Fliegende Fische Band (Junge Liebe ) (German Edition)
unter lauter Fremden auf einer Party herumzudrücken, die ihm nicht mal Spaß macht, während gleichzeitig, nur Fahrradminuten entfernt, Mick seinen Tiefseeblick auf Jo legt?
Daniel sieht hinüber zum Durchgang. Er sollte da draußen sein, egal wo, aber jedenfalls bei Mick und ihm die Sicht auf Jo versperren. Er sollte Dinge mit Mick tun, an die Jo nicht einmal denken könnte (und Daniel auch nicht, ohne einen roten Kopf zu bekommen). Stattdessen hängt er hier rum und sieht heimlich zu, wie fremde Männer sich küssen.
Was auch wieder auf eine ganz neue, fremde Art spannend ist.
Er sieht auf die Uhr. Er fragt sich, wann es aufhören wird: dieses ständige Zweifeln an den eigenen Entscheidungen.
Das Pärchen aus dem Vorraum ist wieder reingekommen und schiebt sich jetzt an ihm vorbei auf die Tanzfläche. Sie sehen ganz entspannt und selbstverständlich aus. Nicht gerade, als würden sie etwas tun, das den Lauf der Erde um die Sonne beeinflusst.
Daniel fragt sich, ob das die Form von Normalität sein kann, die er sich wünscht.
Er versucht, es sich vorzustellen. Daniel mit ungefähr fünfunddreißig, schon längst raus aus seiner Heimatstadt, in Berlin vielleicht oder in Hamburg, wie er in einen Club geht, um sich nach einer harten Arbeitswoche zu amüsieren. Daniel, ein echt cooler Typ. Seine Haare sind vom sonnengebleichten Blond eines Rucksacktouristen, er trägt sie halblang, sodass sie ihm über die Stirn und ein wenig in die Augen fallen. Aus seinem Gesicht sind die letzten Überbleibsel der Kindheit verschwunden, es ist schmal, aber männlich und das Kinn wird von einem leichten Dreitagebart umrahmt.
Sein Auftreten ist sicher, nicht großspurig, aber gelassen. Er sieht aus wie einer, den nichts umhaut.
Er lässt seine Umhängetasche von der Schulter gleiten und setzt sich an die Bar. Gleich wird er ein Bier bestellen und den hübschen Dunkelhaarigen neben sich anlächeln. Er hat offenbar immer noch eine Schwäche für Dunkelhaarige und einer wie er kann es sich aussuchen, ob er alleine in seine coole Wohnung zurückkehrt (zwei Zimmer, Balkon, Siebenhundert-Liter-Asien-Aquarium und eine Schrankwand voller Bücher) oder ob er sich Gesellschaft mitbringt.
Daniel bremst sich, ehe er im Geiste beginnt, sein zukünftiges Aquarium mit Fischen zu besetzen.
Überhaupt ist der Typ viel zu cool und zu reich, um jemals der Daniel mit dem knittrigen T-Shirt, der Secondhand-Jeans und den vor Aufregung feuchten Händen gewesen zu sein, der sich schüchtern in der unbeleuchteten Ecke einer Diskothek herumdrückt.
Schade eigentlich.
„Du tanzt ja gar nicht?“
Daniel zuckt zusammen. Neben ihm ist Paddy aufgetaucht und ist mit dem Mund so nah an Daniels Ohr gekommen, um die Musik zu übertönen, dass Daniel die Berührung der weichen schwarzen Haare spürt.
Paddy grinst. Daniel arbeitet an einem unverbindlichen Lächeln und schüttelt den Kopf.
„Für einen, der unbedingt rein wollte, siehst du aber nicht aus, als hättest du Spaß.“
Daniel hebt die Schultern, nickt erst und schüttelt dann den Kopf.
Paddy lacht.
„Komm tanzen“, sagt er und als Daniel ihn anstarrt wie das Kaninchen den Güterzug: „Keine Sorge. Das ist keine Anmache.“
Er schiebt Daniel voran auf die gut gefüllte Tanzfläche. „Stayin alive“ singen die Bee Gees und Daniel denkt, dass dies das erste Klischee ist, das ihm heute Abend begegnet: Siebzigerjahre-Discokugel-Glitzermusik und ein paar Schwule, die begeistert darauf abfahren. Sonst ist alles so normal und unspektakulär hier, dass Daniel sich mit dem Besatz seines zukünftigen Aquariums befassen könnte, ohne allzu viel zu verpassen.
Paddy bewegt sich gut. Man sieht, dass er nicht darüber nachdenkt, was er macht. Daniel tritt vorsichtig von einem Bein aufs andere und wiegt sich im Takt.
Vieles wäre so viel einfacher, wenn er mal die ewige Nachdenkerei aufgeben könnte.
Ein paar Minuten später wird Paddy von einem Blonden im hautengen T-Shirt angesprochen und dreht sich weg, um sich zu unterhalten. Daniel nutzt die Gelegenheit, von der Tanzfläche zu fliehen.
An der Bar wird ein Platz frei. Daniel setzt sich. Die Barfrau ruft ihm etwas zu, er lächelt gezwungen und schüttelt den Kopf. Kein cooler Typ, der sich auch kein Bier bestellen wird und auch nicht den Dunkelhaarigen neben sich anflirtet.
Obwohl der gerade sehr freundlich zu ihm hinlächelt und ein bisschen auffordernd dreinschaut, so als müsste man sich kennen.
Daniel grübelt in Windeseile, aber er kennt
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