Fleischmarkt
die
Klasse der Frauen – ist so tief verwurzelt,
dass sie nicht mehr zu erkennen ist.«
Shulamith Firestone
Die erotisch-kapitalistische Angst vor dem weiblichen Fleisch wurde in einen Kampf um das Geschlecht selbst übertragen. Was bedeutet es, Mädchen zu sein, abgesehen von Schuhen, Kleidern und Geltungskonsum? Weiblichkeit ist so eng mit Arbeit und Verdinglichung verbunden, dass die Merkmale des Geschlechts auf dem Arbeitsmarkt ge- und verkauft werden können. Insofern gefährdet jede Frau, die sich von den Mechanismen der Frauenverachtung befreien möchte, ihr sozial konstruiertes Geschlecht. Warum sonst werden Feministinnen in der öffentlichen Vorstellung so konsequent entsexualisiert?
Feminismus wird als Bedrohung für die Weiblichkeit dargestellt, während er letztlich doch eine Bedrohung für das Geschlecht als Arbeitskapital ist. Frauen jeden Alters, die fürchten, sich mit dem Feminismus zu identifizieren, verweisen gerne auf das populäre Stereotyp der Feministin als männerhassende oder abstoßende Lesbe mit haarigen Beinen und Hängebrüsten, die Latzhosen trägt, das markanteste androgyne Kleiderstatement von allen. Dieses Stereotyp hat sich aus einem einzigen Grund gehalten: Es terrorisiert Frauen mit der Angst, radikale Politik würde ihre Sexualität und Geschlechtsidentität zerstören.
In der öffentlichen Wahrnehmung werden starke Frauen, vor allem solche, die für Frauenrechte kämpfen, gerne für ihre angeblich ›maskuline‹ Erscheinung und Verhaltenweise getadelt. Wir Frauen fürchten, unser dienstfertiges und unterwürfiges Verhalten aufzugeben, weil wir fürchten, unser Geschlecht zu verlieren. Das ist eine legitime Angst. Die Befreiung der Frau stellt in der Tat eine Herausforderung für die kapitalistische Struktur der geschlechtsspezifischen Arbeit dar, auch wenn es schön wäre, sich vorzustellen, dass der Feminismus in Manolos für 500 Euro durchgesetzt werden könnte.
Der Feminismus der zweiten Welle
und der Essentialismus
Den unterwürfigen, sterilen und stilettotragenden Stereotypen der frauenverachtenden Fantasien setzte der Feminismus der zweiten Welle den Essentialismus entgegen. Die Vorstellung, dass die Körper von Frauen der politischen Kontrolle unterliegen, machte es dem Feminismus leicht, als Lösung für patriarchale Machtstrukturen zu einem weiblichen Körperessentialismus zurückzukehren. Die Auffassung dieser Feministinnen der zweiten Welle ist, dass es hinter der frauenfeindlichen Verpackung aus Schuhen, Shoppen und netten sexuellen Stereotypen ein ›echtes‹ weibliches Wesen gibt, das in einem ›echten‹ weiblichen Körper steckt. Wenn wir Zugang zu ihm hätten, könnten wir die Verletzungen der jahrhundertelangen Unterdrückung heilen. Diese Auffassung ist äußerst unangebracht.
Eine fantasierte weibliche Essenz, die gegen die patriarchalen Konstruktionen von Weiblichkeit und in binärer Opposition zum Männlichen gedacht wird, war nie ein angemessenes Gegengewicht gegen die Machenschaften des kapitalistischen Patriarchats. Weiblichkeit als Tatsache und als Ideologie sind zu disparat und liegen zu weit auseinander, um in irgendeiner ›weiblichen‹ Körperlichkeit zusammenzufallen. Und allzu oft versteckt sich hinter dem Körperessentialismus ein Rückzug: von der Politik des Kapitals und der Arbeit, von den tieferen Strukturen der Frauenunterdrückung und von den komplexen Wirklichkeiten von Sexualität und Gender. Kurz gesagt, ist es nicht genug, die Kraft des weiblichen Körpers zurückzufordern, wir müssen vielmehr auch fragen, was der weibliche Körper überhaupt ist, wer einen hat und wie er beschaffen ist.
Transsexuelle Dialektik
Germaine Greer schrieb in
Der weibliche Eunuch
: »Die Kastration der Frau verlief unter dem Gesichtspunkt einer männlich-weiblichen Polarität.« Eine angemessene Antwort auf diese psychologische Kastration, die die um sich greifende und unfruchtbare Frigidität der kapitalistischen Geschlechterideale aufhalten könnte, liegt weder in der aggressiven Aufrechterhaltung dieser Polarität, noch kann die Betonung des biologischen Geschlechts allein die Lösung sein.
Die Unangemessenheit der Logik dieses traditionellen feministischen Denkens über Sex und Gender wird höchst augenfällig, wenn wir, und das müssen wir, zur Frage der Transsexualität kommen.
Der ideologische Status von transsexuellen Frauen hat in die feministische Dialektik blamable Schneisen geschlagen. Profilierte Denkerinnen wie Mary Daly,
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