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Flieg, Hitler, flieg!: Roman

Flieg, Hitler, flieg!: Roman

Titel: Flieg, Hitler, flieg!: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ned Beauman
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entkommen würde, aber sie hatte niemals vermutet oder sich ernsthaft gewünscht, dass es so bald oder auf eine so drastische Weise geschah. Die Grenze zwischen ihrer Vergangenheit und ihrer Zukunft, zwei verfeindeten Nationen, war jetzt in Blut gezogen.
    Unten in der Bibliothek fand Erskine Bruiseland, Aslet, Amadeo und die Mowinckels, wo sie in einer Reihe neben der schmierigen braunen Spur standen, die vom Blechhirn zu den Terrassentüren führte. Wie Soldaten, die eine Grenze erreicht hatten, schienen sie die Linie nicht überschreiten zu wollen. Er dachte an Fluek, dieses umkämpfte Dorf.
    »Und es kann sicher kein Selbstmord gewesen sein?«, fragte Aslet.
    Erskine bemerkte, dass ein paar von Mortons Haaren noch an den Dielenbrettern klebten.
    »Geheimagenten von Zion«, sagte Berthold Mowinckel. »Seit Jahren haben sie nicht mehr so tief ins Herz des Adels getroffen.«
    »Es war aber kein Geheimagent von Zion, der gestern beim Essen eine Pistole gezogen hat«, murmelte sein Sohn.
    »Was wollen Sie damit andeuten?«, sagte Amadeo.
    »Ich habe einige Ihrer Gedichte gelesen. ›Die Seligkeit der Gewalt‹?«
    »Es fragt sich, warum Sie zu solch grundlosen Unterstellungen greifen, wenn Sie nicht selbst etwas zu verbergen haben.«
    »Machen Sie sich nicht lächerlich«, sagte Berthold Mowinckel. »Im Gegensatz zu seinem verstorbenen Bruder hat mein Sohn gar nicht den Mut, so etwas zu tun.«
    »Mut? Nein. Dummheit? Vielleicht.«
    »Wollen Sie es nach Männerart regeln?«, fragte Kasimir.
    »Was genau meinen Sie damit?«, entgegnete Amadeo.
    »Ein Duell.«
    »Immer mit der Ruhe«, sagte Aslet.
    »Ein Duell! Wie putzig«, rief Amadeo. »Aber warum eigentlich nicht?«
    »Dann wählen Sie Ihre Waffe.«
    »Mal sehen. Ich wähle …«
    »Ja?«
    »Einen elektrischen Dosenöffner.«
    »Sie machen sich über mich lustig!«, schrie Kasimir Mowinckel. Er schnappte sich einen Schürhaken aus Messing und ging damit auf Amadeo los, aber der Schlag traf nur Battle in die Nieren, der den Raum unbemerkt betreten und sich im letzten Moment dazwischengeworfen hatte.
    »Lord Erskine wäre sehr dankbar, wenn seine Gäste zu ihm in den Salon kämen«, sagte der Butler.
    Sie kamen der Bitte nach. Erskines Vater wartete, bis alle versammelt waren, und sagte dann: »Es freut mich, Ihnen mitteilen zu können, dass zumindest ein Teil dieser lästigen Prozedur vorbei ist. Wir wissen, wer verantwortlich ist. Battle hat das Haus durchsucht und festgestellt, dass verschiedene Dinge verschwunden sind. Dazu gehört ein Großteil unseres wertvollsten Silbers und Schmucks. Dazu gehören auch ein Hausdiener, eine Zofe und ihre gesamte persönliche Habe. Es ist nur allzu offensichtlich, was letzte Nacht geschehen ist. Die beiden Dienstboten wollten durchbrennen und bei dieser Gelegenheit auch gleich noch das Haus ausrauben. Morton muss sie auf frischer Tat ertappt haben, und sie glaubten, keine andere Wahl zu haben, als ihn umzubringen. Derlei Dinge geschehen heutzutage recht häufig. Die Polizei wird die Augen offen halten, und ich vermute, dass die beiden nicht weit kommen.«
    »Welche Dienstboten?«, fragte Erskine.
    »Godwin und die Zofe deiner Schwester.«
    »Tara?«
    »Ja.«
    Erskine war sehr erleichtert darüber, dass Sinner offenbar nichts mit der Sache zu tun hatte, aber trotzdem konnte er nicht umhin zu sagen: »Die beiden können nicht miteinander durchgebrannt sein. Sie verabscheut ihn. Das hat mir Evelyn erzählt.«
    »Ich denke, dass meine Tochter Besseres zu tun hat, als sich über das Liebesleben der Bediensteten auf dem Laufenden zu halten. Zumindest hoffe ich das.«
    »Hast du es ihr schon gesagt? Sie wird bestürzt sein.«
    »Deine Mutter wird es ihr mitteilen.«
    »Ist einer dieser Bediensteten vielleicht jüdisch?«, erkundigte sich Berthold Mowinckel.
    »Wenn es nach mir ginge, würde ich meine Hausdiener kastrieren lassen«, sagte Bruiseland.
    »Wird die Tagung fortgesetzt?«, fragte Aslet.
    »Er mag nicht frei von Fehlern gewesen sein, aber dieser Junge war mein zukünftiger Schwiegersohn«, erwiderte Erskines Vater. »Die Tagung wird nicht fortgesetzt.«
    »Warum auf die Polizei vertrauen?«, sagte Amadeo. »Wir sollten diese Tiere selbst einfangen.«
    Verhaltene Beifallsrufe erklangen, und bald stürzten die fünf Faschisten los, um festzustellen, wie viele Jagdhunde in ein Automobil passten. Erskine folgte ihnen bis in die Halle, weil er nicht mit seinem Vater allein bleiben wollte; dann schlich er sich nach oben in sein

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