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Flieh Wenn Du Kannst

Flieh Wenn Du Kannst

Titel: Flieh Wenn Du Kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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es die Türglocke war. Sie öffnete die Augen und warf einen Blick auf den Wecker. Es war Viertel nach zwei. Heller Nachmittag, wie das Sonnenlicht ihr sagte, das durch das Schlafzimmerfenster fiel. Wenigstens habe ich nicht den ganzen Tag verschlafen, dachte sie, während sie darauf wartete, daß jemand die Tür öffnen würde, und überlegte, wer draußen sein könnte. Aber niemand reagierte auf das beharrliche Läuten, und schließlich mußte Bonnie selbst aufstehen.
    Lauren war wahrscheinlich mit Amanda im Park. Das fiel ihr ein, als sie in ihren Morgenrock schlüpfte und die Treppe hinunterging. Und Sam war vermutlich noch bei Diana. Rods Maschine kam jetzt gerade in Miami an. Ob er Marla während des Flugs das Händchen hatte halten müssen, weil sie an Flugangst litt?
    Wieder läutete die Türglocke. »Ich komm’ ja schon«, rief sie, umfaßte den Türknauf und zog die Tür auf.
    Draußen stand Joan. »Schicke Frisur«, sagte sie, drängte sich an Bonnie vorbei und ging direkt zum Wohnzimmer im rückwärtigen Teil des Hauses.
    Bonnie starrte ihr nach, sah das tizianrote Haar, das ihr lang über den Rücken fiel. Es ist also doch ein Traum, dachte sie und entspannte sich, als sie Joan ins Wohnzimmer folgte und sich ihr gegenüber auf das grüne Sofa setzte.
    »Sie sehen gut aus«, sagte Bonnie zur geschiedenen Frau ihres Mannes, während sie ihren Blick auf der Suche nach Einschußlöchern über dem üppigen Busen gleiten ließ. Es waren keine Verletzungen zu sehen. Joan sah tadellos aus in dem eleganten weißen Hosenanzug, den sie trug, im Tod so auffallend und apart, wie sie im Leben gewesen war.
    »Von Ihnen kann ich das nicht gerade sagen«, gab Joan zurück. »Haben Sie etwas zu trinken im Haus?«
    »Möchten Sie eine Tasse Tee?« fragte Bonnie.
    »Tee? Soll das ein Witz sein? Das Zeug rühre ich nie an. Tee ist ungesund. Wissen Sie das nicht?«
    »Nein, das weiß ich nicht.«
    »Haben Sie einen Brandy oder so was da?«
    »Ich glaube, ja.«
    »Schenken Sie sich auch einen ein«, rief Joan ihr nach, als sie ins Eßzimmer ging, die Brandyflasche aus dem Barschrank holte und eingoß.
    Mit den beiden Gläsern kehrte sie ins Wohnzimmer zurück. »Prost«, sagte Joan, hob ihr Glas und kippte den Brandy mit einem Zug hinunter.
    Bonnie nippte nur an ihrem. »Was tun Sie eigentlich hier?«
    »Ihnen bleibt nicht mehr viel Zeit«, erklärte Joan sachlich und stellte ihr leeres Glas auf den Tisch. »Spüren Sie das nicht? Merken Sie nicht, daß Ihre Zeit fast abgelaufen ist?«
    »Sie müssen mir helfen«, drängte Bonnie. Sie stand vom Sofa auf und näherte sich Joan mit flehender Gebärde.
    »Sie müssen sich selbst helfen«, gab Joan zurück. Sie nahm ihr Brandyglas und führte es an die Lippen. Bonnie sah, daß das Glas jetzt wieder voll war. Doch kurz bevor es ihren Mund erreichte, drehte Joan es nach unten und goß den Brandy über ihre Jacke. Auf dem weißen Leinen breitete sich ein tiefroter Fleck aus, der wie Säure ein großes Loch in ihre Brust brannte.
    »Joan!« schrie Bonnie entsetzt und sah, wie die Frau sich in Luft auflöste. Nur ein großer tiefroter Fleck in der Mitte des Wohnzimmerteppichs blieb zurück.
    Dann war der Traum zu Ende, und alles versank in Schwärze.
     
    »Bonnie!« rief jemand. »Bonnie, ist alles in Ordnung? Was tust du hier unten?«
    »Mami!« rief Amanda erfreut und sprang Bonnie auf den Schoß, als diese gerade mühsam ihre Augen öffnete. »Geht’s dir wieder besser?«
    Hastig sah Bonnie sich im Zimmer um, versuchte zu begreifen, was jetzt geschah. War dies ein neuer Traum? Es fiel ihr immer schwerer, zwischen Traum und Wirklichkeit zu unterscheiden.
    Sie saß auf dem Sofa im Wohnzimmer. Amanda hockte auf ihrem Schoß und zupfte mit runden Fingern an dem, was noch von ihrem Haar übrig war. Lauren stand mit einem Ausdruck der Überraschung auf dem Gesicht in der Tür. Auf dem Couchtisch vor Bonnie standen zwei kleine Brandygläser, das eine leer, das andere fast voll. Und auf dem Teppich zu ihren Füßen war ein großer roter Fleck.
    »War jemand hier?« fragte Lauren.
    »Wir waren auf dem Spielplatz«, plapperte Amanda. »Ich hab’ geschaukelt, und Lauren hat mich angeschubst. So hoch«, erklärte sie strahlend und hob ihren Arm so hoch sie konnte.
    Bonnies Blick flog von Lauren zu dem leeren Glas, dann zu dem Fleck auf dem Boden. »Ich bin anscheinend im Schlaf herunter gekommen«, sagte sie nach einer längeren Pause bestürzt.
    »Wahnsinn«, erwiderte Lauren. »Und du

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