Fliegende Fetzen
aus den Bürgern. Und die
Bürger klammern sich an ihren Vermögen fest.
Er spürte, wie der Wind aus einer anderen Richtung wehte.
Vetinari beobachtete ihn.
Und in den Augen von General Ashal stand eine gewisse Sehnsucht…
»Ich schließe mich Lord Rusts Standpunkt an«, sagte Mumm. »Da-
durch wird der gute Name von Ankh-Morpork in den Schmutz gezo-
gen.« Zu seiner großen Überraschung schaffte er es, diese Worte auszu-
sprechen, ohne dabei zu lächeln.
»Wir verlieren nichts, Gebieter«, betonte General Ashal. »Der Gegner
zieht sich aus Klatsch und von Leshp zurück…«
»Kommt überhaupt nicht in Frage!« heulte Lord Rust.
»Ganz meiner Meinung«, sagte Mumm. »Sol etwa die ganze Welt er-
fahren, daß wir besiegt worden sind? Daß man uns überlistet hat?«
Er beobachtete den Prinzen, dessen Blick von Gesicht zu Gesicht glitt.
Gelegentlich starrte er ins Leere und schien dabei etwas tief in seinem
Innern zu betrachten.
»Zweihundertfünfzigtausend genügen nicht«, sagte der Prinz.
Lord Vetinari zuckte mit den Schultern. »Wir können darüber verhan-
deln.«
»Es gibt viele Dinge, die ich kaufen muß.«
»Vermutlich Dinge, die zu einem großen Teil aus scharfem Metal be-
stehen«, entgegnete Vetinari. »Nun, wenn wir nicht von Geld sprechen,
sondern von Warenlieferungen… Da ist durchaus Raum für eine gewis-
se… Flexibilität…«
Bald bekommt er Waffen von uns, dachte Mumm.
»In einer Woche jagen wir dich aus der Stadt!« rief Rust.
Mumm glaubte zu sehen, wie der General kurz lächelte. Ankh-
Morpork ohne Vetinari, von Leuten wie Rust regiert… Er freute sich auf
eine glänzende Zukunft.
»Natürlich muß das Kapitulationsdokument in der Anwesenheit von
Zeugen ratifiziert werden«, sagte Ashal.
»Darf ich Ankh-Morpork vorschlagen?« meinte Lord Vetinari.
»Neutrales Territorium wäre geeigneter«, erwiderte der General.
»Aber wo gibt es einen solchen Ort, zwischen Klatsch und Ankh-
Morpork?« fragte Vetinari.
»Nun, wie wäre es mit Leshp?« gab Ashal nachdenklich zurück.
»Eine ausgezeichnete Idee«, lobte der Patrizier. »Darauf wäre ich nicht
gekommen.«
»Die Insel gehört uns ohnehin!« sagte der Prinz scharf.
»Sie wird uns gehören, Gebieter, sie wird uns gehören«, wandte sich der General in beruhigendem Tonfal an ihn. »Wir nehmen sie in Besitz. Auf
ganz legale Art und Weise. Während die Welt zusieht.«
»Und damit hat es sich?« warf Mumm ein. »Was ist mit den Verhaftun-
gen? Ich…«
»Dies sind Staatsangelegenheiten«, sagte Vetinari. »Und außerdem gibt
es… diplomatische Erwägungen. Ich fürchte, bei der Neugestaltung der
internationalen Ordnung können wir keine Rücksicht darauf nehmen,
wie du das Verhalten eines einzelnen Mannes beurteilst.«
Erneut hatte Mumm das Gefühl, daß es einen Unterschied gab zwi-
schen den Worten, die er hörte, und denen, die tatsächlich ausgespro-
chen wurden.
»Ich werde nicht zulassen…«, begann er.
»Es geht hier um wichtigere Dinge.«
»Aber…«
»Trotzdem hast du erstklassige Arbeit geleistet.«
»Es gibt große und kleine Verbrechen, nicht wahr?« fragte Mumm.
»Warum gönnst du dir nicht ein wenig Ruhe, Sir Samuel?« Lord Veti-
nari zeigte eins seiner blitzschnel en Lächeln. »Du bist ein Mann der Tat, daran gewöhnt, Verbrecher zu verfolgen, mit Schwertern und Fakten
umzugehen. Doch für diese Angelegenheit sind Männer des Wortes zu-
ständig, die sich auf den Umgang mit Versprechen, Mißtrauen und Mei-
nungen verstehen. Für dich ist der Krieg vorbei. Genieß den Sonnen-
schein. Bald kehren wir al e heim. Du sol test noch ein wenig bleiben,
Lord Rust…«
Mumm begriff, daß ihn der Patrizier fortgeschickt hatte. Ruckartig
drehte er sich um und verließ das Zelt.
Ahmed folgte ihm. »Das ist dein Herr, nicht wahr?«
»Nein! Er ist nur der Mann, der mich bezahlt!«
»Es ist oft sehr schwer, den Unterschied auszumachen«, sagte Ahmed
voller Anteilnahme.
Mumm setzte sich in den Sand. Er wußte gar nicht, wie er sich bisher
auf den Beinen gehalten hatte. Es gab jetzt eine gewisse Zukunft. Er
wußte nicht, was sie ihm und allen anderen bescheren mochte, aber es
gab eine. Noch vor fünf Minuten hatte die Sache ganz anders ausgesehen.
Er verspürte den Wunsch, mit jemandem zu reden – damit er nicht über
die Todesbotschaften des Disorganizers nachdenken mußte. So genaue
Angaben…
»Was wird mit dir geschehen?« fragte er, um den letzten Gedanken zu
vertreiben.
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