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Flieh solange du kannst

Flieh solange du kannst

Titel: Flieh solange du kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
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Apartment und schloss sich im Badezimmer ein, um ihn zu lesen. Auf den ersten Blick sah es aus wie ein Brief von Manuel. Sie erkannte sofort seine krakelige Schrift. Bei genauerem Hinsehen aber bemerkte sie, dass es eine Fotokopie handschriftlicher Notizen war. Kein Brief, sondern eine Liste mit Namen, Adressen, Telefonnummern und einigen Datumsangaben.
    Irgendjemand, wahrscheinlich Juanita, hatte unten auf das Blatt etwas auf Spanisch geschrieben:
    Si él te encuentra … Falls er dich findet.
    Überrascht studierte Emma die aufgelisteten Namen. Wo hatte Juanita den Zettel gefunden? In Manuels Büro? Das wäre möglich. Manuel hielt sein Büro immer verschlossen und weder seine Frau noch sein Sohn durften es betreten. Aber Juanita musste dort von Zeit zu Zeit saubermachen.
    Emma hatte Juanita gegenüber immer wieder erwähnt, dass sie Manuels Geschäfte für illegal hielt. Juanita hatte ihr diesbezüglich nie zugestimmt.
    Was waren das also für Namen auf der Liste? Einige mit einer Adresse in Mexiko, andere mit einer in San Diego. Bei einem stand überhaupt kein Wohnort.
    War das ein Beweis für ihre lange gehegten Vermutungen?
    Juanitas Notiz half leider wenig. Bei verschiedenen Gelegenheiten hatte Emma mitgehört, wie Manuels Familie über Schiffsladungen und Transporte und Unfälle in der Wüste gesprochen hatte. Aber diese wenigen Gesprächsfetzen bewiesen überhaupt nichts. Sie vermutete lediglich, dass es dabei um illegale Geschäfte ging. So sehr sie sich beim Lauschen auch angestrengt hatte, sie bekam nie Informationen, die ihr Gewissheit verschafften.
    Nachdenklich schob sie den Zettel wieder in den Umschlag und steckte ihn in ihre Handtasche. Sie musste sich ganz genau überlegen, was sie damit anfangen wollte. Falls auf diesem Papier das stand, was sie vermutete, konnte dieser Zettel die Freiheit bedeuten – oder den Tod.
    Gegen ein Uhr übermannte sie schließlich doch noch die Müdigkeit. Die Anstrengungen des Tages forderten ihren Tribut, und Emma schlief ein. Aber nur zwei Stunden lang. Um drei klingelte der Wecker, denn Max’ Blut musste getestet werden.
    Beinahe zu müde, um aufzuwachen, tastete sie benommen nach dem Ausschaltknopf des Weckers. Dann quälte sie sich aus dem Bett und schlurfte zum Badezimmer. Die Geräte für den Test hatte sie schon auf der Kommode bereitgelegt, sodass sie nicht mehr nach den einzelnen Teilen suchen musste. Aber ihre Augen wollten nicht mitspielen, die Lider waren schwer, und sie hätte sie am liebsten sofort wieder geschlossen, vor allem, als sie das Licht einschaltete.
    Müde beugte sie sich über das Waschbecken und spritzte sich Wasser ins Gesicht. Dann wusch sie sich die Hände, legte einen Teststreifen in das Gerät und setzte die Nadel ein, mit der sie Max das Blut abnehmen würde. Sie stach ihm dafür nicht gern in den Finger, aber es musste nun einmal sein. Die üblichen drei Injektionen mit der Spritze, die er Tag für Tag bekam, fand sie weniger unangenehm als dieses Pieksen in den zarten kleinen Finger.
    Ohne die Tests wären die Auswirkungen jedoch katastrophal. Wenn Max’ Blutzuckerspiegel zu sehr anstieg oder absank, konnte das schnell zu einer lebensbedrohlichen Situation führen.
    Emma ging wieder ins Schlafzimmer, setzte sich auf den Rand des Bettes und zog ganz vorsichtig die Hand ihres Sohnes unter der Bettdecke hervor. Einen Moment massierte sie die Fingerkuppe des Zeigefingers und stach dann sorgsam mit der Nadel zu. Max zuckte zusammen, wachte aber nicht auf. Wenig später schon konnte sie einen kleinen Tropfen Blut abnehmen, den sie sofort auf den Teststreifen gab. Anschließend stand sie auf und wartete auf das Testergebnis.
    Als das Gerät piepte, hielt sie die Anzeige in das Licht, das von der Toilette her ins Schlafzimmer fiel. Zweihundertvierundachtzig, las sie ab. Was bedeutete, dass der Wert einhundertvierundachtzig Punkte zu hoch war. Sie hatte nicht beachtet, dass er während der langen Fahrt kaum dazu gekommen war, sich körperlich zu betätigen. In seinem Gesicht entdeckte sie keine sichtbaren Zeichen für ein Unwohlsein. Er schwitzte nicht, sein Gesicht zeigte keine ungesunden Flecken, aber das musste nichts heißen.
    Mit sorgenvoller Miene ging sie zurück ins Badezimmer, um eine Spritze mit Insulin aufzuziehen. Dabei stellte sie sich vor, wie das Blut in Max’ Adern dick und ungesund vor sich hin floss und seinen Augen und den Nieren schadete – vielleicht sogar den Nervenbahnen und dem Herzen. In Zukunft wollte sie

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