Fleischessünde (German Edition)
und Barrieren, die sie vor sich selbst aufrichtete. Sie würde noch ihr blaues Wunder erleben, wenn er daran ging, all ihre Hemmschwellen beiseitezuräumen. Denn genau das hatte Malthus vor. Er wartete nur darauf, das ungezähmte Tier in ihr von der Kette zu lassen. Er erwartete mit Ungeduld das Feuer unterm Eis.
Sacht fasste er sie unters Kinn, sodass er ihr in die Augen schauen konnte, und strich ihr das Haar aus dem Gesicht. „Ich kann mir vorstellen, dass es einen sehr schmalen Grat zwischen Hass und Liebe gibt, Calli.“
Oder nicht einmal den. Er war sich ziemlich sicher zu wissen, was in ihr vorging. Ihre Züge spiegelten es wider. Sie rang mit sich und den widerstreitenden Gefühlen, die in ihr tobten. Einerseits war er in ihren Augen immer noch das Monster. Andererseits konnte sie nicht leugnen, dass sie ihn begehrte. Das genügte, um in ihr die Verwirrung perfekt zu machen.
Aber durcheinander war auch er. Es hatte ihn mit voller Breitseite erwischt und ließ ihm keine Ruhe mehr. Er wollte sie haben, sie besitzen, mit ihr schlafen. Er wollte ihre Haut unter seinen Händen spüren und den Duft ihres Haars riechen. Vor allem wollte er diese Mauer aus Eis zum Schmelzen bringen, die zwischen ihnen stand und hinter der sie sich versteckte.
Malthus kam ein eigenartiger Gedanke. Durch die spezielle Verbindung, die sein Blut zwischen ihnen geschaffen hatte, waren Calliope und er sich in kürzester Zeit sehr nahe gekommen. Er wusste mehr von ihr als mancher von seiner Freundin, mit der er schon Jahre zusammen war. Er kannte die Geschichte ihrer Kindheit, wusste um die Verluste, die sie zu beklagen hatte, und um den Hass, der in ihrem Herzen brannte.
Eine seltsame Regung erwachte in ihm, etwas Primitives, das mit dem uralten Instinkt des Besitzen- und Beherrschenwollens zusammenhängen musste. Er hatte keinen Namen dafür, wahrscheinlich brauchte man auch keinen.
„Jetzt komm mir bloß nicht mit Liebe “, nahm Calliope das letzte Stichwort auf. „Was habt ihr, du und deinesgleichen, mit …?“
„Wir lieben, lachen, weinen, leiden Schmerzen wie jeder andere“, schnitt er ihr das Wort ab. „Ich bin kein Monster, Calli, auch wenn du mich noch so gern so sehen möchtest. Und ob du es wahrhaben willst oder nicht, es gibt etwas zwischen uns, womit wir uns mal auseinandersetzen müssen, wenn auch“, er sah sich um, „nicht gerade hier und in diesem Moment.“
Für den Bruchteil eines Sekunde erwartete er, dass sie ihm ein Lächeln schenken und sich ihm ein wenig öffnen würde. Stattdessenmeinte Calliope kategorisch: „Seit du aufgetaucht bist, ist alles in meiner schönen, heilen Welt zum Teufel gegangen.“
„Danke gleichfalls. Ist das nicht komisch?“
„Kein bisschen.“
Malthus wusste, dass sie zu ihrem Selbstschutz Abstand brauchte, und war bereit, ihr den zu gewähren. Es blieb später immer noch genug Zeit für das, was er mit ihr vorhatte. Zum Glück gehörte Geduld zu einer seiner wenigen Tugenden.
„Wo ist Kuznetsov jetzt eigentlich?“, fragte er dann.
„Keine Ahnung.“
„Welches wäre denn der wahrscheinlichste Ort, wo sie ihn hingebracht haben könnten?“
„Überall. Er könnte hier unten in der Nachbarzelle sein. Aber ebenso gut auch oben in einem der Gästezimmer im Haupthaus.“
Sie sagte das kühl und sachlich, aber er glaubte ihre Anspannung zu bemerken. Etwas nagte an ihr, und er hätte zu gern gewusst, was das war.
„Vielleicht ist er auch überhaupt nicht mehr hier, und sie haben ihn irgendwo anders hingebracht.“
„Wohin zum Beispiel?“
Sie schüttelte den Kopf. „Nicht einmal ich kenne alle Standorte der Isisgarde. Da tappe ich genauso im Dunkeln wie du.“
„Trotzdem würde ich gern einen Tipp von dir hören, Darling.“
Sie hob die Hände und ließ sie wieder sinken. „Ich kann mir vorstellen, dass er schon tot ist. Nein, ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass er tot ist. Meine Mentorin hat von ihm nur in der Vergangenheitsform gesprochen.“
„Wenn das als Hinweis gelten soll, Calli …“
„Du sollst mich nicht so nennen.“
Er ignorierte ihren Protest. „… dann ist der ziemlich dürftig.“
„Das stimmt.“
Malthus atmete tief durch. „Meine Brüder glauben, dass sie Lokan zurückholen können. Sie meinen, wenn sie all seine Teilezusammenhaben, Ren, seinen Namen, Ba, seine Seele, Ka, seinen sterblichen Leib, Ib, sein Herz, und Sheut, seinen Schatten, bekommen sie es hin und erwecken ihn wieder zum Leben.“
„Natürlich mithilfe von ein
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