Fleisch
Rinderhackfleisch, das das Ministerium für das ‚National School Lunch Program‘ eingekauft hat.“
„Sie wissen sicher, dass wir keinen richtigen Rückruf anordnenkönnen. Alle Fleischrückrufe geschehen auf freiwilliger Basis. Wir verhandeln nur mit dem Lieferbetrieb.“
Irene Baldwin hatte das offensichtlich nicht gewusst, denn sie warf Mary Ellen einen ungläubigen Blick zu.
„Wollen Sie damit sagen, dass ein mangelhaftes Spielzeug, mit dem sich Kinder verletzen können, zurückgerufen werden kann, aber verseuchtes Fleisch, an dem Kinder sterben können, nicht?“
Mary Ellen bemühte sich, ihre Frustration unter Kontrolle zu bekommen.
„Unsere Einrichtung ist sowohl dazu da, die Produzenten zu unterstützen, als auch dazu, die Konsumenten zu schützen.“ Eigentlich hätte sie Irene Baldwin nicht daran erinnern zu brauchen, dass sie viel qualifizierteren Kandidaten vorgezogen worden war, weil sie diese simple Tatsache erkennen und den Graben überwinden konnte.
„Ist wenigstens Staatssekretär Eisler anwesend?“
„Er hat Jerold vom Marketing geschickt. Jerold ist im Übrigen derjenige, der direkt für die Überwachung des Projekts zuständig ist.“
Baldwin rang ihre Hände. So hatte Mary Ellen sie noch nie gesehen. Vom ersten Tag an hatte diese Frau unfehlbar gewirkt. Mary Ellen fragte sich, was ihr ehemaliger Chef, der Baldwin eingestellt hatte, wohl sagen würde, wenn er sie jetzt so sah. An diesem Morgen wirkte die großartige Exgeschäftsführerin äußerst … wie sagte man? … durch den Wind.
46. KAPITEL
Nebraska
Maggie hatte Johnny Boshs Handy völlig vergessen. Sie packte ihren Koffer aus und machte sich fertig, um noch einen Tag lang in den Sandhügeln Rätsel zu lösen, als sie auf das Telefon stieß. Es steckte bei ihren verdreckten, muffigen Kleidern in der Seitentasche. Sofort fühlte sie sich an ihre klaustrophobische Krabbelei unter dem Haus der Boshs erinnert. Sie schob den Gedanken beiseite und steckte ihren Universaladapter in das Handy. Sie hoffte, dass es nur wieder aufgeladen werden musste.
Als sie geduscht und mit Lucy gefrühstückt hatte, war der Akku voll.
Und mit einem Mal hatte sie Zugang zu Johnny Boshs Welt. Wonach sie als Erstes suchte, waren SMS, die er möglichst kurz vor seinem Tod ausgetauscht hatte. SMS verschwanden erst dann, wenn man sie bewusst löschte. Und selbst dann ließen sie sich manchmal rekonstruieren.
Johnnys Mutter hatte ausgesagt, dass sie mit einigen seiner Freunde gesprochen hatte, die ihn weder gesehen noch etwas von ihm gehört hatten. Aber er hatte sein Telefon bei sich gehabt. Maggie vermutete, dass er doch mit jemandem gesprochen oder es zumindest vorgehabt hatte. Und sie sollte recht behalten. Aber auf das, was sie dann fand, war sie nicht vorbereitet.
Johnny B.: Daw ist o.k.
Amanda: Wen interessiert das? Er ist ein Versager.
Amanda: Sind doch alle Versager.
Johnny B.: Sie werden nichts sagen.
Amanda: Klar, genau wie Taylor.
Johnny B.: Das war was anderes.
Amanda: Nicht soo anders. Dieses Mal sind wir dran.
Amanda: Du kommst nie von hier weg.
Johnny B.: Das würde dir wohl gefallen.
Amanda: Genau. Du bleibst hier, wie wir alle.
Amanda: Kein Football. Kein Stipendium.
Amanda: Versager, Versager, Versager!!!!!
Maggie überprüfte die Zeitsignaturen. Eine Stunde lang hatte Schweigen geherrscht. Dann kamen weitere Nachrichten von Amanda, in denen sie erst fragte, wo er sei, dann forderte, er solle ihr antworten.
Er hatte ihr nicht mehr geantwortet.
Maggie beschloss, Amanda Vick erneut einen Besuch abzustatten.
47. KAPITEL
Chicago
Platt vermutete, dass es so etwas wie eine Überraschungs-Inspektion nicht gab. Sogar der Regen, der auf das Blechdach prasselte, schien es zu verkünden wie Trommeln im Urwald. Der Kontrolleur vom staatlichen Gesundheitsamt, Mr Alfred, hatte sie am Haupteingang erwartet und wie gewünscht seine letzten Untersuchungsberichte mitgebracht. Bix ging sofort in die Luft, als er die geschwärzten Stellen sah.
„Das unterliegt dem Datenschutz“, erklärte Alfred, ohne sich zu entschuldigen. „Ich halte mich an die Vorschriften. Aber ich glaube, es handelt sich dabei ohnehin nur um ihr Rezept für die Taco-Füllungen. Nichts Wichtiges.“
„Tatsächlich“, erwiderte Bix. „Und was ist, wenn sich das, was die Kinder krank macht, in der Gewürzmischung befindet?“
„Ich bezweifle, dass es etwas in den Gewürzen ist.“
Platt verzog das Gesicht bei diesem unklugen Versuch, es mit Bix
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