Fliegende Fische Band (Junge Liebe ) (German Edition)
verloren.“
„Keine Wette. Und … ich bin schon ganz richtig hier.“
Das zweite Outing. Wohin soll das führen?
Ein Glück, dass es hier so laut ist. Man kann so tun, als hätte man nichts gesagt.
„Das ist schon mal gut“, sagt Paddy. „Erklärt aber nicht, warum du so ein Gesicht ziehst.“
Weil alles im Augenblick ein bisschen viel ist, weil ich mich unsterblich verliebt habe, noch bevor ich mich überhaupt daran gewöhnen konnte, schwul zu sein, weil ich das nämlich bis vor zwei Wochen nicht mal ahnen wollte und weil mein Freund sich vermutlich nur mit mir abgibt, weil er bei seinem besten Freund nicht landen kann und weil ich nicht weiß, wie lange ich noch so tun kann, als würde ich das nicht bemerken?
„Ich muss jetzt gehen.“ Daniel stellt seine Flasche auf dem Tresen ab. „Danke für das Bier.“
„Jetzt lauf doch nicht gleich weg! Ich tu dir doch nichts. Versprochen. Nur ein bisschen reden.“
„Warum? Nur weil ich aussehe wie dein Freund?“
„Braucht es denn einen Anlass? Du bist hier, ich bin hier. Die Welt wäre viel netter, wenn nicht jeder so tun würde, als wäre er alleine auf dem Planeten.“
Daniel nickt und seufzt.
„Ich bin es nicht gewohnt, angesprochen zu werden“, sagt er. „Ich werde sonst eher übersehen.“
„Dann ist heute dein Glückstag, Dannyboy“, sagt Paddy und hat schon wieder dieses ansteckende Grinsen im Gesicht. „Und wenn man mal meinen Marktwert betrachtet, bist du gerade der von allen Schwulen und nichtlesbischen Frauen am meisten beneidete Typ in dieser Disco. Genieße es, so lange es anhält.“
Daniel nickt und rollt die Bierflasche zwischen den Handflächen. Offenbar sieht er aus wie jemand, dessen man sich annehmen muss. Ein streunender Hund vielleicht, oder ein Kind, das im Supermarkt verloren gegangen ist.
Und er hat gedacht, die zu langen Haare wären sein größtes Problem.
„Beziehungsstress“, sagt er. „Ich bin ein bisschen … beziehungsgestresst.“
„Hat er einen anderen?“
„Nein. Oder, ich weiß es nicht. Ich glaube nicht. Es ist viel komplizierter. Ich glaube, dass er in seinen besten Freund verliebt ist. Was der Freund meiner besten Freundin ist. Ich glaube, wenn er bei ihm landen könnte, hätte er für mich keinen Blick übrig.“
„Aber in der Zwischenzeit ist er mit dir zusammen?“
„Ja. Ich glaube schon. Ich weiß nicht. Schwer zu sagen.“
Vielleicht ist es das zweite Bier, das ihn mutig macht. Vielleicht ist es auch die Tatsache, dass ein wildfremder Mensch sich für ihn interessiert, einer, dessen vollständigen Namen er nicht mal kennt und den er nie wiedersehen wird. Die Anonymität ist ein Schutzschild.
„Es fühlt sich nur so an, wenn er nicht da ist“, erklärt er seufzend. „So … komisch. So unsicher. Wenn ich nicht weiß, was er macht. An wen er denkt. Ob er vielleicht gerade versucht, bei Jo zu landen. Wenn er bei mir ist, fühlt es sich toll an. Merkwürdig und ungewohnt, weil ich überhaupt noch gar nicht lange schwul bin, aber … großartig.“
Er nimmt einen Schluck.
„Und dabei wollte ich eigentlich immer nur so sein wie alle anderen“, fügt er hinzu. „Ein Mädchen haben. Ich meine, alles ist schon kompliziert genug. Wie kann man es schaffen, in all dem Durcheinander auch noch schwul zu sein?“
Paddy sieht ihn an, sein gerade noch so fröhliches Gesicht ist ganz ernst.
„Kommst du mit raus?“, fragt er. „Ich muss mal eine rauchen. Geht mir echt auf den Zeiger, das Rauchverbot hier drin.“
Daniel spart sich eine Bemerkung über Passivrauchen und Nichtraucherschutz. Er ist dankbar, dem Lärm und Gedränge zu entkommen.
Die Luft draußen erscheint ihm kühl nach der stickigen, überhitzten Diskothek. Die enge Straße ist noch immer voller Leute. Beinahe fürsorglich rücken die kleinen, alten Häuser zusammen, fangen das gelbe Licht der Straßenlaternen und werfen es zurück auf die Spaziergänger. Gesprächsfetzen und Gelächter füllen die Luft.
Daniel drückt sich am Türsteher vorbei und vermeidet Augenkontakt. Paddy macht einen Schritt aus der Menschentraube am Eingang und zündet sich eine Zigarette an. Daniel stellt sich so zu ihm, dass er nichts vom Rauch abkriegt.
„Ich weiß nicht, ob es überhaupt jemanden gibt, der so ist wie alle anderen“, sagt Paddy. „Jeder ist doch auf seine eigene Art ein Freak, oder? Nur manche verstecken es besser.“
„Ich will aber kein Freak sein“, sagt Daniel. „Ich will am liebsten manchmal unsichtbar sein. Es ist so
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