Fliegende Fetzen
später ließ donnernder Applaus die Wände des Raums erzittern.
Mumm schnitt eine Grimasse.
»Sehr inspirierend, Herr Kommandeur!« rief Karotte, als das Klatschen noch lauter wurde.
Regen strömte auf Ankh-Morpork herab. Er füllte die Dachrinnen und Gossen, floß über ihre Ränder und wurde vom Wind fortgetragen. Nach Salz schmeckte er.
Die Wasserspeier hatten ihre schattigen Tagesplätze verlassen und hockten nun auf Türmen und Vorsprüngen, streckten Ohren und Flügel aus, um alles Eßbare aus den Fluten zu filtern. Es war bemerkenswert, was auf Ankh-Morpork herabfallen konnte. Niemand verlor ein Wort darüber, wenn es kleine Fische und Frösche regnete, aber Bettgestelle erregten doch Aufmerksamkeit.
Aus einer schadhaften Regenrinne spritzte der Regen am Fenster von Ostie Brunt vorbei, der auf dem Bett saß, weil es im Zimmer weder Stühle noch andere Einrichtungsgegenstände gab. Derzeit machte ihm das nichts aus. In ein oder zwei Minuten ärgerte er sich vielleicht darüber – oder vielleicht auch nicht.
Ostie war keineswegs verrückt. Freunde hätten ihn als ruhigen Burschen bezeichnet, der gern allein blieb, aber solche Beschreibungen blieben aus, da er keine Freunde hatte. Nun, es
gab
einige Männer, die am Dienstagabend den Schießstand aufsuchten, um sich im Umgang mit Pfeil und Bogen zu üben, und manchmal begleitete er sie anschließend in eine Taverne und hörte dort ihren Gesprächen zu. Einmal hatte er gespart, um eine Runde zu spendieren, obwohl sie sich vermutlich nicht daran erinnerten, oder sie würden vielleicht sagen: »Oh… ja… Ostie.« Auf diese Weise sprachen die Leute von ihm. Sie neigten dazu, ihm ebensowenig Beachtung zu schenken wie leerem Raum.
Er war nicht dumm. Er dachte ein wenig über die Dinge nach. Manchmal saß er stundenlang da und starrte an die gegenüberliegende Wand, wo sich in feuchten Nächten Regenflecken zeigten. Bei solchen Gelegenheiten zeichnete er in Gedanken Karten von Klatsch.
Jemand hämmerte an die Tür. »Herr Brunt? Kann ich hereinkommen?«
»Derzeit habe ich zu tun, Frau Geifer«, erwiderte er. Hastig schob er den Bogen und die Zeitschriften unters Bett.
»Es geht um die Miete!«
»Ja, Frau Geifer?«
»Du kennst meine Regeln!«
»Ich bezahle morgen, Frau Geifer«, sagte Ostie und sah zum Fenster.
»Bis Mittag, bar auf die Hand. Sonst sitzt du auf der Straße!«
»Ja, Frau Geifer.«
Er hörte, wie sie die Treppe hinunterstapfte.
Ganz langsam zählte er bis fünfzig, griff dann unters Bett und holte den Bogen wieder hervor.
Angua war mit Nobby auf Streife. Von einer idealen Einteilung konnte man in diesem Zusammenhang nicht sprechen, aber Karotte mußte sich um andere Aufgaben kümmern, und in solchen Nächten hatte der für den Dienstplan verantwortliche Fred Colon das geradezu unheimliche Glück, für die Büroarbeit eingeteilt zu sein.
»Wenn ich über eine persönliche Angelegenheit mit dir reden dürfte…«, fragte Nobby, als sie Türklinken ausprobierten und mit ihren Laternen in dunkle Gassen leuchteten.
»Ja, Nobby?«
»Es geht um eine sehr persönliche Angelegenheit.«
»Oh.«
»Ich würde Fred fragen, aber ich fürchte, er würde das nicht verstehen, im Gegensatz zu dir. Ich meine, immerhin bist du eine Frau und so. Zumindest die meiste Zeit über.«
»Worum geht’s, Nobby?«
»Um meine… äh… sexuelle Natur.«
Angua schwieg. Regen prasselte auf Nobbys schlecht sitzenden Helm.
»Es wird Zeit, daß ich der Sache ganz offen in die Augen sehe.«
Angua verfluchte ihr gutes Vorstellungsvermögen.
»Und… äh… wie willst du das anstellen, Nobby?«
»Ich meine, ich habe mir das eine oder andere bestellt. Zum Beispiel Cremes.«
»Cremes«, wiederholte Angua.
»Zum Einreiben«, erklärte Nobby.
»Einreiben.«
»Und ein Ding, mit dem man übt…«
»Bei den Göttern…«
»Verzeihung?«
»Was? Oh… mir ist nur gerade etwas eingefallen. Ich bin ganz Ohr. Übungen?«
»Ja. Um den Bizeps zu entwickeln und so.«
»Ach,
Übungen.
Im Ernst?« Nobby schien überhaupt keinen nennenswerten Bizeps zu haben. Eigentlich gab es kaum etwas, woran diese Muskeln sitzen konnten. Irgendwo mußten Arme existieren, denn die Hände waren an den Schultern befestigt, aber mehr konnte man beim besten Willen nicht sagen.
Entsetztes Interesse übernahm die Kontrolle von Anguas Mund.
»
Warum,
Nobby?«
Er senkte verlegen den Blick.
»Nun… ich meine… du weißt schon… Frauen und so…«
Angua beobachtete erstaunt, wie
Weitere Kostenlose Bücher