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Fliegende Fetzen

Fliegende Fetzen

Titel: Fliegende Fetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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enträtseln versuchten…
    So war es damals gewesen, als sich niemand um die Wache scherte und Wächter eigentlich nur versuchten, Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen. Damals hatte es nicht viel zu tun gegeben.
    Das stimmt nicht, widersprach eine innere Stimme. Damals gab es ebensoviel zu tun wie heute. Ihr habt euch nur nicht darum gekümmert.
    Mumm spürte das Gewicht des offiziellen Schlagstocks in der besonderen Tasche, die Sybil seiner Hose hinzugefügt hatte. Warum ist es nur ein Stück Holz? hatte er sich gefragt, als er das Objekt zum erstenmal sah. Warum kann es nicht ein Schwert sein? Das Schwert symbolisiert Macht…
    Und dann begriff er, warum es kein Schwert sein konnte.
    »Heda, braver Bürger! Darf ich fragen, was dich in dieser ungemütlichen Nacht hierher führt?«
    Mumm seufzte. Das Licht einer Laterne erschien in der Dunkelheit, umgeben von einem Heiligenschein aus Wasser.
    Heda, braver Bürger…
Es gab nur eine Person in der Stadt, die solche Worte benutzte und sie auch ernst meinte.
    »Ich bin’s, Hauptmann.«
    Das Licht kam näher und erhellte das feuchte Gesicht von Hauptmann Karotte. Der junge Mann salutierte so zackig, daß selbst der kritischste Ausbilder begeistert gewesen wäre. Um drei Uhr nachts, dachte Mumm.
    »Was machst du hier, Herr Kommandeur?«
    »Ich wollte nur… einige Dinge überprüfen«, antwortete Mumm.
    »Das hättest du mir überlassen können«, sagte Karotte. »Delegieren ist der Schlüssel zur erfolgreichen Kommandoführung.«
    »Tatsächlich?« erwiderte Mumm verdrießlich. »Meine Güte, man lernt nie aus.« Und du lernst ziemlich schnell, dachte Mumm im stillen Kämmerlein seines Kopfes. Gleichzeitig war er
fast
davon überzeugt, ungerecht und dumm zu sein.
    »Wir sind so gut wie fertig, Herr Kommandeur. Alle leeren Gebäude haben wir kontrolliert. Eine Sondereinheit bewacht die Route, und die Wasserspeier klettern so hoch wie möglich. Du weißt ja, wie gut sie beobachten können.«
    »
Die
Wasserspeier? Ich dachte, wir hätten nur den Obergefreiten Abfluß…«
    »Und jetzt auch den Obergefreiten Fenstergiebel, Herr Kommandeur.«
    »Einer von deinen Leuten?«
    »Einer von unseren, Herr Kommandeur. Du hast die Aufnahmepapiere unterschrieben.«
    »Oh. Ja, natürlich. Das habe ich bestimmt. Verdammt!«
    Wasser strömte aus einer Rinne, die nicht noch mehr Regen aufnehmen konnte. Ein Windstoß griff danach und ließ die Nässe in Mumms Kragen verschwinden.
    »Es heißt, die neue Insel bringt alle Luftströmungen durcheinander«, meinte Karotte.
    »Nicht nur die Luft«, erwiderte Mumm. »Wenn du mich fragst: Es herrscht ziemlich viel Aufregung wegen einiger Quadratkilometer Schlamm und Ruinen! Wen kümmert so etwas?«
    »Angeblich ist die Insel strategisch sehr wichtig«, sagte Karotte. Die beiden Männer setzten sich in Bewegung und gingen nebeneinander her.
    »Strategisch wichtig wofür? Derzeit führen wir gegen niemanden Krieg. Ha! Aber vielleicht ziehen wir wegen einer blöden Insel in den Krieg, die nur im Falle eines Krieges Bedeutung hat.«
    »Oh, der Patrizier wird das Problem heute lösen«, verkündete Karotte fröhlich. »Wenn sich vernünftige Leute mit gutem Willen an einen Tisch setzen, lassen sich alle Meinungsverschiedenheiten überwinden.«
    Davon ist er wirklich überzeugt, dachte Mumm niedergeschlagen. »Weißt du viel über Klatsch?« fragte er.
    »Ich habe ein wenig darüber gelesen, Herr Kommandeur.«
    »Dort soll es sehr sandig sein.«
    »Ja, Herr Kommandeur. Davon habe ich gehört.«
    Irgendwo krachte etwas, und ein Schrei erklang. Wächter wurden schon nach kurzer Zeit zu Spezialisten für Schreie. Für einen wahren Kenner gab es erhebliche Unterschiede zwischen »Ich bin betrunken, habe mir gerade selbst auf die Finger getreten und kann nicht aufstehen« und »Achtung, er hat ein Messer«.
    Mumm und Karotte liefen los.
    Licht kam aus einer schmalen Seitenstraße. Hastige Schritte entfernten sich und verschwanden in der Nacht.
    Flackernder Schein fiel durch ein zertrümmertes Fenster. Mumm wankte durch die Tür, streifte den nassen Umhang ab und warf ihn auf das Feuer, das mitten im Zimmer brannte.
    Es zischte, dann roch es nach heißem Leder.
    Mumm trat zurück und versuchte festzustellen, wo er sich befand.
    Leute starrten ihn an. Ein Teil von ihm sammelte ganz automatisch Hinweise: Turban, Bart, die Frau, ihr Schmuck…
    »Woher kam er? Wer ist dieser Mann?«
    »Äh… guten Morgen?« sagte Mumm. »Hier scheint es einen Zwischenfall

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