Fliege machen
verschwamm.
Mühsam stellte er ein Bein auf und rollte sich langsam
auf den Rücken: »Besser, du fährst.«
Â
8.
Irgendwie hatte ich es geschafft,
Danner nach Hause zu bringen. Wie ich das fertiggebracht hatte, konnte ich
hinterher kaum sagen.
Ich erinnerte mich noch, dass ich Danner liegen lassen
musste, um den Wagen zu holen. Vor Wut hatte ich geschrien, weil die
Schrottschüssel erst beim dritten Versuch ansprang.
Danner konnte nicht aufstehen, es dauerte eine Ewigkeit,
bis ich ihn irgendwie in den Wagen geschoben hatte. Wie ich ihn die Treppe rauf
bis in unsere Wohnung im zweiten Stock bekam, war mir im Nachhinein ein Rätsel.
Doch jetzt lag er endlich auf dem Bett und ich lieà mich
schweiÃnass und keuchend neben ihm in die Kissen fallen. Sekundenlang rührte
ich mich nicht. Mein Herz pochte noch immer aufgeregt gegen meine Rippen. In
meinen Ohren rauschte es.
Die Erinnerungen wirbelten durch meinen Kopf, bruchstückhaft. Das aufblitzende Messer, der dumpfe Laut, mit dem der Riese noch einmal zutrat,
das Blut auf den Pflastersteinen â¦
Mein Gehirn wollte â konnte das alles nicht so schnell
verarbeiten. Die letzte Stunde kam mir unwirklich vor. Weit weg, wie ein
nebulöser Albtraum.
»Du gehörst ins Krankenhaus, du Idiot!«, zwang ich mich,
endlich zu begreifen. Da hätte ich eigentlich sofort dran denken müssen.
»Du glaubst doch nicht, dass ich noch mal aufstehe«,
murmelte Danner, ohne die Augen zu öffnen.
Mit einem Ruck setzte ich mich auf. So ging das nicht.
Im noch immer nassen Parka und schmutzigen Winterstiefeln
lag Danner auf dem Bett, eine Hand unter seiner Jacke auf die rechte Rumpfseite
gepresst, bewegungslos, als würde er bereits schlafen.
Aber er schlief natürlich nicht.
»Vielleicht hast du innere Verletzungen«, überlegte ich
laut. »Und das da muss bestimmt genäht werden.«
Jetzt öffnete er doch die Augen. Sie schienen dunkler als
sonst. Schwarz.
Ich deutete auf seine Stirn.
Sein Blick war müde, sein Gesicht blass, das Blut und seine
Bartstoppeln bildeten einen ungewohnt scharfen Kontrast zu seiner Haut.
Er tastete mit schmutzigen Fingerkuppen über seine
Glatze: »Blutet das denn noch?«
»Den Helden spielen ist bei so was ja wohl echt bescheuert«,
schimpfte ich wütend.
Ich rappelte mich auf, schnappte eine von drei leeren Bierflaschen
vom Nachtschrank und füllte sie im Badezimmer mit Wasser. Das erstbeste Handtuch
nahm ich ebenfalls mit und spülte Danner vorsichtig das halb getrocknete Blut
aus dem Gesicht. Zum Vorschein kam eine recht lange Risswunde.
»Und?«, drängelte Danner ungeduldig.
Fachmännisch begutachtete ich die Verletzung.
»Na schön«, murrte ich schlieÃlich. »Ist lang, aber nicht
besonders tief. Anscheinend war dieser Bohne zu besoffen, um richtig zu
treffen. Mit den fetten Klunkern an meinen Fingern hätte ich dir ein schöneres
Andenken verpasst.«
»Dann glaub nicht, dass du von mir mal ân Ring kriegst.«
Arsch. Ich lieà das durchnässte, blutige Handtuch neben
dem Bett auf den Boden klatschen. Solange er so blöde Sprüche machen konnte,
benötigte er keinen Notarzt.
»Na los, raus aus den Klamotten«, kommandierte ich gereizt.
Ich packte den Ãrmel seiner Jacke. Es dauerte eine Weile, bis Danner sich mit
meiner Hilfe aus den Klamotten geschält hatte.
»Ui«, machte ich, nachdem ich ihm schlieÃlich sein T-Shirt
über den Kopf gezerrt hatte.
Seine gesamte rechte Rumpfseite hatte sich rotblau verfärbt.
Ein gelungener Abdruck der Springerstiefel-Stahlkappe des Ziegenbärtigen.
»Was?«
»Lass mal sehen.« Behutsam fuhr ich über Danners Rücken,
die Wirbelsäule hinunter, tastete jeden Wirbelknochen ab. Dann strich ich mit
Daumen und Zeigefinger an den einzelnen Rippen entlang. Vermutlich würde mir
auffallen, wenn etwas gebrochen war. Als sich meine Finger dem Bluterguss
näherten, atmete Danner scharf ein.
»Tutâs weh?«, erkundigte ich mich.
»Steh ich drauf, wenn Frauen mich quälen, weiÃte doch«,
spottete er mit zusammengepressten Zähnen. »Und? Wie lautet Ihre Diagnose, Frau
Doktor?«
»Zwei Rippen könnten hin sein«, präsentierte ich ihm
meine Meinung, wenn er sie schon mal hören wollte. »Und da, wo das Hämatom ist,
sitzt die Leber, glaube ich. Hoffen wir mal, dass die
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