Fleischessünde (German Edition)
Sweatshirts und riss es an der Naht entzwei, um einen Blick auf die Wunde zu werfen. Dann zog er ein Messer aus dem Gürtel. Es war ihr Messer, das, was er ihr an jenem Abend bei Kuznetsov abgenommen hatte. Argwöhnisch beobachtete sie, wie er sich damit in den Handballen schnitt, sodass das Blut in einem breiten Strom herausquoll. Er steckte das Messer zurück in den Gürtel und griff ihr mit der Hand in den Nacken. Calliope wollte ausweichen, aber es gelang ihr nicht. Dann hielt er ihr den blutenden Handballen vors Gesicht und sagte: „Los, bedien dich.“
Die Versuchung, die Einladung anzunehmen, war beinahe zu groß. Das Blut lief an seiner Hand herunter. Calliope beobachtete, wie die dicken Tropfen zu Boden fielen. Sie zersprangen beim Aufprall und spritzten als winzig kleine Tröpfchen nachallen Seiten. Genauso hatte sie das Blut ihres Vaters im Traum spritzen sehen.
Sie schaute Malthus ins Gesicht und wehrte sich weiter gegen seinen Griff. „Ich heile von alleine“, sagte sie trotzig.
„Aber nicht schnell genug. Trink“, befahl er, „bevor sich der verdammte Schnitt schließt und ich mich noch mal schneiden muss.“
Zwischen Verlockung und Abscheu hin- und hergerissen, zögerte Calliope.
„Ah, ich verstehe“, meinte er darauf. „Du hältst mich für ein Monster, und das Blut von einem Monster nimmt man nicht, nicht wahr? Aber betrachte es einfach von der praktischen Seite. Das tust du doch als braver Soldat der Isisarmee sonst auch. Mein Blut wird dich wiederherstellen und dir außerdem einen kleinen Schub geben, den wir im Augenblick gut gebrauchen können.“
Sein Blick wies auf die immer noch regungslos am Boden liegende Frau. Calliope verstand, worauf er hinauswollte: Vielleicht gab es da draußen noch mehr von der Sorte.
Als sie sich trotzdem nicht rührte, nahm er ihr die Entscheidung ab. Er hob die blutende Hand an den Mund und legte die Lippen auf die Wunde. Dann zog er Calliope an sich und beugte sich zu ihr. Sie hätte versuchen können, ihn abzuwehren, zumindest den Kopf wegzudrehen, aber sie tat es nicht. Sie ließ es geschehen, dass er ihr den Mund auf die Lippen presste. Jeder Nerv vibrierte in ihr. Unwillkürlich schmiegte sie sich an ihn.
Malthus legte den Kopf ein wenig auf die Seite, öffnete ihr die Lippen mit der Zunge, sodass das Blut, das er aufgesogen hatte, ihr in den Mund strömte.
Sie schluckte und riss sich von ihm los. Der Geschmack berauschte ihre Sinne. Augenblicklich spürte sie, wie seine Kraft auf sie überging und sich in jede ihrer Zellen verbreitete. Doch war es nicht das, sondern sein Kuss, der sie vollends überwältigte. Sie fühlte seinen Körper, und er fühlte sich unsagbar gutan. Sie war betört von ihm, trunken, und sie gab es auf, dagegen anzukämpfen.
Calliope stellte sich auf die Zehenspitzen und erwiderte seinen Kuss mit offenem Mund. Malthus stöhnte auf, der Laut kam aus tiefster Kehle. Ihre Zungenspitzen trafen sich. Er lockte sie, spielte mit ihr, hörte dann aber plötzlich auf und hielt sie nur noch fest.
Ihr Puls ging rasend. Sein Blut wirkte auf sie wie eine Droge. Nur ganz allmählich kam sie wieder zur Besinnung. Sie musste versuchen, ihr inneres Gleichgewicht wiederherzustellen, denn dieser Kuss hatte sie ihm rettungslos ausgeliefert.
17. KAPITEL
Beschütze mich vor jenen Geistern,
Deren Finger scharf wie Messer sind, geübt zu quälen.
Mögen sie nie Gewalt über mich gewinnen.
Möge ich nie in ihre siedenden Kessel fallen.
Aus dem Ägyptischen Totenbuch, Kapitel 17
S chwer atmend wich Calliope zurück.
Malthus ließ sie los und musste lächeln, als er sah, wie sie sich mit dem Handrücken den Mund abwischte. „Wem von uns beiden willst du etwas vormachen?“ Mit gesenkter Stimme fügte er hinzu: „Du würdest mir doch liebend gern noch einmal die Zunge in den Hals stecken.“
Calliopes Miene blieb unbewegt, doch die leichte Röte auf ihren Wangen konnte sie nicht verbergen.
Er griff nach ihrem Handgelenk und sah sich ihren Unterarm an. Die Verletzung begann sich schon zu schließen. Indem er sie wieder zu sich zog, sah er ihr in die Augen. „Du bist ganz wild auf mein Blut, nicht wahr? Du willst, dass ich tief in dir drinnen bin, während du es mir aussaugst. Du träumst davon.“
Malthus sah, wie ihre Miene erstarrte, und er wusste gleich, dass er zu weit gegangen war. Er bereute es im nächsten Augenblick schon und ließ sie so auch gewähren, als sie ihn von sich schob. Die arme Calliope mit all ihren Prinzipien
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