Fliegende Fische Band (Junge Liebe ) (German Edition)
und raucht. Unschwer zu erkennen, dass Paddy nicht mehr von Daniel und Mick spricht, sondern von Paddy und ...
Daniel versucht, sich Mick in Paddys Alter vorzustellen. Vielleicht hätte er es in eine große Band geschafft, er hätte vielleicht ein Motorrad, eine Lederjacke und breite Schultern darin, aber in seinen Augen läge die gleiche dunkle Melancholie wie in Paddys Augen.
„Was ist mit deinem Freund passiert?“, fragt Daniel. „Mit dem, an den ich dich erinnere. Ist er … gestorben, oder etwas?“
„Was?“
Paddy sieht von seinen Stiefelspitzen hoch und zaubert von irgendwoher ein Lächeln.
„Nein. Ihm geht’s gut. Alles prima.“
„Warum siehst du dann so traurig aus, wenn du von ihm sprichst?“
Paddy seufzt und streicht sich die langen Haare über die Schulter nach hinten.
„Vielleicht ist er gestorben. Ein bisschen. Der eine, an den du mich erinnerst – den gibt es jedenfalls nicht mehr. Das Leben hat ihn verschluckt. Er ist jetzt in vielem anders als früher.“
Daniel schweigt.
„Wir waren ineinander verliebt, früher“, sagt Paddy. „Wir wollten es nur nicht zugeben. Er wollte nicht auch noch schwul sein, er hatte genug andere Probleme – und ich, na, ich konnte mich einfach nicht entscheiden. Ich wollte mich nicht festlegen. Ich dachte, mir stehen alle Türen offen, ich kann sie alle haben – bis dann plötzlich alle Türen verschlossen waren und ich gar nichts hatte. Und er ... mein Freund ... hat irgendwann aufgehört, auf meine Entscheidung zu warten. Dann haben wir uns für ein paar Jahre aus den Augen verloren. Und heute ist alles anders.“
„Wie ist es heute?“
„Er hat eine Frau und ein Kind. Ich hab eine Freundin und vielleicht irgendwann auch mal ein Kind. Der Zug ist echt abgefahren.“
„Das klingt nach einem ganz normalen Leben. Ist das nicht gut? Ein normales Leben führen, mit Familie und so? Ich würde mich sofort dafür entscheiden, wenn ich könnte.“
„Wir haben es nicht entschieden“, sagt Paddy. „Wir haben uns einfach so lange darum gedrückt, bis das Leben für uns entschieden hat. Wenn du älter wirst, passieren Sachen und plötzlich kannst du nicht mehr alles tun, was du willst. Und jetzt … jetzt sehe ich ihn jeden Tag und kann mich jeden Tag fragen, ob es anders besser gewesen wäre. Wenn er sich getraut hätte. Wenn ich mich mal entschieden hätte. Wie mein Leben dann verlaufen wäre.“
„Aber wie kann man sich in einen Mann verlieben, wenn man eigentlich auf Frauen steht?“
„Keine Ahnung.“ Paddy lässt den Zigarettenstummel auf die Straße fallen und löscht die Glut mit dem Absatz. „Ich denke mal, jeder ist ein bisschen schwul. Das heißt, du bist dein Leben lang hetero und dann kommt einer, der Richtige und – zack. Schwul.“
„Tatsächlich?“
Paddy muss den Zweifel in Daniels Augen lesen, denn er grinst.
„Bis auf die Härtefälle“, sagt er. „Die können von Anfang an nicht anders. Die brauchen nur ein bisschen Mut, sich das einzugestehen.“
Daniel nickt zögernd.
„Normal ist nicht erstrebenswert.“ Paddy knufft Daniel an der Schulter. „Glück ist erstrebenswert. Wenn du kein Normalo bist, wird normal dich nicht glücklich machen.“
Daniel seufzt.
„Willst du noch mal mit rein?“, fragt Paddy und zeigt auf den Eingang, wo der Türsteher gerade eine sehr fröhliche größere Gruppe abfertigt. Daniel schüttelt den Kopf.
„Ich wollte nur mal gucken. Wie … die so sind. Ich kenne keine … ich wusste gar nicht, was ich mir vorzustellen habe.“
„Okay“, sagt Paddy und lächelt. „Dann hast du jetzt die letzte Chance, mit dem coolsten Chauffeur des Universums bei deinem Musiker vorzufahren.“
Daniel sieht zu, wie Paddy zu dem Motorrad hinübergeht. Mit geübten Bewegungen sitzt er auf, kickt den Ständer weg und startet den Motor. Dann nimmt er einen Helm vom Lenker und hält ihn Daniel hin.
„Komm schon“, sagt er. „Dein Musiker braucht keinen aus der zweiten Reihe.“
Daniel gibt sich einen Ruck und greift nach dem Helm.
Dass Mick nicht zu Hause ist und Daniels Fahrrad in der Innenstadt steht, bemerkt Daniel natürlich erst, als Paddy mit seinem Motorrad schon wieder um die Ecke gebogen ist und sich das Motorengeräusch allmählich entfernt. Er versucht, Mick auf dem Handy zu erreichen, aber der hat seines ausgeschaltet.
Es ist nicht so schlimm, wie es sein könnte. Den Ritt auf dem Motorrad kann ihm keiner nehmen.
7. DIE UNSICHTBAREN
„Kann ich ein paar Nächte bei dir
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