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Flesh Gothic (German Edition)

Flesh Gothic (German Edition)

Titel: Flesh Gothic (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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Türflügeln erkannte Adrianne flackerndes, dunkles Licht. Dann teilte sich der Durchgang mit einem feuchten, fleischigen Schmatzlaut.
    »Willkommen«, sagte Jaemessyn. »Ich weiß, dass du den Sexus Cyning sehen willst.«
    Belarius, erinnerte sich Adrianne. Der Höllenfürst der Lust ...
    Ohne Furcht schwebte sie ins Innere. Ohne Körper konnten sie ihr nichts anhaben. Nur ihre Psyche war verwundbar und Adrianne besaß eine starke Psyche.
    Die Anordnung im Inneren erinnerte sie an die De-Rais-Kapelle der Villa, nur hatte ein unbekannter Skulpteur hier alles aus lebendigem Fleisch geformt: die Kirchenbänke, das Mittelschiff, den Altar und den Chorraum. Sämtliches Fleisch, das sie umgab, glänzte vor Schweiß. Adergeflechte, gefüllt mit heißem Blut, traten daraus hervor. An abgetrennten Händen in organischen Wandhalterungen flackerten Flammen an wie Dochte angezündeten Fingerspitzen. Im gesamten stickigen Tempel roch es nach frischem, rohem Fleisch.
    Der Blick ihres Geistes kreiste suchend; vom Gebieter dieses Tempels fehlte jegliche Spur. Im hintersten Winkel des Bauwerks jedoch ...
    »Und da ist noch jemand, den du bestimmt sehen möchtest«, fügte der gefallene Engel hinzu.
    Es handelte sich um ein menschliches, kein dämonisches Wesen. Um einen Mann.
    Hildreth, erkannte Adrianne sofort.
    Er lag in einem Mantel auf dem Opferstein des Altars. Blass, mit geschlossenen Augen.
    Reglos.
    Ist er tot?, fragte sie sich.
    »Er war noch nie lebendiger«, teilte ihr Jaemessyn mit. »Aber genau wie bei dir hat seine Seele vorübergehend den Körper verlassen. Seine Seele weilt woanders ...«
    In der Villa, begriff sie, doch noch bevor sie weitere Überlegungen anstellen konnte, kreischte etwas in ihrem Geist auf und jagte einen mentalen Schauder durch sie.
    Etwas schoss durch das Mittelschiff, etwas zutiefst Verängstigtes, und Adrianne wusste genau, worum es sich handelte.
    Es war das Geistgefäß einer anderen Seele, eines Menschen, der seinen Körper so wie Adrianne verlassen hatte. Adrianne konnte es über sich schweben sehen, wo es hin- und herhuschte. Sie spürte, dass es ein wesentlich schwächeres Bewusstsein als ihr eigenes war – ein deutliches Anzeichen für Ungeschulte.
    Hab keine Angst, hab keine Angst, versuchte sie das andere Gefäß zu beruhigen und stieg auf, doch dann wurde ihr eigenes Bewusstsein beinahe durch einen Ausbruch unverfälschten, intensiven Grauens durch das Mittelschiff nach draußen geschleudert. Die Stimme der anderen Seele schrie ihr entgegen:
    »Adrianne, mein Gott, hilf mir, hilf mir!«
    Adrianne erkannte die mentale Stimme auf Anhieb. Es war Cathleen.
    IV
    Ich muss mittlerweile ungeheuer abgehärtet sein, dachte Willis. Was er in dieser Nacht durch seine »Berührungen« gesehen hatte, so schrecklich der Anblick auch gewesen sein mochte, hatte ihn nicht außer Gefecht gesetzt. Seine mentale Sicht sprach auf die verschiedensten Räume und die unterschiedlichsten Zielobjekte sofort an und zeigte ihm Bilder von Mord, satanischen Ritualen und zutiefst perversen sexuellen Aktivitäten. Unmengen von Blut, Enthauptungen und Folter. Nyvysk hatte recht, dachte er, als er einen der Salons verließ, in dem man Frauen die Augen verbunden hatte, bevor sie von Männern in schwarzen Kapuzenkutten vergewaltigt wurden. Die haben hier irgendetwas verehrt.
    Diesen ... Belarius ...
    In einer Suite im vierten Stock griff Willis nach einer Haarbürste und wurde von Visionen einer nackten jungen Frau, die auf einem Altar in einem mit Blut ausgekleideten Raum lag, erschüttert. Es handelte sich weder um eine der Pornodarstellerinnen noch um eine der ausgemergelten Prostituierten – die Frau wirkte gesund und völlig normal. Pfirsichfarbener Teint, langes kastanienbraunes Haar. Weder ihr Aussehen noch ihr Flair passten zu den anderen. Sie wirkt unschuldig. Er nahm ein Rüschenkissen vom Himmelbett und sah sie erneut, wie sie sich mit angespannten Zügen in den Klauen eines Albtraums hin- und herwarf. Dann noch einmal im Flur, als er mit seinen nunmehr von Handschuhen befreiten Fingern die Täfelung entlangstrich. Er beobachtete, wie ihr Körper von mehreren nackten Männern getragen wurde, aber Willis vermochte nicht zu sagen, ob sie nur bewusstlos oder bereits tot war.
    Ich frage mich, wer das gewesen sein mag ...
    Auch auf stoffliche Reste von Hildreth stieß er überall im Haus. In der Regel stand der Mann selbstsicher und sehr ruhig da und beobachtete mit größter Aufmerksamkeit seine Umgebung. Er

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