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Flieh solange du kannst

Flieh solange du kannst

Titel: Flieh solange du kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
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nehmen, den Emma gerade aus der Tasche gezogen hatte. Dann schloss er ihnen die Tür auf.
    “Vielen Dank”, sagte sie und legte Max aufs Bett. Als sie sich wieder umdrehte, stand Preston immer noch da und hielt die Tür fest, damit sie nicht zufiel. Den Schlüssel hatte er noch gar nicht wieder aus dem Schloss gezogen.
    “Gute Nacht”, sagte sie verunsichert. Sie fand es merkwürdig, dass dieser Mann, der ihr eben noch kaum Beachtung geschenkt hatte, plötzlich so interessiert wirkte, nachdem er Max bemerkt hatte.
    Preston entgegnete nichts. Aber Emma hatte den Eindruck, dass ganz kurz ein heftiger, beinahe wilder Ausdruck über seine Gesichtszüge huschte. Er schien es zu bemerken und bemühte sich, wieder freundlicher zu wirken. Dann zog er den Schlüssel ab, warf ihn ihr zu, schloss leise die Tür und war verschwunden.

3. KAPITEL
    O bwohl es schon fast Mitternacht war, konnte Emma nicht einschlafen. Sie hatte erwartet, sofort in einen tiefen Schlaf zu fallen und nur ein einziges Mal aufzuwachen – wenn der Wecker um drei Uhr klingelte, weil sie Max’ Blutzuckerspiegel prüfen musste. Aber sie schaffte es einfach nicht mit dem Denken aufzuhören. Zu viele Sorgen plagten sie und hielten sie hellwach. Sie dachte an ihren neuen Namen und dass sie ihn gut einüben musste. Und damit nicht genug, hörte sie auch noch die Geräusche des laut aufgedrehten Fernsehers aus Prestons Zimmer, das direkt neben ihrem lag. Offenbar war er bei laufendem Gerät eingeschlafen.
    Sie seufzte. Das war jetzt auch egal, sie konnte sich sowieso nicht entspannen.
    Also stand sie wieder auf und zog sich ein Sweatshirt über den Pyjama. Dann ging sie zum Fenster und starrte nach draußen. Nachdem sie Max ins Bett gebracht hatte, war sie noch mal nach draußen gegangen, um ihren Wagen ganz am Ende des Parkplatzes abzustellen. Dort war es sehr dunkel, und diese Ecke konnte man nicht von der Straße einsehen. Es wäre besser gewesen, sie hätte Carlos gefragt, ob das Auto gestohlen war. Dann wüsste sie, ob sie die Polizei genauso fürchten musste wie Manuel. Aber Carlos war so hilfsbereit gewesen, dass sie ihm diese peinliche Frage nicht stellen mochte. Abgesehen davon hatte sie gar keine andere Wahl gehabt. Ohne das Auto wäre die Flucht unmöglich gewesen.
    In ein paar Wochen fände sie vielleicht in irgendeiner kleinen Stadt im Mittelwesten eine Bleibe, wo Manuel sie niemals vermutete. Dann käme der Wagen in die Garage, und sie konnte hoffentlich zu Fuß zur Arbeit gehen.
    Als sie sich das kleine gelbe Haus mit dem Blumenbeet im Vorgarten ausmalte, in das sie vielleicht mit Max einziehen würde, lächelte Emma. Mit etwas Glück könnte sie als Lehrerin in einer Grundschule arbeiten. Ihr Sohn wäre bei ihr, und sie könnten ihr Leben noch einmal ganz von vorn anfangen.
    Die zweite Chance …
    Emma fiel der Umschlag wieder ein, den sie im Handschuhfach gefunden hatte. Sie schaute nach, ob Max friedlich schlief, nahm ihr Verteidigungsspray aus der Handtasche, zog sich ein paar Flip-Flops an und verließ das Zimmer. Der Umschlag musste von Juanita sein. Oder von Carlos. Niemand sonst kannte ihren neuen Namen.
    Draußen war es recht kühl geworden. Ein kalter Wind rauschte durch die Bäume, die das Grundstück säumten. Sie fröstelte. Normalerweise mochte sie das Geräusch der rauschenden Blätter, heute aber empfand sie es als abweisend, fremdartig und angsteinflößend. Auch das Gurgeln des Wassers im nahe gelegenen Bewässerungskanal klang beängstigend. Jetzt, mitten in dieser finsteren Nacht, hätte es sie nicht überrascht, wenn Manuel plötzlich aus dem Dunkel aufgetaucht wäre.
    Sie stellte sich vor, wie er sich ihr in den Weg stellte und hörte ihn schon laut lachen über ihre lächerlichen Versuche, ihm zu entfliehen. Bei dem Gedanken sträubten sich ihre Nackenhaare, und ein kalter Schauer jagte über ihren Rücken. Sie blieb stehen, die Dose mit dem Spray fest umklammert. So spähte sie in die Dunkelheit und horchte.
    Nichts. Kein ungewöhnliches Geräusch war zu hören, nichts zu sehen. Nur der Fernsehapparat ihres Nachbarn, das Rauschen des Winds und das Gurgeln des Wassers drangen an ihr Ohr.
    Die Autotür knarrte, als Emma sie aufzog. Sie konnte kaum etwas erkennen, erst recht nicht im Wageninnern. Die Innenbeleuchtung war defekt, aber alles andere funktionierte. Dafür, dass es nur 2500 Dollar gekostet hatte, lief das Auto erstaunlich gut.
    Ohne Probleme fand sie den Umschlag im Handschuhfach. Dann ging sie zurück in ihr

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