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Flieg, Hitler, flieg!: Roman

Flieg, Hitler, flieg!: Roman

Titel: Flieg, Hitler, flieg!: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ned Beauman
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Zimmer und weckte Sinner.
    »Etwas Schlimmes ist passiert. Morton ist tot. Sie wissen schon, der Verlobte meiner Schwester.«
    »Weiß man, wer’s war?«, fragte Sinner. Sein Gesicht verriet keine Regung.
    »Zwei von Claramores Dienstboten.«
    »Welche?«
    »Godwin, der Hausdiener, und Tara, das Dienstmädchen. Sie sind mit einer Menge Wertsachen durchgebrannt. Mein Vater sagt, dass Morton sie ertappt haben muss, und deshalb haben sie ihn totgeschlagen und in den Teich geworfen. Es ist entsetzlich. Aber in gewisser Hinsicht auch eine Erleichterung, denn um die Wahrheit zu sagen, habe ich einen Augenblick lang geglaubt, dass –«
    »Nein«, unterbrach Sinner.
    »Was?«
    »Das stimmt nicht.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Sie waren’s nicht.«
    »Das können Sie doch nicht wissen.«
    »Ich hab’s gesehen. Also, nicht gesehen, aber gehört. Letzte Nacht.«
    »Was soll das heißen? Wer war es denn dann?«
    »Der speckige alte Schnösel.«
    »Bruiseland?«
    »Ja.«
    »Das ist Unsinn.«
    »Ich hab’s gehört«, wiederholte Sinner.
    »Warum in aller Welt sollte Bruiseland Morton ermorden wollen?«
    »Er dachte, dass er ihn erpresst.«
    »Morton glaubte, dass Bruiseland –«
    »Nein, der Dicke hat gedacht, dass der andere Schmock ihm die Briefe geschickt hat.«
    Erskines Herz hörte beinahe auf zu schlagen, als er sich erinnerte, was er am Nachmittag zuvor durch die Tür der Bibliothek gehört hatte. Aber natürlich gab es andere Wege, auf denen Sinner davon erfahren haben konnte – einer der Dienstboten hatte vielleicht ein ähnliches Gespräch belauscht und darüber getratscht.
    »Ich hab gestern Abend mit Tara geredet«, sagte Sinner. »Sie hat nix davon gesagt, dass sie weg will. Und deine Schwester sagt, sie hasst den Kerl.«
    »Ja, aber –«
    »Dieser Schmock ist doch in der Bibliothek abgemurkst worden, stimmt’s? Wie soll er sie dann beim Klauen erwischt haben? Was gibt’s in einer Bibliothek zu klauen?«
    »Mein Vater besitzt einige sehr seltene Bücher«, sagte Erskine, aber dann wurde ihm klar, wie wenig plausibel es klang, dass Dienstboten sich mit dem Gewicht von alten Folianten belasten sollten, wenn sie zu Fuß wegliefen.
    »Und außerdem, dieser schleimige Typ, wie heißt der noch?«
    »Godwin?«
    »Der hätte nicht mal die Kraft, einer Motte die Flügel auszureißen. Wie soll er denn dem anderen Schmock das Gesicht an der Maschine eingeschlagen haben?«
    »Gut, gut, das sehe ich alles ein, aber trotzdem – Bruiseland, das ist absurd.« Und dann erinnerte sich Erskine an etwas, das seine Schwester von Casper Bruiseland gehört hatte: An dem Tag, an dem Leonard Bruiselands Frau endgültig nach Florenz gegangen war, hatte er ihre fünf Terrier mit bloßen Händen erwürgt.
    Er ließ sich schwer auf das Bett fallen und blieb dort sitzen. »Und selbst wenn es stimmt: Was für einen Unterschied macht das? Was kann man schon tun?«
    »Ihnen die Wahrheit sagen.«
    »Seien Sie nicht albern.«
    »Was ist mit dem Mädchen? Was wird mit ihr passieren?«
    »Also wollen Sie nach unten gehen und sagen: ›Sie irren sich, ich weiß, was passiert ist, verhaften Sie den Führer der Meute? Das ist unmöglich. Sie würden anfangen, Fragen zu stellen, sie würden herausfinden, wer Sie sind, dass Sie in Wirklichkeit kein Kammerdiener sind und dass Sie – noch schlimmer – Jude sind. Sie würden alles ignorieren, was Sie sagen, und einfach behaupten, dass Sie Teil des Plans gewesen seien. Man würde Sie der Verschwörung zum Mord beschuldigen, und Sie würden im Dorfgefängnis landen oder etwas in der Art. Das heißt, wenn Mowinckel oder Amadeo nicht versuchen würden, eine standrechtliche Hinrichtung zu inszenieren.«
    »Weiß ich alles. Ich bin nicht beschränkt, verdammt.«
    »Gut.«
    »Du musst eben mitkommen.«
    »Was?«
    »Wenn ich allein hingehe und alles erzähle, bin ich am Arsch. Wenn du dabei bist, was können die dann machen?«
    »Im Prinzip würde es mir vielleicht gelingen zu verhindern, dass Sie ins Gefängnis gesteckt werden. Aber sie würden trotzdem Fragen stellen und alles herausfinden. Soll ich etwa zugeben, dass ich einen Juden aus dem East End in das Haus meiner Eltern mitgebracht habe? Ausgerechnet in dieser Woche? Wie könnte ich das erklären?«
    »Was ist mit deiner Schwester? Was, wenn sie wüsste, dass es in Wirklichkeit der Fettarsch war, der ihren Typ kaltgemacht hat, aber ihr Mädchen soll dafür drangekriegt werden? Was würde sie von dir erwarten?«
    »Das ist ein schlechtes

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