Fleisch
keine Livecam geben. Die Bilder würden zur Dokumentation ausreichen müssen. Falls er dort überhaupt etwas fand. Aber Stotter war überzeugt davon, dass das, was er Donnerstagnacht gesehen hatte, irgendwie mit dieser Anlage in Verbindung stand.
Vorige Nacht hatte er von dem Wesen geträumt, das er durch den Wald hatte laufen sehen. Es war dasselbe Wesen, das laut den Berichten seines Vaters über Roswell vom Himmel gefallen war. Vielleicht rührten daher die Lichter; die Lichter, die direkt vor seinen Augen explodiert waren. Das war nur wenige Augenblicke gewesen, bevor diese Jugendlichen im Wald geglaubt hatten, angegriffen zu werden. Was hatten sie behauptet: eine Kreatur, aus deren Armen Lichtblitze geschossen waren?Wenn da wirklich ein Wesen gewesen war wie das, das Stotter und die Jugendlichen gesehen hatten, dann bestand die Möglichkeit, dass es noch weitere gab. Und wenn dem so war: Wo befanden sie sich jetzt? Sie konnten nicht weit gekommen sein. Er war überzeugt, dass dieses Wellblechgebäude so etwas wie ihr Unterschlupf war. Vielleicht verbarg sich hinter den großen Toren ihr Fluggerät.
Gut, das klang alles ein bisschen verrückt, doch genau das hatte man auch über die Geschichte seines Vaters gesagt. Aber bis zum heutigen Tag waren sie nicht in der Lage, zu erklären, was auf den Fotos zu sehen war, die belegten, was sein Vater in dem abgestürzten Flugobjekt gefunden hatte. Anstatt es zu erklären, schlossen sie es einfach weg. Was sie nicht wussten: Stotters Vater hatte ihnen nicht den ganzen Film ausgehändigt. Stotter hatte das Geheimnis seines Vaters all die Jahre lang gehütet. Er nahm die Verantwortung ernst, die ihm gemeinsam mit den Fotos, von denen niemand etwas wusste, anvertraut worden war.
Vielleicht war nun der Zeitpunkt gekommen, um diese geheimen Bilder zu veröffentlichen. Zusammen mit denen, die Stotter heute machen würde, würden sie einschlagen wie eine Bombe.
49. KAPITEL
Maggie fuhr ihren Laptop hoch. Der Wind war frisch, aber die Sonne wärmte sie, als sie auf dem Balkon vor ihrem Schlafzimmer saß. Sie ertappte sich bei dem Gedanken, dass dies der perfekte Rückzugsort wäre, ein tolles Urlaubsziel für irgendwann einmal. Für dann, wenn sie nicht mehr den Mord an zwei Jugendlichen, den Suizid von Johnny und den Anschlag auf Dawson mit sich herumschleppte. Und konnte es sein, dass der Unfall von Nikki und Courtney gar kein Unfall war?
Amanda und Dawson waren die Einzigen von der Party im Wald am Donnerstag, die noch am Leben waren. Vor Dawsons Krankenhauszimmer stand immer noch ein bewaffneter Deputy. Bei Amanda hatte Maggie vorhin angerufen, um sicherzustellen, dass es ihr gut ging. Ihre Mutter hatte Maggie versichert, dass sie Amanda nicht aus den Augen lassen würde. Sie sagte, das Mädchen habe sein Zimmer seit Freitagmorgen außer zu den Mahlzeiten nicht verlassen. Und nun, da ihre Tochter erfahren hatte, dass zwei weitere ihrer Freunde tot waren, wusste Mrs Griffin, dass Amanda „völlig am Boden zerstört“ sein musste. Aber sie erlaubte, dass Maggie sich mit ihr unterhielt, solange sie sie nicht durcheinanderbrachte.
Maggie würde da schon den richtigen Weg finden, aber vorher wollte sie noch ein paar Dinge überprüfen, die ihr keine Ruhe ließen. Lucy hatte sie gewarnt, dass die WLAN-Verbindung etwas langsamer sein könnte, als sie es gewohnt sei. Maggie hatte bereits festgestellt, dass ihr Handy hier draußen in den Sandhügeln manchmal nur sporadisch Empfang hatte. Sie lehnte sich zurück, wartete und blickte auf das rotgoldene, im Wind wogende Gras. Sie konnte sich nicht entsinnen, jemals einen derart tiefblauen Himmel gesehen zu haben. Und sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal so weit hatte schauen können, ohne dass ihr ein Gebäude die Sicht verstellt hatte.
Sie dachte daran, dass Lucy Coy hier ganz allein mit ihren Hunden lebte. Die meisten Menschen hielten das wohl für eineeinsame Existenz, aber Maggie verstand sie vollkommen. Allein zu sein bedeutete nicht zwangsläufig, einsam zu sein. Im Gegenteil, Maggie hat schon vor langer Zeit festgestellt, dass allein zu sein auch Sicherheit bedeutete. Dieses Konzept, diese Realität hatte sie in ihrer Kindheit beschützt – während ihrer Ehe und der Zeit der Scheidung – und bestimmte auch jetzt noch ihr Privatleben.
Und dann war Benjamin Platt gekommen.
Sie war gerne mit ihm zusammen, mochte es, wenn er einfach still neben ihr saß. Mit Ausnahme von Gwen Patterson hatte sie nie
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