Flieh solange du kannst
der Junge.
“Auch nicht schlimmer als am Bauch.”
Max schaute ihn ungläubig an. “Das sagst du jetzt nur, weil du mich dazu bringen willst, es zu tun.”
“Nein, stimmt nicht. Es tut wirklich nicht weh. Willst du mich noch mal piksen?”
Max setzte die Nadel noch dreimal an, bis er überzeugt war, dass es wirklich nicht wehtat. Dann nahm er die Spritze von Emma entgegen und setzte sie an seinem Bein an, ohne darüber nachzudenken und stach zu. “He! Es tut wirklich nicht weh!”, schrie er begeistert.
Preston warf Emma einen verstohlenen Blick zu. Sie hatten gewonnen. Dann fuhr er Max durchs Haar und sagte: “Gewusst wie, Schlaufuchs, man muss eben immer erstmal probieren und dann klappt es auch.”
“Danke, Preston!”, rief der Junge aus und schlang seine Arme um Prestons Hals, noch bevor Emma ihn zurückhalten konnte.
Die plötzliche Umarmung überraschte Preston. Er hörte noch wie Emma sagte: “Nicht, Max”, als ob sie Angst hätte, er könnte den Jungen zurückweisen. Aber noch bevor Preston Zeit hatte, sich zu überlegen, wie er darauf reagieren wollte, klingelte sein Handy. Max ließ von ihm ab und rutschte vom Bett, um es zu holen.
“Darf ich rangehen?”, fragte er.
Preston mied Emmas Blick, obwohl er deutlich spürte, wie sie ihn ansah. Er wollte nicht, dass sie merkte, wie durcheinander er war, aber wahrscheinlich konnte sie seinen Gemütszustand sehr gut an seinem Gesichtsausdruck ablesen.
Max tippte ihm auf die Schulter. “Preston?”
Wahrscheinlich war es Gordon, der sichergehen wollte, dass er die Informationen über Joanie erhalten hatte. Es konnte keinen Schaden anrichten, wenn Max ein paar Worte mit ihm wechselte. Aber in diesem Moment wäre Preston sowieso unfähig gewesen, dem Jungen irgendetwas abzuschlagen.
“Nur zu”, sagte er und deutete auf den grünen Knopf.
Max grinste breit und tat sehr wichtig, als er sich den Apparat ans Ohr hielt. “Hallo? … Was? … Schlaufuchs … Das ist mein Spitzname … Preston hat mich so genannt … Fünf … Mein Geburtstag ist …” Fragend sah er zu Emma.
“Im Juni”, soufflierte sie.
“Im Juni”, wiederholte er. “Ja, er ist auch hier …”
“Wer ist denn dran?”, fragte Preston.
Max hielt eine Hand über das Telefon. “Sarah.”
Seine Mutter? Preston streckte die Hand aus, um den Apparat entgegenzunehmen, aber Max war noch nicht zu Ende. “Wir haben gestern Abend eine Pyjama-Party gemacht”, erzählte er. “Preston hat bei uns im Bett geschlafen.” Jetzt sah Max zu Emma. “Sie ist hier … Ja, sie hat auch mit ihm geschlafen. Sie musste in der Mitte liegen.”
Preston stöhnte laut auf und ließ sich rückwärts aufs Bett fallen.
“Max, gib das Telefon jetzt bitte Preston”, sagte Emma.
Aber Max hatte viel zu viel Spaß am Telefonieren, um zuzuhören. “Ich hab ganz neue Unterwäsche an. Die hat Preston mir gekauft. Toll, nicht?”
Da setzte Preston sich ruckartig wieder auf. “Max!”, rief er.
Max blinzelte ihn unschuldig an. “Ich glaube, jetzt will sie mal mit dir sprechen”, sagte er.
20. KAPITEL
P reston zögerte, als er das Handy in Empfang nahm. Nach allem, was Max gerade ausgeplaudert hatte, war klar, dass seine Mutter ihm eine Menge Fragen stellen würde – viel mehr als ihm lieb waren.
“Willst du denn nicht mit ihr sprechen?”, fragte Emma erstaunt.
Widerstrebend ließ Preston sich wieder auf das Bett fallen. “Hallo?”
Als sie seine Stimme hörte, sagte seine Mutter: “Du bist es wirklich. Gerade dachte ich noch, ich könnte vielleicht doch die falsche Nummer gewählt haben.
Vielleicht, überlegte er, sollte ich jetzt auflegen und sie in diesem Glauben lassen.
“Was ist denn bei dir los?”, fragte sie.
“Gar nichts.”
“Und wer war der kleine Junge, der sich gemeldet hat?”
“Niemand.”
“Er sagte, du hättest ihm Unterwäsche gekauft.”
Preston antwortete nicht.
“Er hat auch gesagt, seine Mutter sei dort.”
“Mom …”
“Hast du jemanden kennengelernt? Habe ich vielleicht sogar einen Grund, mich zu freuen?”
“Nein, bestimmt nicht.”
Emma stand auf und zog Max aus dem Zimmer, ganz offensichtlich, um ihm mehr Privatsphäre zu schaffen.
“Mit wem bist du denn zusammen?”
“Nur mit jemandem, den ich unterwegs ein Stück mitgenommen habe. Das hat nichts zu bedeuten.” Aus dem Augenwinkel sah er, wie Emma an der Verbindungstür innehielt, und er wusste, dass sie mitgehört hatte. Da erst bemerkte er, wie herzlos seine Antwort geklungen
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