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Flieg, Hitler, flieg!: Roman

Flieg, Hitler, flieg!: Roman

Titel: Flieg, Hitler, flieg!: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ned Beauman
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fluchte leise vor sich hin und eilte durch die andere Tür hinaus. Sie musste sich an Battle vorbeidrängen, der gekommen war, um nach Godwin zu suchen.
    Sobald sie Battle erblickte, griff Millicent nach einer Tranchiergabel und stieß sie in sein Hinterteil, wobei sie eine kleine Melodie vor sich hin summte.
    »Bitte unterlassen Sie das, Miss Bruiseland«, sagte Battle, der sich Sorgen um seine Hose machte.
    Battle gab Godwin einige Anweisungen, aber Millicent mochte nicht von der Gabel lassen, sodass sie Sinner leicht in die Schulter piekte.
    »Vorsichtig, Mädchen«, warnte Godwin. »Der Junge ist anders als Battle. Er kann sich wehtun.«
    »Mir tut so leicht nix weh, Kumpel«, sagte Sinner, zum zweiten Mal an diesem Abend übertrieben selbstbewusst.
    »Wirklich nicht, Mr.   Roach?«, fragte Millicent.
    »War mal mein Beruf, viel einstecken zu können.«
    »Oh! Können wir ein Spiel spielen?«
    Und so standen Sinner und Battle, nachdem sie von Millicent eine Weile beschwatzt worden waren, Seite an Seite mit dem Rücken zur Anrichte, auf der ihrerseits Millicent stand und eine schwere Bratpfanne aus Kupfer mit einem Doppelgriff in der Hand hielt.
    »Fertig, Battle?«
    »Ja, Miss.«
    Millicent schwang die Bratpfanne und schlug sie mit aller Kraft auf Battles Hinterkopf. Es gab ein lautes Scheppern, aber Battle ging nur ein wenig in die Knie und hustete.
    »Fertig, Mr.   Roach?«
    Sinner, der zu dem Schluss gekommen war, dass das Mädchen noch schwächlicher war, als es aussah, behielt die Hände in den Hosentaschen und hielt es nicht für nötig, sich für den Schlag zu wappnen.
    »Alles klar.«
    Millicent holte aus.
    Als er erwachte, stellte Sinner fest, dass jetzt er auf der Anrichte lag und ein kaltes, feuchtes Handtuch um seinen Kopf gewickelt war. Am Küchentisch saßen Tara und ihre Herrin.
    »Und keiner von ihnen hat bis zum Ende des Dinners noch ein einziges Wort gesagt«, sagte Evelyn. »Sie sind alle so kindisch. Und wir sind noch nicht mal bei den Reden angekommen – wenn bis Freitag kein Weltkrieg erklärt worden ist, können wir von Glück sagen. Ach, sieh mal an, der junge Faustkämpfer ist aufgewacht. Ich hoffe, es war nicht allzu unbequem für dich, aber wir wussten nicht genau, was wir nach deinem Mazzatello mit dir machen sollten. Nun, Sinner – Tara sagt, dass du so genannt werden willst –, du musst mir versprechen, dass du nie wieder auf ein einziges Wort hörst, das dieses grässliche kleine Mädchen sagt.«
    »Wenn ich mich richtig erinnere, wurde mir neulich schon mal auf den Kopf gehauen.«
    »Ja, aber ich musste etwas verdeutlichen.«
    »Der Butler …«
    »Ach, Butler haben keine Gefühle.«
    »Ich geh jetzt besser, Miss«, sagte Tara. »Oben wird es noch eine Menge zu tun geben.«
    »In Ordnung, Tara, wir sehen uns morgen früh.« Evelyn gab Tara einen Gutenachtkuss auf die Wange, und Tara ging.
    »Du gehst sehr vertraut mit deinem Mädchen um«, sagte Sinner.
    »Ja. Und ich entnehme deiner fast unmerklich in die Höhe gezogenen Augenbraue, was du andeuten willst, aber es ist keineswegs so. Wir sind gute Freundinnen. Ich kenne sie, seit wir beide ganz jung waren, und sie ist die einzige vernünftige Person in diesem Haus. Sie sagt es mir, wenn ich idiotisch bin, und wenn ich feige bin, sagt sie es mir auch. Ich kann es gar nicht erwarten, sie mit nach London zu nehmen, damit sie diese grässliche Made nie wieder sehen muss.«
    »Welche? Gibt ’ne Menge Maden hier.«
    »Godwin. Der Hausdiener. Er schmachtet sie an, seit er nach Claramore gekommen ist. Manchmal entdeckt sie ihn, wie er nachts vor ihrem Zimmer steht. Mein Vater hat ihn einmal dabei erwischt, wie er sie in der Bibliothek bedrängt hat, und natürlich hat er die falschen Schlüsse gezogen. Jetzt glaubt er, sie haben eine heimliche Affäre, obwohl sie es in Wirklichkeit nicht aushalten kann, in seiner Nähe zu sein. Er redet über nichts anderes als Särge. Allerdings hatte ich einmal ein faszinierendes Gespräch mit ihm, aber natürlich kann ich das Tara gegenüber nicht zugeben. Weißt du etwas über Leichenhallen, in denen die Toten auf ihre Bestattung warten?«
    Sinner schüttelte den Kopf, und Evelyn erklärte ihm die Sache. »Und es ist natürlich so gedacht, dass nur dann eine Note auf dem Harmonium angeschlagen wird, wenn jemand aufgewacht ist und mit den Zehen wackelt«, schloss sie. »Aber Godwin sagt, dass sich eine Leiche tagelang aufbläht und starr wird, und deshalb wird ständig an den Drähten gezerrt,

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