Fliegende Fische Band (Junge Liebe ) (German Edition)
mit einer Hand und werkelt mit der anderen an der Tasche mit den CDs, bis Daniel ihm die Tasche wegnimmt.
„Du fährst, ich mache den Rest“, befiehlt er.
„Okay“, sagt Mick. „Alles, was ich will?“
„Äh. Na ja. Kommt drauf an.“
„Bläst du mir einen?“
„Hmm … nicht, so lange du fährst.“
„Irgendwann werden wir anhalten.“
Kopfschüttelnd kramt Daniel die CDs aus der Tasche, sieht sie durch und schiebt eine davon in den Player, eine unbeschriftete, offensichtlich gebrannt.
Er ist heute für Überraschungen zu haben.
„Metallica.“ Mick braucht nicht mehr als den ersten Akkord, um die Musik zu erkennen. „Ich wusste doch, dass unter dieser soften Hülle ein ganz harter Kern steckt.“
Mick dreht die Lautstärke auf und tritt das Gaspedal durch. Daniel schließt die Augen. Unter seiner linken Hand fühlt sich Micks Oberschenkel warm und vertraut an und als Mick seine Finger mit Daniels Fingern verschränkt, denkt Daniel, dass er tatsächlich aufhören kann, nachzudenken.
Das Universum ist eine Autobahn, ein Auto und Mick.
Eine Stunde später ist im Universum das Benzin alle und Mick fährt bei einem Autohof raus, um zu tanken. Sie haben wenig gesprochen, auch Mick ist ruhiger geworden. Es war völlig ausreichend, sich bei den Händen zu halten und gelegentlich einen Blick zu tauschen. Die Musik aus dem CD-Player hat den Rest erledigt.
Die Tankstelle ist in grellem Blau beleuchtet und schwebt wie ein Ufo in der Dunkelheit. Daniel sieht auf die Uhr. Halb zwei morgens. Während Mick tankt und zum Bezahlen reingeht, holt Daniel sein Handy raus und tippt eine SMS an Lilli.
Sind unterwegs. Bitte sag meiner Ma Bescheid (Fische füttern). Keine Sorge, alles ist gut. D.
Er sieht sein eigenes Gesicht im Außenspiegel, blass und etwas kränklich im grellen Tankstellenlicht. Wirre Haare drumherum und eine große, ungünstig ausgeleuchtete Höckernase in der Mitte.
Und doch der schönste Mensch der Welt, für einen anderen.
Zumindest einen Augenblick lang.
Mick kommt zurück, steigt mit seinen langen Beinen über eine ölige Pfütze und balanciert zwei Pappbecher und eine Handvoll Schokoriegel vor sich her. Daniel lässt seine Scheibe runter und nimmt ihm die Becher ab.
„Frühstück“, sagt Mick, geht um das Auto herum und setzt sich wieder hinters Steuer. „Der mit dem schwarzen Deckel ist ohne Zucker.“
„Wie weit willst du denn heute noch fahren?“, erkundigt sich Daniel, als Mick das Auto aus der Tankstelle lenkt.
„Keine Ahnung.“
„Bist du nicht müde?“
„Geht so. Irgendwie schon, aber ich weiß nicht, ob ich schlafen kann.“
Mit einer Hand und den Zähnen reißt Mick sich einen Schokoriegel auf, spuckt ein bisschen Silberpapier aus und klemmt sich den Riegel zwischen die Zähne wie eine Zigarette.
„Mach mal eine andere CD rein“, sagt er. „Die in der Papphülle.“
Daniel kommt der Aufforderung nach, während der aufgetankte BMW wieder beginnt, Kilometer zu fressen. Es ist ruhige Musik; sparsame Instrumente und eine zerbrechliche Frauenstimme, Mick greift kauend hinüber und regelt die Lautstärke nach unten. Daniel fragt sich, ob das heißen soll, dass Mick reden will.
Für eine Weile lauscht er der Musik und schaut hinaus in die Dunkelheit jenseits des Scheinwerferlichts. Manchmal entstehen dort winzige, rote Lichtpunkte, schwellen an zu Rücklichtern, krallen sich für einen Augenblick an der Seitenscheibe fest und werden dann doch am BMW vorbei in die Nacht gesogen. Micks rechte Hand liegt locker auf dem Lenkrad; mit der linken pult er das Silberpapier von dem Schokoriegel. Gedankenverloren lutscht er die Schokolade von der Füllung und Daniel sieht ihm zu.
„Wo warst du?“, fragt er irgendwann.
„Huh?“, sagt Mick.
„In den letzten zwei Wochen. Wo hast du gewohnt?“
„Bei einem Kumpel.“
„Okay … aber bei welchem?“
„Kennst du nicht.“
„Erzähl mal.“
„Bist du eifersüchtig?“
„Gibt es denn einen Grund für mich, eifersüchtig zu sein?“
„Nein. Wirklich nicht.“
So wie Mick das sagt, glaubt Daniel ihm, aber er spürt auch, dass Mick etwas verbirgt.
„Warum bist du nicht mehr zur Schule gekommen?“, fragt er, vielleicht aus Angst, tiefer zu gehen. „Ich habe auf dich gewartet.“
„Warum?“
„Was, warum?“
„Warum hast du gewartet? Du hast mich rausgeworfen. Ich dachte, du wolltest mich nie wieder sehen.“
„Wenn es nur so einfach wäre, Mick.“
„Ist es das nicht? Ich dachte, du hast es dir
Weitere Kostenlose Bücher