Flesh Gothic (German Edition)
...«
»Aber Sie haben keinen de Kooning an der Wand hängen«, beendete sie den Satz lächelnd für ihn.
Er musste grinsen. »Nein, Ma’am, habe ich definitiv nicht.«
»Ich habe gesehen, wie sie ihn begutachtet haben.« Ein eleganter Finger wies nach oben an die verspiegelte Decke des Wohnzimmers. »Im Spiegel. Falls Sie Kunstliebhaber sind, können Sie sich gern im Arbeitszimmer umschauen, bevor Sie gehen. Man weiß dort gar nicht, wo man zuerst hingucken soll.«
»Mach ich«, erwiderte er und geriet dabei fast ins Stottern. Das fing ja gut an. »Allerdings überrascht mich die Einrichtung der Wohnung. Laut den spärlichen Informationen über Ihren verstorbenen Mann war er in Sachen Architektur und Design eher ein Fan von Neogotik. Das hier ist eigentlich das genaue Gegenteil.«
»Also haben Sie sich die Hildreth-Villa angesehen?«
»Nein, das nicht. Bevor ich Ihren Brief erhielt, hatte ich noch nie davon gehört. Aber ich erinnere mich, eine kurze Meldung in der Zeitung darüber gelesen zu haben, als ... als sich die Tragödie vor einigen Wochen ereignete. Mord in Prospect Hill. Wenn ich mich recht erinnere, wurde das Haus in dem Artikel nicht namentlich erwähnt.«
»Nein, das wurde es nicht, dafür habe ich bezahlt.«
Ihre Direktheit ließ ihn verstummen. Die Reichen fanden also auch heute noch Mittel und Wege, um Einzelheiten über Familienverbrechen aus der Öffentlichkeit herauszuhalten.
Als sie das Gewicht verlagerte, knarzte der Stuhl. Sie deutete auf die Wand hinter ihm. Ihre veränderte Haltung enthüllte weitere Details ihres Körpers – durch die Drehung ihrer Hüfte drängte sich das T-Shirt enger an ihren Busen. Westmore war ihr bereits jetzt regelrecht verfallen. Durch die übereinandergeschlagenen Beine lagen die Shorts eng am Schritt an, auch die offensichtlich ohne BH unter dem T-Shirt verborgenen Brüste machten ihn an. Einer der bestimmt 20.000 Dollar teuren Flipflops hing vom makellos pedikürten Fuß. Westmore verspürte eine lächerliche Erregung. Sogar die hauchdünnen Linien an ihrer Taille empfand er als attraktiv. Manchen Frauen stand das mittlere Alter gut – dieser Frau stand es wie ein teurer Nerzmantel. Ich wette, sie hat für Schönheitsoperationen mehr als für den de Kooning hingeblättert . Aber sie hatte hinter ihn gezeigt, weshalb er den Blick wohl oder übel von ihr losreißen musste. »Ich würde Ihnen ja einen Drink anbieten, aber meine Leute haben mich darüber informiert, dass Sie Antialkoholiker sind.«
Da platzt die erste Bombe . Bei diesem Thema redete er nie lange um den heißen Brei herum. »Im Gegenteil, ich bin Alkoholiker, Mrs. Hildreth. Das werde ich immer sein. Allerdings bin ich seit mittlerweile drei Jahren trocken.« Sie hatte auf eine elegante Bar gezeigt, eine Glastheke mit dem unvermeidlich scheinenden Silberdrahtgestell. Vor bizarren Flaschen mit abstrusen Formen waren schwarze Schnapsgläser in einer Reihe aufgestellt. »Allerdings gefallen mir diese Gläser.«
Sie stand auf und ging so gesittet, wie es in Flipflops möglich schien, zur Bar. Westmore warf weiter verstohlene Blicke auf ihre Figur, auf die makellosen Linien ihrer Schultern und ihres Rückens, auf die Wölbung ihrer Brüste. Die glatte gebräunte Haut glänzte verführerisch. Die Schmetterlinge in seinem Bauch senkten sich in seinen Schritt, dann herrschte er sich in Gedanken an: Was zum Teufel ist bloß los mit dir? Du bist geil auf eine Frau, die 15 Jahre älter ist als du und noch dazu eine mögliche Auftraggeberin! Ob man sich wohl noch unprofessioneller verhalten kann?
Sie lächelte mit schmalen Lippen und drückte ihm eins der Schnapsgläser in die Hand. »Hier, nehmen Sie eins davon mit. Sie bestehen aus Onyx. Und ich bin froh, dass Sie nicht mehr trinken. Da haben wir etwas gemeinsam. Ich halte es für das Beste, zerstörerische Gelüste in Annehmlichkeiten umzulenken ... natürliche Annehmlichkeiten.«
Wow, konnte er nur noch denken. Ja, da hast du recht. Ich bin seit einem Jahr nicht mehr flachgelegt worden ... Er betrachtete ihre Waden und die femininen Rundungen, als sie auf ihren Platz zurückkehrte. »Danke für das Glas. Es ist wunderschön.«
»Mein Ehemann war genauso. Er hat nie getrunken oder Drogen genommen. Sein Rauschmittel war Sex.«
Wow , dachte Westmore abermals. Er setzte zu einer Erwiderung an, doch sie kam ihm zuvor.
Weitere unverhohlene Direktheit. »Ich möchte mir Ihre Verschwiegenheit kaufen, Mr. Westmore.«
Schätzchen, die ist käuflich .
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