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Flieg, Hitler, flieg!: Roman

Flieg, Hitler, flieg!: Roman

Titel: Flieg, Hitler, flieg!: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ned Beauman
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hob in gespieltem Einverständnis die Hände. »Ich leugne es nicht. ›Nach einem anstrengenden Tag‹ ist das genau das Richtige für mich.« Wieder wieherten sie vor Lachen.
    Erskine sah, dass sie auf eine Art Zettel oder Karte blickten. »Was ist so komisch?«, fragte er.
    »Ach, hallo, Erskine«, sagte Morton fröhlich. »Cripling hat das hier auf dem Fußboden bei seinem Friseur gefunden.«
    Julius Morton und Erskine waren gemeinsam ins Trinity College eingetreten, und einmal hatte Morton, der ganz nüchtern war, Erskine festgehalten und ihn gezwungen, so lange Portwein zu schlucken, bis er sich in seinen Ovid erbrach, und danach hatte er tagelang darüber gekichert, als wäre Erskine von Anfang an mit dem Spaß einverstanden gewesen. Jedes Mal, wenn Erskine Morton erlaubte, ihn als Kameraden zu behandeln, hatte sich die Erniedrigung durch diese Episode und viele andere der gleichen Art verdoppelt, aber Erskine hatte eigentlich keine Wahl – vor allem, da Morton seit Neuestem ein romantisches Interesse an seiner Schwester Evelyn zeigte, die er durch einen verheerenden Zufall auf einem von Lady Mollys Tanzabenden kennengelernt hatte. Einer von Erskines vielen Einwänden gegen die vorherrschende orthodoxe Eugenik war, dass sie seines Wissens kein Szenario entwickelt hatte, das für Morton die Zwangssterilisierung vorschrieb. Oder wenigstens eine ordentliche Tracht Prügel.
    Tatsächlich war Erskines einziger Trost, was er von Mortons geliebtem jüngerem Bruder wusste. Als der Bruder acht Jahre alt war, hatte er einen Spaten in das Rad eines fahrenden Autos gesteckt und war dabei so heftig zurückgeworfen worden, dass er auf den Rücken fiel, sich ein Bein brach und durch einen Schlag gegen den Schläfenlappen auf einem Auge erblindete. Das Bein heilte wieder, aber unabhängig von dem Unfall bekam er bald darauf Kinderlähmung. Der Hausarzt der Mortons, der früher beim Militär gewesen war, hatte jedoch den Verdacht, dass der Junge simulierte, und empfahl nicht Bettruhe, sondern körperliche Aktivität. In der Folge büßte Mortons Bruder die Fähigkeit ein, den rechten Arm und beide Beine zu bewegen, und musste schwere Eisenschienen an den betroffenen Gliedmaßen tragen, die so unerträglich juckten, dass er fast wahnsinnig wurde: Manchmal lachte er ohne erkennbaren Grund und gab dabei ein unkontrolliertes äffisches Heulen von sich wie ein Varietékomiker, der den Verrückten gibt. Nur akuter Schmerz konnte ihn davon abbringen, und das gesunde Bein, das er noch hatte, war am Ende völlig vernarbt, weil er sich selbst absichtlich mit Zigaretten verbrannte. Diese Tragödie in Episoden, die das Leben von Mortons gesamter Familie überschattete, bereitete Erskine ein unablässiges Vergnügen wie eine wirklich gute Serie im Radio.
    »Was ist das?«, fragte er, nahm Morton die Karte aus der Hand und las sie.
    Erskine verstand es nicht – es schien lediglich Reklame für einen Nachtclub zu sein –, aber er rang sich trotzdem ein Lachen ab und gab die Karte zurück. Er saß ein paar Minuten einfach da, während die drei anderen Scherze über die Neigungen ihrer ehemaligen Kommilitonen machten. Aber während er etwas Witziges zu finden versuchte, das er zur Unterhaltung beisteuern könnte, wurde ihm allmählich klar, worüber sie in Wirklichkeit sprachen, und als Cripling schließlich den Ausdruck »eine Bande von Hinterladern« benutzte, war sich Erskine sicher. Danach hörte er sehr genau zu.
    Aber inzwischen war das Thema erschöpft, und die anderen begannen bald über ihre Pläne für den Abend zu sprechen. Was immer über die wundervolle Freiheit gesagt wurde, die ein Junggeselle in London genoss, Erskine hatte feststellen müssen, dass in einem kleinen Club wie diesem die Bewegungen der Mitglieder noch weniger privat waren als im College in Cambridge. Deshalb hatte er bereits ein Dinner mit einem Cousin erfunden, um heute Abend unbehelligt zu dem Kampf gehen zu können. Und als die anderen drei aufstanden und die Karte zurückließen, wurde ihm mit klopfendem Herzen klar, dass seine Ausrede von zweifachem Nutzen sein könnte. Die Shaftesbury Avenue war nur einige Gehminuten vom United Universities Club entfernt. Er konnte auf dem Rückweg vom Kampf ganz leicht einen Abstecher in dieses Caravan machen.
    In der Großen Halle im Trinity College hatte er einmal eine ähnliche Unterhaltung über ein Pub namens The Marquis of Granby mitgehört. Damals wie heute hatte er sich die Worte sorgfältig eingeprägt, aber

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