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Fliege machen

Fliege machen

Titel: Fliege machen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
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doller draufhauen kann, hat
das Sagen. Da war Dicke ja bestens auf das Leben auf der Straße vorbereitet
worden.

    Danner verschränkte die Arme vor der Brust. Ich trat neben
ihn. Dadurch lenkten wir Max von seiner Mutter ab. Seine wütenden Augen sausten
von mir zu Danner. Er schnaufte zornig, stampfte zur Wohnzimmertür hinaus und
knallte sie hinter sich zu, dass die Glasscheibe darin klirrte.

    Endlich hatte der Lärmpegel ein erträgliches Maß angenommen.
Nur die Talkshowteilnehmer im Fernsehen zeterten weiter. Dickes Mutter machte
keine Anstalten, den Apparat auszuschalten. Sie schien das Geplärre gar nicht
wahrzunehmen.

    Mit einem knappen Kopfnicken deutete die Frau auf das
frei gewordene Sofa.

    Danner und ich nahmen nebeneinander Platz. Das Sitzmöbel
war alt und die Polster vom Gewicht der Bewohner so durchgesessen, dass sie
unter unseren Hintern nachgaben und ich einen Augenblick lang fürchtete, auf
den Boden durchzusacken. Wir saßen aneinandergedrückt wie in einer Hängematte.

    Weil das Sofa die einzige Sitzgelegenheit war, blieb die
Quadratische stehen: »Was wollen Sie?«

    Â»Ãœber Ihre Tochter sprechen.«

    Â»Da gibt’s nix zu sprechen. Über die wissen Se selbst
mehr als ich.«

    Â»Miriam lebt seit vier Jahren auf der Straße?!«, begann
ich.

    Â»Und seitdem hab ich die nicht mehr gesehen. Und das ist
auch gut so, meine Kohle brauch ich selber. Die weiß genau, dasse hier nich
mehr aufschlagen brauch«, schnappte die Frau.

    Â»Wieso ist sie damals abgehauen?«

    Â»Sie ist nicht abgehauen.«

    Ich runzelte die Stirn. »Nein?«

    Â»Nein. Ich hab sie rausgeschmissen. Die Miriam war noch
schlimmer als der Max. Wenn der was nicht gepasst hat, hat se zugehauen.«

    Â»Ihre Tochter hat Sie geschlagen?«, begriff Danner.

    Â»Die hat uns alle terrorisiert. Die konnte meinen Typen
nicht leiden, den Erzeuger von den beiden Kleinen. Als ich mit dem zusammen
bin, hat se nur noch Stress gemacht. Dabei hat se immer gekriegt, was se
wollte. Zum Schluss sogar ’ne eigene Wohnung. Sie is hier gleich nebenan eingezogen.«

    Samt eigenem Telefonanschluss. Und in den vergangenen
vier Jahren hatte sich niemand die Mühe gemacht, den Eintrag im Telefonbuch zu
ändern.

    Â»Jetzt wohnt da der Max.« Dickes Mutter zündete sich eine
Zigarette an. »Als der Macker weg war, meinte se nur, sie hätt mir ja die ganze
Zeit gesagt, dass der ein Arschloch ist. Und dann wollte sie immer nur Geld,
Geld, Geld. Dat jeht nicht mitter Stütze. Als ich ihr den Hahn zugedreht hab,
hat sie mir ein Messer in den Rücken gesteckt.«

    Hammerhart.

    Einen Augenblick lang bildete ich mir ein, die kleinen Augen
der Mutter in Tränen schwimmen zu sehen. Aber sie lagen zu tief in dem
fleischigen Gesicht verborgen, als dass ich hätte sicher sein können.

    Â»Ich hab drei Wochen im Krankenhaus gelegen, die Kinder
waren im Heim. Ich hab ihr gesagt, sie soll verschwinden, bevor ich wieder nach
Hause komme. Seitdem isse weg.«

    Â 
    Als wir die Wohnung verließen, war ich traurig.

    Wahrscheinlich schlug die Dicke-Mutter die Kleineren. Und
wenn die größer wurden, würden sie den Spieß umdrehen und die Mutter
verdreschen, so wie Dicke es getan hatte und ihr Bruder Max es wahrscheinlich
auch schon machte.

    Sicher drohte der Dicken aber durch ihre Mutter keine
Gefahr, eher umgekehrt. Das war das Problem mit dem Recht des Stärkeren: Dumm
gelaufen, wenn man nicht selbst der Stärkste war.

    Â 
    Pünktlich um neun kam Staschek in die Kneipe.

    Nach einer kurzen Meinungsverschiedenheit mit Mücke, dem
knurrenden Läuselieferanten, zog sich Staschek einen weiteren Stuhl an den
Tisch. »Das Biest ist ja immer noch da, Molle.«

    Molle bedachte den Kommissar mit einem strengen Blick
über seine Brille hinweg: »Du bist ja schon wieder da, Lenny.«

    Staschek ließ sich gereizt auf den Stuhl plumpsen. Das
alte Holz knackte und der Hund beschwerte sich bellend. Rasch rückte der
Kommissar ein Stück zur Seite.

    Â»Und?«, wandte er sich ungeduldig an mich. »Hast du die
Namen endlich?«

    Allein wegen seiner schlechten Laune bekam ich schon
Lust, seine Ermittlungen weiter zu behindern. Aber er hatte uns ja bezahlt.

    Â»Caspari und Meier«, murrte ich.

    Â»Meier?«, stöhnte Staschek. »Da ist mir ja ›Motzki oder
so ähnlich‹ lieber.«

    Â»Locker bleiben, Lenny.«

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