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Flieh solange du kannst

Flieh solange du kannst

Titel: Flieh solange du kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
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verstand.
    “Sie können alles haben, was Sie wollen, wenn Sie mir jetzt helfen.”
    Nicht nur ihre Hand zitterte, sondern auch ihre Stimme. Ihm wurde klar, dass sie ihm nicht vorschlug, sich an den Spritkosten zu beteiligen. “Bieten Sie mir etwa an, dass Sie mit mir schlafen würden?”, fragte er völlig überrascht.
    Trotz seiner Verwunderung hob er nicht die Stimme. Aber Max drängte sich schon wieder zwischen Emma und den Zaun. Sie legte die Hände über die Ohren ihres Sohns, bevor sie antwortete.
    “Wenn Sie es gern direkt ausgesprochen hören wollen, bitte: Genau das biete ich Ihnen an.”
    So steif und stoisch wie sie in diesem Moment vor ihm stand, schien ihr der Gedanke, mit ihm ins Bett zu gehen, nicht gerade zu behagen. Und das half Preston dabei, seine Gefühle zu beherrschen. Er konnte sich nicht im Entferntesten vorstellen, mit einer Frau zu schlafen, die nichts dabei empfand. Abgesehen davon wusste er ohnehin längst, dass Emma nicht zu denen gehörte, die man einfach so abschleppte. Sie war nicht der Typ, der einfach nur Spaß wollte. Dazu war sie viel zu sensibel. Wenn er sich auf diese Art mit ihr einließ, gäbe es nur ganz schreckliche Komplikationen.
    Trotzdem fragte er weiter, denn er wollte unbedingt wissen, was sie als Gegenleistung verlangte. “Und was muss ich Ihnen dafür bieten?”
    Sie schaute sich um. Offenbar fürchtete sie, jemand könnte sich von hinten an sie heranschleichen. “Sie müssen Max und mich heute Nacht bei sich aufnehmen. Und uns so schnell wie möglich nach Salt Lake City bringen. Sobald Ihr Wagen wieder heil ist. Wir müssen so schnell wie möglich aus Nevada raus.”
    Ihre Augenlider flatterten. Sie versuchte die Tränen zurückzuhalten. Das hier war wirklich kein Scherz. “Ich bitte Sie!”, fügte sie verzweifelt hinzu, als fürchtete sie, er könnte nein sagen.
    Sie bot ihm an, mit ihm zu schlafen, im Tausch gegen ein wenig Mitgefühl und Hilfe. Das Schreckliche daran war, dass sie es tat, weil sie fürchtete, er würde andernfalls ablehnen. Oh Gott, dachte Preston, wie konntest du nur so tief sinken. Er seufzte tief und schaute Max an.
    Der Junge lächelte hoffnungsfroh.
    “Bitte sagen Sie ja”, bettelte er. “Ich bin auch ganz bestimmt brav.”
    Was sollte er darauf schon erwidern? Mochte sein Herz auch vor Kummer geschrumpft sein, aber was noch davon übrig war, genügte, um ihn davor zu bewahren, zu einem Unmenschen zu werden. So verzweifelt wie Emma aussah, würde sie dieses Angebot womöglich einem völlig Fremden machen, jemandem, der sie schamlos ausnutzte. Oder sie fiele wieder dem Mann in die Hände, vor dem sie sich so schrecklich fürchtete.
    Preston ging zu seinem Liegestuhl, hob das Handtuch hoch und nahm den Zimmerschlüssel. Glücklicherweise lag die Pistole im Kofferraum seines Wagens versteckt. Er reichte Emma den Schlüssel und sagte: “Zimmer 341. Ich komme gleich nach.”
    Emma starrte ihr Spiegelbild über dem Waschbecken in Prestons Badezimmer an. Große ängstliche Augen sahen ihr entgegen, Augen, die deutlich die Spuren großer Müdigkeit und Anspannung zeigten. Ihr Gesicht war blass, die Haut wirkte dünn, fast durchsichtig – kein Wunder. Sie hatte sich dem Mann, der auf der anderen Seite der Tür auf sie wartete, als Prostituierte angeboten, einem Mann, den sie knapp zwei Tage kannte.
    Ganz kurz dachte sie an ihre Mutter und ihre Schwester in Arizona und erschauderte. Sie würden ihr nie glauben, wenn sie ihnen erzählte, was sie hier tat. Niemand würde ihr das glauben. Auch ihr selbst kam es völlig unwirklich vor.
    “Wie konnte mein Leben nur in solche Bahnen geraten”, flüsterte sie ihrem Spiegelbild zu. Als junges Mädchen war sie ein Ass in der Schule und auf dem Sportplatz gewesen. Später auf dem College gehörte sie zu den Besten in ihrer Klasse. Sie machte weiter Leichtathletik und ging zweimal in der Woche in eine nahe gelegene Grundschule, um den Schülern dort vorzulesen. Emma empfand es als große und wunderbare Herausforderung, eines Tages als Lehrerin vor der Klasse zu stehen. Insgesamt betrachtet führte sie ein vorbildliches Leben. Bevor sie Manuel kennenlernte, hatte sie mit keinem anderen Mann geschlafen.
    Und jetzt stand sie hier im Badezimmer von Preston Holman, duschte, föhnte sich die Haare und bereitete sich darauf vor, ihren Teil des vereinbarten Geschäfts zu erfüllen.
    Sie hängte den Föhn zurück in die Halterung und schloss die Augen, um sich nicht länger selbst anschauen zu müssen.

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