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Fliegende Fetzen

Fliegende Fetzen

Titel: Fliegende Fetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Sir Samuel.«
    Prinz Cadram sah Mumm an und lächelte. »Möchtest du etwas Kaffee,
    während du über deine nächsten Schritte nachdenkst?« Seine einladende
    Geste galt einer verzierten silbernen Kanne auf dem Tisch.
    »Wir haben Beweise«, sagte Mumm. Gleichzeitig spürte er, wie die
    Welt unter ihm schrumpfte und sich aufzulösen drohte. Es mag durch-
    aus einen Sinn haben, al e Brücken hinter sich abzubrechen, aber dabei
    sollte man besser nicht auf ihnen stehen.
    »Tatsächlich? Faszinierend. Und wem willst du die Beweise zeigen, Sir
    Samuel?«
    »Wir müssen ein Gericht finden.«
    »Interessant. Viel eicht ein Gericht in Ankh-Morpork? Oder eines
    hier?«
    »Jemand hat mich darauf hingewiesen, daß die Welt zusieht«, sagte
    Mumm.
    Es war still, abgesehen von Karottes dumpfer Stimme und dem gele-
    gentlichen Summen einer Fliege.
    »… Bimmel-bimmel-bamm…« In der Stimme des Disorganizers ließ
    sich jetzt kein munteres Quieken mehr vernehmen. Sie klang müde und
    verwirrt.
    Köpfe drehten sich.
    »Sieben Uhr morgens… Verteidigung am Flußtor organisieren… Sie-
    ben Uhr fünfundzwanzig… Nahkampf in der Pfirsichblütenstraße…
    Sieben Uhr achtundvierzig… undvierzig… undvierzig… Überlebende
    auf dem Hiergibt’salles-Platz versammeln… Heutige Aufgaben: Barrika-
    den bauen bauen bauen…«
    Mumm fühlte Bewegung hinter sich, und kurz darauf nahm er leichten
    Druck wahr. Ahmed stand Rücken an Rücken mit ihm.
    »Worüber redet das Ding da?«
    »Keine Ahnung. Klingt nach einer anderen Welt.«
    Er spürte, wie die Ereignisse einer fernen Mauer entgegenrasten.
    Schweiß brannte ihm in den Augen. Er konnte sich nicht daran erinnern,
    wann er zum letztenmal richtig geschlafen hatte. In seinen Beinen zuckte
    es. Seine Arme schmerzten, und das Gewicht der schweren Armbrust
    drückte sie nach unten.
    »… bimmel… Acht Uhr zwei, Tod von Korporal Kleinpopo… Acht
    Uhr drei… Tod von Feldwebel Detritus… Acht Uhr dreidreidrei und
    sieben Sekunden… Tod von Obergefreiter Besuch… Acht Uhr drei und
    neunneunneun Sekunden… Tod von Tod von Tod von…«
    »Es heißt, einer deiner Vorfahren hätte in Ankh-Morpork einen König
    getötet«, sagte der Prinz. »Und auch mit ihm nahm es kein gutes Ende.«
    Mumm hörte gar nicht zu.
    »… Tod von Obergefreiter Dorfl… Acht Uhr drei und vierzehnzehn-
    zehn Sekunden…«
    Die Gestalt auf dem Thron schien sich zu dehnen und die ganze Welt
    zu füllen.
    »… Tod von Hauptmann Karotte Eisengießersohn… bimmel…«
    Und Mumm dachte: Fast hätte ich mich nicht auf den Weg gemacht.
    Fast wäre ich in Ankh-Morpork geblieben.
    Er hatte sich immer gefragt, was Altes Steingesicht an jenem kalten
    Morgen empfunden haben mochte, als er die Axt nahm, die ohne den
    Segen der Justiz blieb, weil der König nicht einmal dann ein Gericht an-
    erkannt hätte, wenn irgendein Richter bereit gewesen wäre, seinen Fal
    zu verhandeln. Welche Gefühle regten sich an jenem kalten Morgen in
    Altes Steingesicht Mumm, als er sich anschickte, das zu durchtrennen,
    was viele Leute für eine Verbindung zwischen Menschen und dem Gött-
    lichen hielten…?
    »… bimmel… Aufgaben heute Aufgaben heute: Sterben…«
    Die Empfindung floß ihm wie warmes Blut durch die Adern. Solche
    Gefühle stellten sich ein, wenn einem die Gesetze ausgingen, wenn man
    in das spöttische Gesicht jenseits davon blickte und den Eindruck ge-
    wann, unmöglich weiterleben zu können, wenn man nicht über die Linie
    trat und erledigte, was erledigt werden mußte…
    Stimmen erklangen draußen. Mumm blinzelte den Schweiß fort.
    »Ah… Kommandeur Mumm…«, sagte jemand, den er an diesem Ort
    gewiß nicht erwartet hätte.
    Er blickte weiterhin den Prinzen an. »Ja?«
    Eine Hand zuckte vor und nach unten und nahm den Bolzen aus der
    Rille. Mumm blinzelte erneut, und sein Zeigefinger zog ganz automatisch
    den Auslöser. Die Sehne der Armbrust surrte. Und der Gesichtsausdruck
    des Prinzen, so wußte Mumm, würde ihm in kalten Nächten Wärme
    spenden. Fal s es jemals wieder kalte Nächte für ihn gab.
    Er hatte gehört, wie sie al e starben. Aber sie waren nicht tot. Doch das verdammte Ding hatte jeweils den genauen Zeitpunkt genannt…
    Lord Vetinari ließ den Bolzen fallen, wie etwas, das ihn mit Abscheu
    erfül te. So verhielten sich Damen der Gesel schaft, wenn sie mit etwas
    Klebrigem fertig werden mußten.
    »Gute Arbeit, Mumm. Wie ich sehe, hast du den Esel bis zur Spitze des
    Minaretts geführt. Guten

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