Fleischessünde (German Edition)
Stich in die Brust. Alastor gab ihm noch etwas zu trinken. Das Schlucken ging jetzt schon besser.
„Was ist mit den Feuergeistern?“, fragte Malthus mit brüchiger Stimme.
„Vier von ihnen lagen ausgestreckt am Boden“, berichtete Alastor. „Mit der fünften von den Xaphanbräuten warst du gerade beschäftigt, und die sechste, die Einzige, die noch halbwegs unversehrt war, hatte alle Hände voll zu tun, um ihren Gefährtinnen das Herz zurück in die Brust zu stopfen. Wir waren drauf und dran, wieder zu gehen, da du mit denen so gut wie fertig warst und unsere Hilfe nicht mehr brauchtest.“
Malthus kannte Alastors Art von Humor. Aber er hatte unrecht. Er hatte ihre Unterstützung gebraucht, nicht so sehr um mit den Feuergeistern fertig zu werden, sondern um Schlimmeres zu verhindern. Nachdem die Xaphanbräute ihn in eine lebende Fackel verwandelt hatten, war er zwar für einen Moment außer Gefecht gewesen, sein Instinkt und sein Kampfgeist hatten aber schnell wieder die Oberhand gewonnen. Es hätte nicht viel gefehlt, und er hätte aus alter Gewohnheit den heißen Girls ihre Schwarzen Seelen entrissen, nachdem er genau das mit ihren Herzen schon getan hatte. Und das wäre verhängnisvoll gewesen, denn es hätte das Ende von Sutekhs guten diplomatischen Beziehungen zu Xaphan bedeutet, dem Herrn der Feuerseen und Patron dieser Damen. Gelegentliche Raufereien und kleinere Scharmützel, wie sie manchmal unvermeidlich waren, wurden toleriert. Doch wenn es um Seelen ging, hörte der Spaß auf. Kleines Reaper-Einmaleins: Vergreif dich nicht an Seelen, die einem anderen gehören. Das gibt Ärger.
„Warum haben sie dich überhaupt angegriffen?“, wollte Dagan wissen.
„Sie waren hinter Kuznetsov her.“ Malthus trank noch einen Schluck Wasser. Er kniff die Augen zusammen und riss sie wieder auf, um endlich wieder einen klaren Blick zu bekommen, aber die schmerzhafte Lichtempfindlichkeit wollte nicht aufhören. „Nerita sagte, Xaphan hätte ihnen befohlen, nicht ohne Kuznetsov zurückzukommen.“
Das war es, wie er von ihr selbst wusste, nicht allein. Es war auch noch Persönliches im Spiel gewesen. Malthus kam es wieder in den Sinn, kurz bevor sie ihn in Flammen gesetzt hatte. Er hatte ihren Angriff in dieser Heftigkeit nicht kommen sehen. Sie hatte sich benommen wie eine Furie, und das hatte ihn überrascht. Während ihres kleinen Techtelmechtels war er der festen Überzeugung gewesen, dass sie dasselbe gewollt hatte wie er, ein bisschen Spaß für eine Nacht und mehr nicht. So hatte sie sich verhalten. Er hatte fest damit gerechnet, dass sie sich in diesem Punkt einig waren. Er hatte sie nicht verletzen wollen. Er fühlte sich auch nicht gut dabei, dass er es getan hatte.
Dank des Wassers und der Glukoseinfusion kam er allmählich wieder zu Kräften. Seine Gedanken gewannen an Klarheit, und die Nebelschleier, die ihn umgeben hatten, lösten sich langsam auf. Das Erste, was er richtig wahrnahm, waren Palmen, die einen stillen Teich umstanden, ein Bild der Ruhe und des Friedens. Das Zweite war der Rücken eines Mannes in knielangen, schlabberigen Leinenshorts. Die geschundene Haut zeigte nässende Wunden, aus denen das rohe Fleisch herausschaute.
„Reizend“, sagte Malthus halblaut und schaute auf seine Hand, die auf seinem Bein ruhte, das mit der gleichen Leinenhose bekleidet war wie jene, die die Gestalt vor ihm trug. Die Haut seines Handrückens glänzte rosafarben, eine frisch verheilte Narbe.
Der Mann vor ihm drehte sich um, und es war, als schaute Malthus in einen Spiegel und sah sein – allerdings reichlich ramponiertes – Ebenbild. Nur das Gesicht war von den Kinnladenaufwärts einigermaßen unversehrt. Der Rest bis hinunter zu den Armen und Beinen zeigte ausgedehnte Brandwunden, die wie seine Hand frisch verheilt waren.
„Malthus“, begrüßte ihn sein Doppelgänger.
Malthus hatte nicht die geringste Vorstellung vom wirklichen Aussehen seines Vaters, denn Sutekh war imstande, jede gewünschte Gestalt anzunehmen. Die Spiritualisten der Oberwelt, die der altägyptischen Götterwelt anhingen, stellten Sutekh mit dem Kopf eines Schakals, der Schnauze eines Ameisenbären und einem Schwanz mit zwei Enden dar. Malthus hätte sich in diesem Augenblick gewünscht, sein Vater hätte sich für diese Erscheinung entschieden, anstatt ihm derart brutal den Spiegel vorzuhalten. Denn er zweifelte nicht daran, dass Sutekh das tat.
„Sehe ich wirklich so schlimm aus?“, fragte Malthus.
„So war es,
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