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Fleisch und Blut

Fleisch und Blut

Titel: Fleisch und Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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erfahren, dass sie erst fünfundzwanzig war, hatte sie für mindestens zehn Jahre älter gehalten.«
    »Was hat sie denn von ihm haben wollen?«
    »Sichere Fonds, und sie war geduldig genug, daran festzuhalten. Er hielt sie für eine Anwältin mit hohem Einkommen oder eine Frau in leitender Position. Ich lasse zwei Uniformierte in ihrer Nachbarschaft die Türen abklappern, und ein paar Leute glauben, sich vom Sehen an sie erinnern zu können - beim Joggen oder am Steuer ihres Cabrios -, aber keiner hat gesehen, wie jemand sie mitgenommen hat. Weder am Tag ihres Verschwindens noch an einem ändern Tag. Ich hab die Unterlagen von der Telefongesellschaft bekommen, die letzten sechs Monate. Sie hat den Apparat tatsächlich sehr selten benutzt. Alle zwei Wochen hat sie mit ihrer Mom gesprochen - der letzte Anruf war zwei Tage, bevor sie verschwunden ist. Kein Mal mit Lyle - was nicht überraschend ist. Das Einzige, was interessant aussah, waren fünf Anrufe während der letzten zwei Monate bei derselben Nummer in Malibu. Es hat sich herausgestellt, dass sie zu einem Münztelefon in Point Dume gehört.«
    »Lauren hat Salandererzählt, dass sie zum Ausspannen nach Malibu fuhr. Ist das Münztelefon in der Nähe eines Motels?«
    »Nein. Ein Einkaufscenter an der Kanan-Dume Road.«
    »Hast du eine Mobiltelefonrechnung oder einen Auftragsdienst für sie gefunden?«
    »Bis jetzt nicht.«
    »Findest du das nicht erstaunlich, wenn sie sich mit Männern verabredet hat?«
    Pause. »Ein bisschen.«
    »Es sei denn«, sagte ich, »sie brauchte keinen Auftragsdienst, weil sie ihr Netz nicht auswarf. Hatte nur einen Kunden, der alle Rechnungen bezahlte. Vielleicht jemanden, der in Malibu wohnt und nicht will, dass Frauchen Laurens Anruf mitkriegt, und deshalb das Münztelefon benutzt.«
    »Mehr als fünfzig Riesen von einem Freier? Teuflisch teures Laster.«
    »Jede Menge Leidenschaft«, sagte ich. »Wenn Verhältnisse dieser Art eine schlimme Wendung nehmen, nehmen sie eine sehr schlimme Wendung.«
    »Ich fahre heute dort vorbei und sehe nach, was für Läden in der Nähe sind - vielleicht ist irgendwem irgendwas aufgefallen. Vielleicht schaue ich auf dem Rückweg bei de Maartens vorbei. Wo wohnt er?«
    »Weiß ich nicht, aber seine Vorwahl ist 310.«
    »Das krieg ich raus. Vielen Dank für all deine Mühe, Alex.«
    »Wie nutzlos auch immer.«
    »Hey«, sagte er, »man weiß nie, was dabei rauskommt.«
    Log das Blaue vom Himmel runter. Wozu sind Freunde sonst da?
    Kurz nach eins stieg ich in den Seville und fuhr zum Büro von Motivational Associates in Brentwood.
    Das Gebäude war einer von einer ganzen Reihe von Türmen, die während eines Baubooms am Wilshire Boulevard hochgezogen worden waren. Vier Parkgeschosse, acht für Büros, zebragestreifte Wände aus weißem Aluminium und schwarzem Glas.
    Ich ging an einer leeren Empfangstheke vorbei zum Belegungsplan. In der Mischung der Mieter war kein Muster zu erkennen: Computerberater, Versicherungsagenten, Rechtsanwälte, ein Makler für Beschäftigungstherapie, ein paar Psychotherapeuten. Motivational Associates war Suite 717, ein Drittel einen Korridor mit grauen Wänden und pflaumenfarbenem Teppichboden hinunter. Schwarze Tür mit winziger Chrombeschriftung. Duggers lag zwischen E-WISDOM und ANWALTSKANZLEI VON NORMAN UND REBBIRQUE.
    Keine Post vor oder unter der Tür, und als ich durch den Schlitz spähte, sah ich ein unbeleuchtetes Wartezimmer und immer noch keinen Stapel Briefe. Entweder hatte jemand die Post abgeholt, oder sie ging an eine andere Adresse. Ich klopfte nicht - ich wollte auf keinen Fall erklären müssen, was ich hier wollte.
    Ich war zurück zum Aufzug gegangen und wartete darauf, dass er vom Erdgeschoss hochkam, als die Tür von 717 aufging und ein Mann herauskam, der eine abgewetzte braune Aktentasche trug. Er verschloss die Tür und kam, die Schlüssel schwingend, in meine Richtung.
    Fünfunddreißig bis vierzig, einsachtundsiebzig, zweiundsiebzig Kilo. Dunkles, an den Seiten kurz geschnittenes Haar, das oben dünner wurde, und ein sommersprossiger kahler Fleck in der Mitte. Er trug ein unförmiges hellbeiges Sportjackett mit Fischgrätmuster und braunen Lederflicken an den Ellbogen, ein am Hals offenes weißes Button-down-Hemd mit blauen Streifen, eine verblichene beige Cordhose, die Milo gepasst hätte, wenn sie im Bund fünf Nummern größer gewesen wäre, und braune abgetragene Halbschuhe. Eine zusammengefaltete Ausgabe der Times vom Morgen war in eine

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