Flieh solange du kannst
schließen, damit er nicht noch einmal rausspucken konnte. Aber die kühle Luft von draußen belebte ihn, und er hatte Hector ja aus einem ganz speziellen Grund mitgenommen und musste ihn bei Laune halten.
“Ganz sicher”, sagte er. “Sie müsste gestern hier angekommen sein. Soweit ich das am Telefon hören konnte, muss dieser Preston hier irgendetwas Geschäftliches erledigen. Ich vermute, dass er und Vanessa eine Weile hierbleiben werden.”
Hector trommelte mit den Fingern auf der Armlehne herum und wippte hin und her. Auch das war so eine Angewohnheit, die Manuel nicht ausstehen konnte. Aber zumindest konnte Hector nichts dafür, seine Nervosität kam von den Drogen, die er nahm. “Und was für Geschäfte macht dieser Kerl?”
Manuel spähte angestrengt nach draußen. Vielleicht lief Vanessa ja gerade den Bürgersteig entlang. “Ich hab keine Ahnung. Und es ist mir sowieso egal, denn er wird bald überhaupt keine Gelegenheit mehr haben, irgendwelche Geschäfte zu machen.”
Hector holte ein Tütchen Kokain aus seinem Sakko, legte einen kleinen Spiegel auf die Armlehne und schüttete etwas von dem weißen Pulver darauf. Dann nahm er eine Rasierklinge und machte eine Linie daraus.
“Mensch, sei doch ein bisschen vorsichtig”, zischte Manuel “Wir sind gerade an einer Polizeistation vorbeigekommen.”
“Meinst du, hier gibt es irgendwelche Westernhelden, die sich trauen, mich zu verhaften?”, fragte Hector lachend, drehte ein Röhrchen aus einem Dollarschein und zog damit das Kokain in die Nase. Anschließend lehnte er sich zufrieden zurück.
Manuel wusste, dass sein Handlanger jetzt das prickelnde Gefühl genoss, wenn die Wirkung der Droge sich im Körper ausbreitete. Er wusste auch, dass Hector sich gleich noch eine Line ziehen würde. Hectors Lebensinhalt war der Drogenkonsum, aber inzwischen hatte er sich so sehr daran gewöhnt, dass er immer größere Mengen brauchte, und das ging ins Geld. Er brauchte viel Geld und würde mit Sicherheit alles tun, um an dieses Geld zu kommen. In dieser Hinsicht konnte Manuel sich auf ihn verlassen, denn er war total abhängig von ihm.
Manuel hingegen war nicht so dumm, sich von einer Droge beherrschen zu lassen. Er handelte damit, verdiente ein Vermögen damit, aber er wollte dem Kokain nicht verfallen. Ab und zu nahm er ein wenig von dem weißen Pulver, vor allem wenn er in Mexiko war, umgeben von hübschen Frauen, die seine sexuellen Fantasien bereitwillig befriedigten. Aber wenn er nicht gerade ausspannte, bevorzugte er einen klaren Kopf.
“Zuallererst suchen wir sämtliche Motels ab, so wie wir es schon einmal gemacht haben”, entschied er.
Hector blinzelte ihn aus glasigen Augen und mit geweiteten Pupillen an. “Und nach wem sollen wir fragen? Nach diesem Preston? Oder nach einer Frau mit dem Namen, den Vanessa jetzt benutzt –” einen Moment sah er leicht begriffsstutzig aus “– äh, wie hat sie sich doch gleich noch genannt?”
“Das Zeug macht dein Gehirn kaputt”, sagte Manuel. “Emma Wright. Wir fragen einfach nach beiden. So groß ist diese Stadt nicht. Es wird nicht lange dauern.”
Hector stieß ein irres triumphierendes Lachen aus. “Mann, dieser Preston wird sich ganz schön umgucken, wenn ich ihn in die Mangel nehme.”
“Aber Vanessa und Dominick rührst du nicht an, verstanden! Um die beiden kümmere ich mich.”
“Aber diesen Preston darf ich mir zur Brust nehmen, okay? Ich werde genau das mit ihm machen, was du mit Juanita gemacht hast.” Er deutete mit seiner Hand eine Pistole an und zielte durch das Fenster auf eine alte Frau, die die Straße entlangging. “Peng!”, schrie er sie an, und beinahe wäre sie vor Schreck umgefallen.
Hector lachte laut, aber Manuel lächelte nicht einmal. Er wollte nicht an den Vorfall mit Juanita erinnert werden. Zwar hatte er immer ein “zweites Leben” geführt, wenn er nicht mit Vanessa und Dominick zusammen war, und im Verborgenen hässliche und bösartige Dinge getan, aber bevor diese Sache mit Juanita passierte, hatte er noch nie einen Menschen umgebracht. Die schmutzige Arbeit ließ er normalerweise von seinen Leuten erledigen, von den Männern fürs Grobe, Männern wie Hector.
“Du kannst ihn haben”, sagte Manuel. “Es sei denn, ich überlege es mir anders und will ihn mir selbst vorknöpfen.” Vielleicht hatte die Ermordung von Juanita seinen Zorn ja noch nicht befriedigt, aber Preston zu töten, wäre eine ganz andere Sache. Er musste sich nur vorstellen, wie dieser
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