Fliegende Fische Band (Junge Liebe ) (German Edition)
Leihklamotten. Aus dem Bad hört er, wie Wasser in die Wanne rauscht.
Drei Tage nichts, drei Tage Entzug, drei Tage bemühte Normalität, schlechte Konzentration in der Schule und Falschberatung im Laden und dann schlägt Mick wie ein Meteor im Zentrum von Daniels Leben ein und will auch noch bleiben. Daniel möchte hinübergehen und Mick schütteln, ihn fragen, wo er war, bei wem er war, bei wem er die letzten Nächte geschlafen hat, oder mit wem. Er wird es nicht tun. Er macht keine Szene wie aus einer billigen Vorabendserie. Mick muss man nehmen, wie er ist, das hat Daniel schnell begriffen.
Er fragt sich, wie er Mick noch rechtzeitig erwischen soll, um ihm zu sagen, dass seine Mutter nichts weiß und das auch bitte vorerst so bleiben soll.
Er holt Micks nassen Rucksack vom Gang und schaut hinein. Die Sachen darin sind einigermaßen trocken geblieben. Nachdem es sich aber hauptsächlich um CDs und ein paar Bücher handelt, wird nichts davon Mick davor bewahren, Hosen anzuziehen, die ihm zu kurz sind.
Daniel knüllt den Klamottenstapel zusammen und schiebt sich vorsichtig auf den Gang. In der Küche brutzelt es und Daniels Mutter summt einen Genesis-Titel im Radio mit. Aus dem Badezimmer dringt Licht. Daniel schluckt an einem zähen Klumpen Nervosität. Er kann Mick mittlerweile küssen, ohne jedes Mal einem Nervenkollaps nahe zu sein. Mick im eigenen Badezimmer vorzufinden, wie er sich auszieht und in die Wanne steigt, davon war wirklich nie die Rede.
Daniel fragt sich, warum er eigentlich ständig vom Leben rechts überholt wird.
Und wie lange man vor der eigenen Badezimmertür stehen und auf der Unterlippe kauen kann, ohne sich komplett zum Idioten zu machen.
Vorsichtig schiebt er die Tür auf und wird von einer Wolke aus Seifenduft begrüßt. Offenbar hat Mick Ritas Badezusatz entdeckt und sich großzügig bedient. Daniel heftet den Blick auf seine Füße und streckt die Hand mit dem Kleiderklumpen aus.
„Hier. Zum Umziehen.“
„Komm her“, sagt Mick. Daniel blinzelt. Mick liegt in der Wanne, seine Knie ragen aus den Schaumbergen. Seine Arme liegen auf dem Wannenrand, die helle Haut auf der Innenseite ist übersät von roten Strichen und durchbrochen von dunklem, klumpigem Schorf.
„Was hast du gemacht?“, fragt Daniel erschrocken.
„Komm zu mir.“ Mick streckt die Hand aus. In seinen Abgrundaugen verschwindet das Licht, als hätte es nie existiert. Daniel legt die Ersatzkleider auf dem Klodeckel ab und nähert sich vorsichtig. Mick packt ihn und zieht ihn zu sich herunter.
„Komm mit rein“, flüstert er. „Ich könnte ein bisschen Entspannung gebrauchen.“
„Bestimmt nicht“, sagt Daniel entsetzt. „Meine Mutter …“
„Weiß sie es nicht?“
„Selbst wenn sie es wüsste, würde ich nicht zu dir in die Wanne klettern, wenn sie direkt auf der anderen Seite dieser Tür unterwegs ist!“
„Warum hast du es ihr nicht gesagt?“
„Weil ich gerne erst mal selbst klarkommen wollte.“
„Dann glaubt sie, ich wäre nur irgendein Kumpel von dir?“
„Nein. Ich denke, sie hat schon mitbekommen, dass du … etwas Besonderes bist.“
„Ich bin nicht dein Kumpel.“
„Ich weiß. Für einen Kumpel wärest du mir auch viel zu unzuverlässig.“
„Ich mache das gleiche wie du. Ich versuche nur, klarzukommen.“
„Ich weiß.“
Mick richtet sich in der Wanne auf, dass das Wasser über den Rand auf Daniels Jeans schwappt. Er legt eine nasse, warme, seifige Hand in Daniels Nacken und presst seine Lippen auf Daniels.
Es ist wie der erste Tropfen Wasser nach drei Tagen Wüste.
Seifenwasser, aber Daniel ist nicht wählerisch.
Daniels Mutter hat den Wohnzimmertisch für drei gedeckt. Es gibt Nudelauflauf, Mick stürzt sich auf das schlichte Gericht und versichert glaubwürdig, noch nie etwas Besseres gegessen zu haben. Die Wärme des Badewassers glüht noch in seinen Wangen und die Ärmel von Daniels Sweatshirt lassen seine knochigen Handgelenke frei. Rita lächelt, versorgt Mick mit einer zweiten Portion und freundlichen Worten und Daniel sorgt dafür, dass das Essen auch für alle reicht, denn mehr als Nudeln auf dem Teller herumzuschubsen schafft er ohnehin nicht.
Rita und Mick reden über die Schule, Musik, das Festival, das Wetter und den Geschmack von Vollkornnudeln. Sie lächeln sich über den Tisch hinweg an und für Augenblicke hat Daniel das Gefühl, er wäre der Gast, nicht Mick.
„Du bist so still“, sagt Rita schließlich. „Was ist los?“
„Nichts“, sagt
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