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Flieh solange du kannst

Flieh solange du kannst

Titel: Flieh solange du kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
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die Frau einen Generalschlüssel aus ihrer Hosentasche.
    Emma stöhnte. Die Diabetesausrüstung von Max lag direkt neben dem Fernseher. Wenn der große Mann sie sah, wüsste er mit Sicherheit, dass er sie gefunden hatte. Wie viele Frauen mit einem diabeteskranken Jungen hatten wohl in diesem Ort ein Motelzimmer gemietet?
    Emma bekam kaum noch Luft. Eine schwere Last drückte auf ihre Brust. Die Medizin von Max! Der Rucksack mit all den lebensnotwendigen Sachen lag dort in diesem Zimmer!
    “Kaufst du mir ein Eis?”, fragte Max.
    Sie schüttelte leicht den Kopf, verwirrt und verzweifelt. Max brauchte die Sachen aus dem Rucksack, sonst konnte er nicht überleben! Was sollte sie jetzt tun? Ihr Sohn musste seine Medizin nehmen. Aber den Weg dorthin in ihr Zimmer versperrte Manuels Gehilfe.
Denk nach! Ganz intensiv! Los, Emma, du musst eine Lösung finden!
    Sie zwang sich ruhig zu bleiben, versuchte, eiskalt abzuwägen. Das Testgerät von Max lag in ihrer Handtasche, und die trug sie bei sich. Falls sie genügend Teststreifen, Injektionsnadeln und Insulin für die Nacht eingepackt hätte, konnte sie morgen früh in der Apotheke die fehlenden Medikamente wieder kaufen.
    In Windeseile durchsuchte Emma die Handtasche und stellte fest, dass die Medikamente reichten. Erleichtert atmete sie auf. Dann fiel ihr etwas ein. Mit etwas Glück bekäme sie alles, was ihnen jetzt fehlte, wieder.
    Aber die Situation war alles andere als günstig. In der Apotheke müsste sie für die fehlenden Geräte und Medikamente über zweihundert Dollar zahlen. Und es ging ja nicht nur um die medizinischen Dinge, die Max benötigte. Auch ihre Kleider lagen dort im Zimmer. Momentan trugen sie nur T-Shirts und Badesachen und nicht einmal Hosen …
    Mit einem Mal realisierte sie, dass das alles ganz egal war. Geld spielte keine Rolle, Kleider auch nicht. Das Einzige, was zählte, war Max. Und wenn sie sich nicht zusammenriss und eine Lösung fand, würde sie ausgerechnet ihn verlieren.
    Sie drehte sich um und zog ihren Sohn mit sich fort, zurück zu dem großen Motel.
    “Gehen wir jetzt doch nicht ins Bett?”, fragte Max erstaunt.
    “Später vielleicht”, murmelte Emma.
    “Wollen wir noch einmal baden?”
    “Nein.” Emma erinnerte sich an die kleine Polizeiwache am Ortseingang, an der sie vorbeigefahren waren. Wenn sie dort doch nur um Hilfe bitten könnte! Schon oft hatte sie überlegt, die Polizei einzuschalten. Aber was konnte sie schon vorweisen, um zu belegen, dass Manuel sie misshandelte? Nur eine einzige Brandwunde. Die Narben in ihrer Seele waren unsichtbar. Manuel sah aus und benahm sich wie ein perfekter Geschäftsmann, spielte den fürsorglichen Vater und den verständnisvollen Nachbarn. Und er konnte sich so gut verstellen! Er würde alles auf sie schieben und den Beamten einreden, sie wäre psychisch labil, und dann würden die Ermittlungen im Sande verlaufen.
    Sie hörte die Polizei schon sagen:
Es tut uns leid, aber wir können ihn nicht festnehmen, bevor er etwas getan hat.
Und ihre Antwort darauf würde ihre ganze Hilflosigkeit demonstrieren:
Aber wenn er es getan hat, ist es doch längst zu spät!
    Auf die Hilfe der Polizei durfte sie nicht hoffen. Und sie musste stark sein, denn es ging vor allem um Max.
    Max rannte, um mitzukommen “Wo gehen wir denn hin?”
    Erst als sie das Schwimmbad wieder erreichten, wurde Emma langsamer. “Hierhin.”
    “Wieso denn?”
    Weil sie kein anderes Zimmer mieten konnte, jedenfalls nicht in einer kleinen Stadt wie dieser. Wenn Manuel und die Männer, die für ihn arbeiteten, erstmal feststellten, dass sie nicht in ihr Motelzimmer zurückkehrten, würden sie weitersuchen. Sie würden alle Hotels im Ort abklappern und nach einer Frau mit einem fünfjährigen Jungen fragen. Mit einem neuen Zimmer löste sie das Problem nicht. Also mussten sie einen anderen Platz für die Nacht finden.
    “Ich will Fernsehen gucken”, jammerte Max.
    “Gut.”
    “Was machen wir denn eigentlich?”
    “Wir suchen Mr. Holman.”
    “Warum denn?”
    “Wir fragen ihn, ob er Lust auf eine Pyjama-Party hat.”
    “Mit uns?” Die Aussicht auf eine Party belebte Max regelrecht. Auf einmal wirkte er wieder hellwach. Dass ihr Sohn nun tatsächlich noch eine ganze Weile länger aufbleiben würde, beunruhigte Emma.
    Preston saß noch immer im Whirlpool. In dem aufsteigenden Dampf war sein Kopf kaum zu erkennen.
Gott sei Dank, er war noch nicht gegangen.
Aber als sie sich dem Zaun näherte, der das Schwimmbad umgab, sank

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