Fliegende Fische Band (Junge Liebe ) (German Edition)
muss ihnen genau sagen, was man von ihnen will.“
„Oh. Vielen Dank.“
„Du machst das schon. Verlass dich einfach auf dein Gefühl.“
„Wie soll ich das denn machen? Mein Gefühl ist Murks!“
Lilli lacht.
„Fahr hin“, sagt sie. „Das würde ich vielleicht machen. Hol ihn von seiner Bandprobe ab und dann lass den Abend auf dich zukommen. Denk nicht so viel nach.“
„Ich versuch’s“, verspricht Daniel, nicht sonderlich überzeugt.
Und dann, obwohl es sich immer noch fremd anfühlt, als würde er sich einen seltsam packenden Film ansehen, in dem er selbst die Hauptrolle spielt, dann ist er schließlich doch auf dem Weg in das Industriegebiet, wo die Band ihren Probenraum gemietet hat. Es ist zehn nach acht und Daniel weiß nicht, ob dort überhaupt noch jemand ist.
Während er an Lagerhäusern und Baumärkten entlang radelt, grübelt er über einem möglichst coolen Begrüßungssatz.
„Hi, ich war gerade in der Gegend.“
Klar. Hier am Ende der Welt.
„Ich habe den ganzen Nachmittag an dich gedacht.“
Zumindest nicht gelogen, aber Daniel denkt, dass er wohl noch sehr viel schwuler werden muss, ehe ihm solche Sätze über die Lippen gehen. Vielleicht auch nie.
Es ist ein Problem, dass er gar nicht weiß, wie man sich als Schwuler zu verhalten hat. Ihm fehlt ein Vorbild.
Und dann auch noch vor Publikum. Wenn Mick noch da ist, sind es die anderen Bandmitglieder auch. Wer weiß, ob die es wissen. Wer weiß, ob Mick will, dass sie es wissen.
Irgendwie war alles viel einfacher, bevor sie angefangen haben, sich zu küssen.
Daniel ist noch zu keinem Ergebnis gekommen, als er sein Fahrrad vor dem Gebäude der Handwerkskammer abstellt und nach hinten in den Hof geht, wo der Kellereingang ist.
Unter der Tür trifft er auf Kathy, die Bassistin, die ihm bedauernd erklärt, die Probe wäre schon vorbei, die Hälfte der Band schon weg.
„Wir proben morgen wieder“, bietet sie ihm an. „Falls du zuhören willst. Wenn es nach Mick geht, proben wir jetzt jeden Tag, bis zum Festival.“ Sie rollt die Augen.
„Ist er noch da?“, fragt Daniel und bemüht sich, so lässig wie möglich rüberzukommen, während er schon wieder spürt, wie er vor Aufregung rot anläuft. Das Licht ist schummerig im Kelleraufgang. Vielleicht sieht Kathy es nicht.
„Mick? Ja, der hat wohl noch etwas mit Jo zu besprechen. Kommst du morgen mal vorbei?“
„Wann denn?“
„Wir sind ab halb fünf hier.“
„Okay. Ich denke, das kann ich einrichten.“
„Cool.“ Sie lächelt ihn an und Daniel fragt sich, ob es ein Betty-Lächeln oder ein Lilli-Lächeln ist. Er lächelt unverbindlich zurück und schiebt sich an ihr vorbei die Treppe runter.
„Weil ich keinen Bock habe, mir meine Noten zu versauen! Ist das denn so schwer zu verstehen?“
Daniel hört Jos eindeutig genervte Stimme schon auf dem Gang. Die Tür zum Probenraum steht halb offen, schmutziges Licht aus Neonröhren ergießt sich durch den Spalt.
„Jetzt schieb nicht immer die Schule vor! Wir wissen doch beide, dass du dir keine Sorgen um deine Noten machen musst.“
Das ist Mick. Er klingt aufgebracht.
Daniel bleibt unschlüssig stehen. Die Spitzen seiner Turnschuhe tauchen vorsichtig in das Lichtdreieck auf dem Boden.
„Was meinst du damit, hm?“
„Stell dich nicht blöd! Oder wie oft hast du schon zu Lilli gesagt, dass du sie nicht treffen kannst, weil du keinen Bock hast, dir die Noten zu versauen?“
Micks Tonfall ist eine höhnische Nachahmung.
„So etwas sage ich nicht zu ihr.“
„Siehst du!“
„Mann, Mick! Ich habe ein Jahr lang gearbeitet, um diese Frau zu kriegen! Man muss auch mal Prioritäten setzen.“
„Du setzt sie falsch! Ich sollte deine Priorität sein! Ich und die Band.“
„Das ist deine Meinung.“
Pause. Ein Klappern, vielleicht von CD-Hüllen, dann ein Reißverschluss, an dem energisch gezogen wird.
Daniel hält den Atem an. Wie unendlich peinlich, wenn jetzt einer der beiden aus dem Probenraum kommt und ihn da stehen sieht. Aber einfach reinzugehen traut er sich auch nicht. Er schaut über die Schulter. Kathy ist weg. Er könnte also zurück zur Treppe und beim zweiten Runterkommen mehr Lärm machen. Oder einfach wieder verschwinden.
„Joe.“
Micks Stimme klingt anders jetzt, schmeichelnd, fast flehend.
„Schau mal. Wir können nicht proben, wenn du nicht kommst.“
„Deshalb komme ich ja morgen. Nur den Rest der Woche nicht.“
„Aber … das hier … ich meine – du, ich, die Band – ist dir
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