Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fliege machen

Fliege machen

Titel: Fliege machen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
Vom Netzwerk:
tot?«

    Noch jemand, der den richtigen Namen des Penners benutzte.

    Â»Er war bei Ihnen in Behandlung?«, hakte Danner sofort
nach.

    Sie schüttelte den Kopf.

    Â»Aber Sie kannten ihn?«

    Die Ärztin schien durcheinander, ehrlich betroffen. Fast
schon zu verwirrt, angesichts des Todes eines Obdachlosen, der noch nicht
einmal ihr Patient gewesen war.

    Â»Er hat sehr vielen geholfen«, stammelte sie eine Erklärung,
bei der ihr Akzent plötzlich deutlicher durchklang. »Er ist – er war ein …
Guter.«

    Schon wieder ein Fan von Fliege.

    Â»Eule hat er hergebracht und sich rührend um sie gekümmert.
Sie brauchte dringend psychologische Betreuung. Jetzt nimmt sie ihre
Medikamente. Er hat ihr sogar geholfen, eine kleine Wohnung und den Job beim
Straßenmagazin zu bekommen. Nina hat er zum Schwangerschaftstest überredet und
Miriam schleppt er immer wieder wegen der Krätze her.«

    Der Penner hatte sich gekümmert. Wir nicht.

    Danner legte den Kopf schief und betrachtete die kleine
Ärztin nachdenklich. Ich wusste genau, wie unangenehm seine Musterung werden
konnte. Raissa Schmidtmeyer fusselte mit den kurzen Fingern nervös in ihren
Haaren herum.

    Â»Hatten Sie ein Verhältnis?«, fragte Danner direkt.

    Vor Überraschung hätte ich beinahe laut gelacht. Die
Ärztin und der Obdachlose?

    Â»Ich?« Mit einer theatralischen Geste griff sich die Frau
an die große Brust. »Was erlauben Sie sich?«

    Â»Fragen stellen ist mein Job. Ihre Beziehung war sozusagen
rein dienstlich? Edgar kam nur, um hier Kranke abzuliefern?«

    Â»Selbstverständlich!«

    Danner beobachtete sie genau.

    Sie starrte feindselig zurück.

    Â»Gut, und ich war mit ihm essen«, gestand sie
widerwillig. »Bei den Suppenengeln drüben. Ein mal.«

    Ha! Fliege war ein Frauenheld gewesen! Der hatte Eule
flachgelegt, Engel geschwängert und sogar die Ärztin gedatet!

    Hatte Fliege womöglich den gleichen raubeinigen Charme
besessen, der einen schmuddeligen Schnüffler für reiche Klientinnen,
Oberstudienrätinnen und Polizeichefinnen attraktiv machte? Ich konnte mir den
schnellen Seitenblick auf Danner nicht verkneifen.

    Â»Können Sie uns denn jetzt sagen, wo wir Bohne finden?«,
verhörte der Detektiv die Ärztin hartnäckig weiter, und nur das Grübchen
zwischen seinen Bartstoppeln ließ mich vermuten, dass er meinen Blick bemerkt
hatte.

    Die Ärztin zuckte die runden Schultern: »Ich hatte ihn
für heute herbestellt. Zur Kontrolle. Nasenbeinbruch.«

    Na also. Sagte ich doch.

    Â»Müsste er mit so einer Verletzung nicht in ein Krankenhaus?«

    Doktor Schmidtmeyer winkte ab: »Die machen da auch nur
ein Pflaster drauf. Und die meisten meiner Patienten würden nicht mal mit ’nem
abgetrennten Arm in ein Krankenhaus gehen. Bei Kevin will ich die Luftwege
kontrollieren, sobald die Schwellung zurückgegangen ist. Er sollte heute vorbeikommen.
Aber bis jetzt war er noch nicht hier und die Sprechstunde ist in fünf Minuten
beendet.«

    Â 

29.

    Â»Sei froh, dass du den Kinderficker los
bist! Ein obdachloser Alkoholiker, der eine Vierzehnjährige schwängert, ist
sowieso kein Mann fürs Leben.«

    Hm. Suboptimal. Wenn ich Engel auf diese Art mitteilte,
dass Fliege tot war, würde das höchstwahrscheinlich nicht gut ankommen.
Bestenfalls konnte ich so die Wehen auslösen.

    Mit der Gabel rollte ich eine Kartoffel um das unberührte
Schnitzel auf meinem Teller herum.

    Ich hatte keine Ahnung, wie ich es Engel sagen sollte. Aber
wenn ich es ihr nicht erzählte, würde sie es gar nicht erfahren. Denn niemand
außer mir wusste, dass sie es wissen sollte. Und ich hatte ihr versprochen,
mich bei ihr zu melden.

    Mein Blick wanderte auf Molles Teller, der meinem eigenen
gegenüberstand. Untypischerweise trieb der dicke Wirt eine kleine Karawane von
drei Rosenkohlköpfen durch die Sauce hollandaise. Dass Fliege gestorben war,
nachdem wir ihn rausgeschmissen hatten, hatte auch dem Dicken gründlich den
Appetit verdorben.

    Mücke lag auf dem rot karierten Stuhlpolster zwischen uns,
den Kopf traurig auf den Vorderpfoten, als hätte auch er verstanden, was
passiert war.

    Nur Danner ließ es sich schmecken.

    Die Kneipentür schwang auf und zusammen mit dem eisigen
Windhauch, der unter den Tisch um meine Beine fegte, wehte Staschek herein. Der
Kommissar zog sich die eleganten

Weitere Kostenlose Bücher