen, stützte seine Hände in die Hüften, spuckte in den Dreck und ging weiter. Die Hose war tiefer gerutscht, und weißes Schamhaar kräuselte sich über seinem Hosenbund. Ich musste daran

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