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Fliege machen

Fliege machen

Titel: Fliege machen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
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Meier. Gleiche
Adresse.

    Â»Vielleicht ist es eine andere Miriam Meier«, dämpfte
Danner meine Begeisterung. »Oder die beiden Meiers in dem Haus sind nicht
miteinander verwandt.«

    Nun, das würde ich klären. Damit Danner und Staschek
nicht gleich den nächsten Grund hatten, über meine schlampige Arbeit zu
meckern.

    Und um mein Gewissen zu beruhigen, das sich seit dem Tod
des Penners lauter als gewohnt zu Wort meldete. Bevor ich Engel und Dicke an
ihre Eltern verpfiff, wollte ich einigermaßen sicher sein, dass ich den Mädchen
keinen gewalttätigen Irren auf den Hals hetzte.

    Â 
    Eine Dreiviertelstunde später standen Danner und
ich vor dem kleinen Reihenhaus von Engels Eltern.

    Es hatte doch ein wenig länger gedauert, weil meine lila
Punkfrisur meine Glaubhaftigkeit in der Rolle der Mitarbeiterin des Jugendamtes
möglicherweise behindert hätte. Und da mein Outfit seine Wirkung als Tarnung
bei den Straßenkids dank Staschek sowieso verloren hatte, hatte ich kurzerhand
die andere Hälfte meiner Mähne auch noch gekürzt und die lila Tönung
ausgewaschen.

    Obwohl die linke Seite meiner Frisur in den letzten Tagen
ein paar Millimeter nachgewachsen war, ließ mein superkurzer Blondschopf immer
noch eine Krebserkrankung vermuten. Um diesen Eindruck zu mildern, schminkte
ich meine Augen übertrieben dunkel und klemmte ein paar Silberklips an meine
Ohrläppchen. Ein Look, der dank einer Castingshow-Jurorin neuerdings populär
geworden war.

    Das Reihenhaus der Casparis hob sich deutlich von der
langen Reihe schmaler Häuserfronten ab. Während rechts und links der
schmuddelige Putz bröckelte, leuchtete Engels Elternhaus reinweiß. Die Beete im
Vorgarten waren mit Rindenmulch winterfest gemacht worden, die blattlosen
Büsche sorgfältig heruntergeschnitten. Sogar die Fußmatte, auf der wir standen,
schien frisch gewaschen, der schwarze Schriftzug Willkommen war gut erkennbar.

    Alles hier wirkte sehr ordentlich. Für meinen Geschmack
viel zu ordentlich für ein Zuhause, aus dem ein Kind floh, um auf der Straße zu
leben. Ich hatte einen Sozialbau mit siebenundvierzig Wohnungen erwartet. Oder
eine Nobelvilla, der man den krankhaften Ehrgeiz der Eltern schon von der
Straße aus ansah.

    Meine Fantasie ließ solchen pathologischen Protz aus den
hellgrauen Winterwolken auftauchen und über dem Doppelhäuschen schweben.

    Eine Villa hinter
einer akkurat geschnittenen Hecke. Eine gepflasterte Einfahrt, die zwischen den
Bäumen der parkähnlichen Gartenanlage auf die Doppelgarage zuführt. Marmorstufen
vor dem Eingang. Vierklanggong. Eine überschlanke Blondine in der schweren
Massivholztür, in ein bodenlanges Kleid gehüllt, das weder zur Jahres- noch zur
Tageszeit passt.

    Die Frau legt den
Kopf schief, mustert mich einen Augenblick mit verwunderten, blauen Augen in
einem botox-geglätteten Gesicht: »Lila?«

    Keine Fantasie, begriff ich, sondern mein ganz eigener
Albtraum.

    Hastig drückte ich die Klingel.

    Es dauerte eine Weile, bis ein atemloses Männchen öffnete.
Seine Hose hatte er mit blauen Hosenträgern so hochgezerrt, dass Ringelsocken
in Hausschuhen unten herausragten. Das Hemd war faltenfrei gebügelt und das
kantige Gesicht sorgfältig rasiert. Die an den Schläfen und Stirn gelichteten
Haare hatte der Mann glatt nach hinten gekämmt.

    Â»Danner, Jugendamt. Meine Kollegin Frau Ziegler. Sie sind
Herr Caspari?«

    Â»Ja, ja.« Der Glattgebügelte nickte eifrig. »Kommen Sie
nur herein.«

    Als er den Kopf zur Seite drehte, erkannte ich Engels
Stupsnase. Zu einem Mann wollte sie nicht richtig passen.

    Er führte uns durch einen engen, aufgeräumten Flur an
einer offen stehenden Tür vorbei. Eine kleine Küche mit Sitzecke und blank
polierter Spüle. Als wollte er demonstrieren, dass er nicht verwahrlost war.

    Neben der Küche blickte ich – in Engels Kinderzimmer?
Tatsächlich war es ein Kinderzimmer. Mit rosa Tapeten, Bravo-Girl- Zeitungen auf dem Nachtschrank, DSDS-Poster an den
Wänden und – einer Barbie-Villa in der Ecke!?

    Ich blinzelte. War dieses rosa Teenie-Reich wirklich das
Zimmer von Engel, dem schwangeren Straßenkind im deprimierenden Vampir-Outfit?

    Selbst wenn Engel schon ein Jahr auf der Straße war, wie
sie gesagt hatte, war sie bereits vierzehn gewesen, als sie hier verschwand.
Spielte man mit vierzehn noch mit Barbies? Ich war

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